15.10.2010 - Serbien

Ein Fan entschuldigt sich – Schuldfrage bleibt


Sein Bild ging in dieser Woche um die Welt. Ein Anhänger von Roter Stern Belgrad wurde durch sein Auftreten beim Länderspiel Italien gegen Serbien weltberühmt. Mittlerweile entschuldigte er sich, doch die Frage der Schuld nach dem Spielabbruch ist noch nicht geklärt.

Das Land Serbien, das gerne der Europäischen Union beitreten würden, ist nach den Vorfällen rund um das Länderspiel zwischen Italien und Serbien tief bestürzt. Durch eine Fülle von pyrotechnischen Gegenstände und der Zerstörungswut im serbischen Block wurde das EM-Qualifikationsspiel zwischen beiden Ländern nach wenigen Minuten abgebrochen. Zuvor hatte der Unparteiische den Anpfiff im Stadio Luigi Ferraris in Genua bereits um mehr als 30 Minuten nach hinten verschoben, weil es schon zuvor zu Zwischenfällen im serbischen Block kam. Eine Gruppe Roter Stern Belgrad Anhänger konnte es unter anderem dem serbischen Nationaltorhüter Vladimir Stojković nicht verzeihen, dass er trotz seiner Vergangenheit bei Roter Stern zum Stadtrivalen Partizan wechselte.

Nur wenigen Stunden nach dem Spielabbruch wurde noch in Italien der Fan verhaftet, der am offensichtlichsten bei den Vorfällen beteiligt war. Der Anhänger von Roter Stern Belgrad saß während der gesamten Zeit auf den Plexiglasscheiben vor dem Gästeblock und zerschnitt vor laufenden Kameras die Netze, die verhindern sollten, dass Gegenstände auf das Spielfeld oder auf die anderen Blöcken fliegen könnten. Stolz wurde der Fan vor Medienvertretern verhaftet, um zu demonstrieren, dass Italien alles mögliche für die Sicherheit getan hat. Bei den Ausschreitungen am Dienstagabend in Genua wurden insgesamt 17 Personen verletzt.

Doch es bleibt die Frage, ob wirklich alles getan wurde. Medienberichten zufolge wusste das italienische Innenministerium um die Brisanz und auch über die grobe Anzahl an gewalttätigen Fans, die aus Serbien anreisen und dass sich die Fans in Genua mit Pyrotechnik eindecken wollten, bescheid. Diese Vorwürfe weist das Innenministerium in Rom entschieden zurück, und beteuert, dass lediglich die Zahl der anreisenden Fans aus Serbien mitgeteilt wurde. Nichts desto trotz seien nach Angaben der italienischen Polizei an diesem Tag in Genua bei den serbischen Fans mehrere hundert pyrotechnische Artikel konfisziert worden, auch wenn mittlerweile eingeräumt wurde, dass aufgrund des aggressiven Auftretens mancher serbischen Anhänger strukturierte Personenkontrollen am Stadioneingang nicht durchgeführt werden konnte. Diese Tatsache wertet der italienische Innenminister Maroni als Erfolg.

Die Vorfälle in Genua sind allerdings auch nicht an der UEFA spurlos vorüber gegangen. Zwar wird seit Dienstagabend ermittelt, doch Ergebnisse gibt es noch nicht. UEFA-Boss Michel Platini kündigte gegenüber Medienvertretern unterdessen aber schon an, dass in Zukunft eine Null-Toleranz-Linie gegen Hooligans gefahren werde und diesbezüglich die Augen auch auf das Mit-Austragungsland der Europameisterschaft 2012, Polen, geworfen werde, da dort seiner Meinung nach ebenfalls ein großes Gewaltproblem unter den Fans vorherrsche.

Beide Fußballverbände, der serbische und der italienische, versuchen nun etwaigen Strafen der UEFA zuvorzukommen. Serbien kündigte eine eigene Analyse der Vorfälle an und Italien rief für das Spiel Sampdoria Genua gegen Florenz am Sonntag die höchste Sicherheitsstufe aus, aus Angst, dass sich italienische Fans die serbischen Anhänger als Vorbild nehmen könnten. Ohnehin stoßen die Vorfälle in Genua bei den Tifosi auf sehr viel Unverständnis. Seit dieser Saison benötigen die Fans in Italien eine Fankarte, um die Spiele ihrer Mannschaft zu sehen. Weshalb sich in Italien auch die Stimmen mehren, wie es sein kann, dass so etwas passieren konnte, wenn die Fans im eigenen Land zu vielen Spielen ihrer Mannschaft aus Sicherheitsgründen nicht reisen dürfen und allein wegen Transparenten und Fahnen in der eigenen Kurve Stadionverbote auf Jahre riskieren. (Faszination Fankurve, 15.10.2010)

Fanfotos Serbien




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