28.08.2019 - Dynamo Dresden

„Es war eine, für Zuschauerverkehr ungeeignete, Baustelle“


Nach Abpfiff des Zweitligaspiels stürzte ein Dynamo Dresden-Fan im Gästeblock in Darmstadt von einer Mauer und verletzte sich dabei schwer (Faszination Fankurve berichtete). Heute hat sich die Schwarz-Gelbe-Hilfe ausführlich zu diesem Vorfall zu Wort gemeldet und dabei von Sicherheitsmängeln im Gästeblock des Böllenfalltors berichtet.

Die Fanhilfe aus Dresden bestätigt, dass den verletzten Dynamo-Fan, der eine drei bis vier Meter hohe Mauer hinunterfiel, eine Mitschuld an dem Sturz treffe, da es mindestens zwei Durchsagen des Darmstädter Stadionsprechers gegeben hat, bei denen zum Verlassen dieser Mauer aufgerufen wurde. Außerdem haben mehrfach Ordner die Dynamo-Fans hingewiesen, diesen Bereich zu verlassen. Dennoch sieht die Schwarz-Gelbe Hilfe den Dynamo-Fan nicht alleine in der Schuld.


„Auf der anderen Seite bleibt allerdings festzuhalten, dass aus unsere Sicht der Gästeblock in Darmstadt erhebliche sicherheitsrelevante Mängel aufwies – mit anderen Worten: Es war eine, für den Zuschauerverkehr ungeeignete, Baustelle. Das Problem begann mit der verspäteten Ankunft von ca. 180-200 Dynamofans am Gästeblock. Zu diesem Zeitpunkt war der Zugang zum Bereich bereits völlig verstopft und es begann sich ein Stau im Bereich des Schotterweges bzw. in der obersten Reihe des Gästeblocks zu bilden. Laut Augenzeugenberichten bildete sich dieser Stau auch schon weit vor Spielbeginn. In Folge dessen standen nun Dynamofans in drei Reihen auf der obersten Stufe des Gästebereichs. Eine Sicht auf das Spielfeld bzw. das Spiel war dabei nur beschränkt oder gar nicht möglich. Viele Fans begannen nun in schlecht oder gar nicht abgesicherte Baustellenbereiche vorzudringen oder eben auf einzelne Mauerteile des künftig als Zugang geplanten Mundlochs zu klettern. Zu diesem Zeitpunkt waren keinerlei Ordner im Bereich der Baustellen oder der unfertigen Betonteile, um dieses zu verhindern. Ein Ausweichen in andere Teile des Stadions bspw. der Sitzplatzhintertortribüne wurde durch Ordnungsdienst und Polizei verwehrt. Nur in Ausnahmefälle gelangten einzelne Dynamofans auf die Hintertortribüne. Auffällig war ebenfalls, dass es keine deutliche farbliche Markierung der Betonstufen für einen möglichen Gang in Richtung Ausgang oder der Fluchtwege gab. Vielmehr markierten einlaminierte Papierschilder ohne Beleuchtung an oben genannten Mauern den Fluchtweg bzw. Ausgang. Anders als an deutlich weniger gefährlichen Bereichen des Stadions waren darüber hinaus keine Ordner eingesetzt, um diese freizuhalten. Aus unserer Sicht ist dies keine adäquate Übergangslösung für eine Großveranstaltung. Aufgrund der oben genannten Überfüllung des Sektors halten wir das Verhältnis von verkauften Eintrittskarten im Bereich der Dynamofans zur Kapazität der vorhandenen Plätze im Bereich des im Bau befindlichen Gästeblocks für zumindest fragwürdig“, schätzte die Schwarz-Gelbe Hilfe die Situation am Freitagabend im Gästeblock in Darmstadt ein.

Die Fanhilfe aus Dresden äußerte zudem Kritik an der Koordination der Hilfsaktion, nachdem der Dynamo-Fan gestürzt war. So soll der Rettungshubschrauber über eine Dreiviertelstunde benötigt haben, bis er am Böllenfalltor gelandet ist. Außerdem sollen Rettungskräfte Probleme gehabt haben, mit dem Rettungswagen zu dem Dynamo-Fan zu gelangen: „Nachdem der Sturz erfolgte und die Ersthelfer von Rettungskräften abgelöst wurden, offenbarte sich ein weiterer Mangel an den Gegebenheiten dieses Baustellenbereich, da der eingesetzte Rettungwagen auf Grund der Lage nicht bis zum Unfallort vordringen konnte. Notarzt und Rettungssanitäter mussten mehrfach eine Anhöhe bis zum Eingang des Gästebereichs bzw. einen Weg von ca. 60-70m zurücklegen – wertvolle Momente in einer lebensbedrohlichen Situation. Erst rund 50 Minuten nach dem Sturz des Fans landete der Rettungshubschrauber auf dem Rasen des Böllenfalltor – der gestürzte Fan wurde durch das Stadioninnere abtransportiert. Auch hier herrschte bei Polizei- und Rettungskräften bis zum Abtransport Ungewissheit über den best- und schnellstmöglichen Weg“, heißt es dazu von der Schwarz-Gelben Hilfe.

Die Dynamo-Fans hoffen, dass die Sicherheitsfragen im Darmstädter Gästeblock schnell geklärt werden, damit es beim nächsten Zweitligaspiel im Böllenfalltor nicht erneut zu einem schrecklichen Vorfall kommt: „War der baulich Zustand der Tribüne wirklich dazu geeignet, eine solche Masse an Fans aufzunehmen? Waren alle sicherheitsrelevanten Bestimmungen eingehalten oder wurden auf Teufel komm raus Karten für einen Bereich des Stadions verkauft, der so nicht hätte freigegeben werden dürfen? Welche Notfallkonzepte hatte der gastgebende Verein für den Fall eines Unglücks und wie gestaltete sich das in der Realität? Wie will der Verein Darmstadt 98 in Zukunft für die Sicherheit seiner Stadionbesucher sorgen? All diese Fragen sollten sich die Verantwortlichen der Polizei, der Stadt Darmstadt und des SV Darmstadt stellen und bestmöglichst beantworten können, denn mit dem 1.FC Nürnberg kommt zum nächsten Heimspiel der Lilien ein ähnliches Schwergewicht in Sachen Fanaufkommen“, so der Appell der Fanhilfe aus der Fanszene von Dynamo Dresden. (Faszination Fankurve, 28.08.2019)

Fanfotos Dynamo Dresden




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