Dynamo-Fans kritisieren Körperkontrollen in Heidenheim

Beim Auswärtsspiel von Dynamo Dresden am vergangenen Sonntag in Heidenheim wurden Gästefans besonders penibel kontrolliert. Das Fanprojekt Dresden befragte die Dynamo-Fans, die von abgetasteten Genitalien und gequetschten Brüsten bei den Eingangskontrollen berichten.

„Das absolut dominierende Thema in den Rückmeldungen der Anhängerinnen und Anhänger waren die fragwürdigen Körperkontrollen des Ordnungsdienstes am Gästeblock. Sowohl von männlichen als auch von weiblichen Fans wurde scharf kritisiert, dass sie sich teilweise bis unter die Unterhemden kontrollieren lassen mussten. Oberteile mussten bei Frauen bis auf BH-Höhe hochgezogen werden, zudem wurden ebenfalls Blicke in die Hosen auf die Unterwäsche geworfen. Darüber hinaus wurden uns Beschwerden zugetragen, dass die Brüste von Frauen beim Abtasten teilweise harsch gequetscht wurden. Dieses Vorgehen des Ordnungsdienstes war an dieser Stelle absolut unverhältnismäßig und sollte in der Nachbetrachtung des Spieltages durch die verantwortlichen Akteure in Heidenheim noch einmal gesondert aufbereitet werden“, heißt es in der Auswertung des Fanprojekts Dresden zu den Kontrollen beim Spiel in Heidenheim.

„Viele Gästefans mussten am Einlass ihr Oberteil hochziehen und standen dadurch Oberkörperfrei für jeden sichtbar da. Das war bei allen Herren bis ca. 12:50 Uhr der Fall. Bei den Damen wurde wenigstens auf das unwürdige Procedere verzichtet. Ihnen wurde aber ebenfalls umständlich von den Ordnerinnen unter die Oberbekleidung geschaut und teilweise auch getastet. Wer sich dagegen weigerte wurde vom Ordnungsdienst nicht hereingelassen. Es brauchte heftigen verbalen Protest einer Gruppe von ca. 30 Gästefans, die die Polizei hinzuziehen wollten und mindestens das für solche (sowieso unsäglichen) Untersuchungen übliche nicht einsehbare Zelt einforderten. Unter Androhung des Hinzuziehens eines Anwalts und der Information der Dynamo-Verantwortlichen erschien plötzlich eine Ordnerin (Leiterin des Ordnungsdienstes?), die allen Ordnerinnen und Ordnern nacheinander anwieß, ab sofort nur noch die üblichen Abtastungen, jedoch keine für alle Anwesenden wunderbaren Untersuchungen unter der Oberbekleidung durchzuführen“, schilderte ein Dynamo-Fan die Situation in Heidenheim gegenüber dem Fanprojekt.

„Eine derartige Demütigung hab ich seit Saarbrücken 2005 nicht mehr erleben müssen, wobei es dort im Zelt stattfand und nicht hundert Leute zugeschaut haben. Sicher macht es manchen nichts aus mal kurz ihr Sixpack zu präsentieren, für mich allerdings war es der blanke Horror und ich hab anschließend erstmal für 20 min im Klo geweint, gezittert und konnte gerade noch eine Panikattacke im Keim ersticken. Meiner Meinung nach sollte so etwas verboten sein, kein Mensch sollte in der Öffentlichkeit seinen nackten Oberkörper zeigen müssen“, heißt es von einem anderen Dynamo-Fan. „Desweiteren wurden am Einlass meine Genitalien sowie die meiner mitgereisten Freunde befummelt, das Ordnungspersonal amüsierte sich auch noch darüber!“, bestätigt ein anderer Fan die Vorgänge am Eingang zum Gästeblock.

Die Ultras von Dynamo Dresden erreichten das Spiel erst zur 2. Halbzeit. Mehrere Dynamo-Fans kritisierten, dass die Polizei die Anreise der Gästefans ab Nürnberg durch vorausfahrende Fahrzeuge deutlich verlangsamte. Dadurch habe sich zähfließender Verkehr gebildet, der dazu führte, dass Dynamo-Fans zu spät am Stadion ankamen.

Die Stimmung in der 2. Halbzeit beschreiben die Dynamo-Fans nach Erscheinen der Ultras als gut. Zudem wurde am Sonntag im Gästeblock vereinzelt Pyrotechnik gezündet und ein Plakat für Vedran Puljic gezeigt. Der FK Sarajevo Fan Puljic wurde 2009 auf einer Auswärtsfahrt erschossen und kürzlich wurde die Person, die bisher dafür verantwortlich gemacht wurde, vor Gericht freigesprochen und aus der Haft entlassen. Die Ultras Dynamo pflegen eine Fanfreundschaft mit der Horde Zla vom FK Sarajevo, weshalb die Dynamo-Fans das Schicksal von Vedran besonders berührt. (Faszination Fankurve, 06.10.2017)