14.12.2015 - Borussia Dortmund

Fan-Projekt äußert sich zu Auseinandersetzungen


Das Fan-Projekt Dortmund e.V. meldet sich nach den Vorfällen nach dem Heimspiel von Borussia Dortmund gegen PAOK Saloniki mit einer eigenen Stellungnahme zu Wort. Strafhandlungen von BVB Ultras seien demnach eine Reaktion auf Handlungen seitens der Polizei gewesen.

Das Fan-Projekt bestätigt, dass ein Polizist einen Fanprojektler vor dem Spiel ins Gesicht geschlagen hat. Nach dem Spiel kam es in der U-Bahn-Haltestelle Westentor zu Auseinandersetzungen zwischen BVB Ultras und der Polizei. Die Polizei kritisierte das gewalttätige Vorgehen der Ultras. Dortmund Fans berichteten hingegen von provokantem und gewalttätigem Verhalten der eingesetzten Beamten. (Faszination Fankurve, 14.12.2015)


Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme des Fan-Projekt Dortmund e.V.:

Stellungnahme des Fan-Projekt Dortmund e.V. zu den Ereignissen nach dem Euro-League-Spiel zwischen Borussia Dortmund und PAOK Thessaloniki

An dieser Stelle möchten wir, das Fan-Projekt Dortmund e.V., berichten, wie wir aus unserer Sicht die Geschehnisse am Donnerstagabend beobachten konnten und wahrnahmen.

Als erstes möchten wir betonen, dass es, nach unserem Kenntnisstand, bestimmt auch bedingt durch ein hohes Aufgebot von Polizeikräften, im Vorfeld der Partie in der Vorspielphase, während der Partie und bis zu einem gewissen Punkt in der Abmarschphase zu keinen größeren Zwischenfällen gekommen ist. Die Einsatzplanung seitens der Polizei bezüglich der strikten Fantrennung mit dem zentralen Treffpunkt für die PAOK-Fans im Hoesch-Park, sowie die polizeilich gesteuerten An- und Abreisewege, betrachten wir unter den gegebenen Umständen als eine polizeitaktisch gelungene Maßnahme. Diese Maßnahme war sinnvoll, in Anbetracht der sonst so oft extrem schwierigen PAOK Thessaloniki Fanszene, welche in Griechenland als eine der gewaltbereitesten gilt. Daher sehen wir in diesem Konzept auch zukünftig eine Möglichkeit, eine Fantrennung bei derartigen überaus brisanten Begegnungen im Europapokal zu gewährleisten. Sowohl die Fans von PAOK Thessaloniki als auch die von Borussia Dortmund trugen an diesem Tag ihren Teil zu dieser friedfertigen Atmosphäre bei.

Die Dortmunder Ultragruppen und eine Reihe verschiedener Fanclubs trafen sich bereits um 15:00 Uhr vor dem Spiel in unseren Räumlichkeiten in der Dudenstraße. Diese Entscheidung wurde gemeinschaftlich im Vorfeld getroffen, um möglichen Konfliktsituationen aus dem Weg zu gehen (z.B. ein Aufeinandertreffen mit der gegnerischen Fanszene).

In der Rolle als unabhängige sozialpädagogische Fanarbeiter und als Vermittler zwischen den im Fußball beteiligten Protagonisten, begleiteten wir mit drei Mitarbeitern wie üblich auch am Donnerstagabend die Abmarschphase der Dortmunder Fanszene aus dem Stadion. Nach einem von der Polizei begleiteten Fußmarsch ohne Zwischenfälle zum Westentor betraten die Fußballfans die dortige U-Bahn-Haltestelle und am Bahnsteig die Stadtbahn. Die Bahn war aufgrund der größeren Anzahl von Fußballfans und Teilen der Polizeibeamten, die ebenfalls die Bahn bestiegen, sehr schnell gut gefüllt. Die Fans, die sich in der Bahn befanden, hielten mit einer kleinen noch auf dem Bahnsteig stehenden Gruppe Rücksprache, dass man in der Bahn entsprechend weiter zusammenrückt, so dass alle Fans mitfahren können. Dieses Vorhaben wurde jedoch von der Polizei unterbunden, indem sie den weiteren Zustieg verhinderte. Die entsprechenden polizeilichen Ansagen erfolgten in einer sehr aggressiven und überheblichen Weise und die Beamten stießen die einsteigenden Fans wieder auf den Bahnsteig, was wir von unserer Position am Bahnsteig im vorderen Bereich der Bahn gut beobachten konnten.

Jetzt war es den Fans nicht mehr möglich als Gruppe auf die herkömmliche und an dieser Stelle auch einfachste Weise den Heimweg anzutreten.

Nach nun sehr hitzigen Diskussionen zwischen Polizei und Fans, entschlossen sich diese nach einer gut hörbaren Absprache die Bahn wieder zu verlassen. Wie bei größeren Personengruppen auf engem Raum oft zu beobachten, geschah dies unter einem leichten Gedrängel. Das betraf somit auch die Polizeibeamten die im hinteren Teil der Bahn standen. Die polizeiliche Begleitung von diesem Punkt aus IN der Bahn verwunderte uns ohnehin, da das bisher in der laufenden Saison (auch beim Derby) nicht die übliche Praxis war.

Dass Polizeibeamte durch Schläge und Tritte in diesem Moment oder auch schon vorher aus der Bahn gedrängt wurden, haben wir nicht gesehen. Im hinteren Bereich der Bahn nahmen wir aber ein stärkeres Gedrängel zwischen den Fans und den Polizeikräften wahr. Dabei sahen wir, wie Polizeibeamte vereinzelt Fans über den Bahnsteig stießen. Nun war die Stimmung gekippt. Es entstand eine hektische, laute, aggressive und sehr unübersichtliche Situation, bei der nun Teile der Fans versuchten die Polizeikräfte anzugehen. Die Versuche richteten sich in erster Linie gegen einen Polizeibeamten, der unentwegt per Handzeichen und mit gezogenem Schlagstock die Fans aufforderte zu ihm zu kommen. Direkt hinter ihm musste ein weiterer Polizeibeamter von einem Kollegen unter massiver körperlicher Einwirkung zurückgehalten werden. Einer unser Mitarbeiter stellte sich daraufhin zwischen beide Lager und versuchte lautstark die Situation in beide Richtungen zu beruhigen. Die Fans strömten nun, teils mit Vermummung, wieder die Treppen der U-Bahn Haltestelle nach oben. Nachdem die Haltestelle verlassen wurde, zogen die Fans mit polizeilicher Begleitung Richtung Kampstraße. Auf der Kampstraße kam es nach wenigen Metern zu Rennereien seitens der Fans, worauf die Polizei versuchte die Ausreißenden wieder einzufangen und kesselte die restliche Gruppe ein. Wir versuchten innerhalb dieser Festsetzung, gemäß unseres Auftrags und in Absprache mit dem Einsatzleiter Fußball, zwischen den Fans und der Polizei zu vermitteln. Im Zuge dieser Tätigkeit führten wir viele sachliche, differenzierende, respektvolle und kooperative Gespräche. Andererseits waren auch viele Gespräche von einem respektlosen, herablassenden, bis hin zur Verachtung erscheinenden Umgang geprägt. Wir begleiteten die Maßnahmen bis zum Abschluss.

Sollte es zu den im Raum stehenden gewalttätigen Strafhandlungen gekommen sein, verurteilen wir diese entschieden. Es gehört zu unserem Selbstverständnis, dass wir jegliche Form von Gewalt ablehnen.

Nicht entschuldigend, aber darauf verweisend möchten wir betonen, dass diese möglichen Strafhandlungen eine Reaktion auf unnötige und zu einem kleinen Teil auch nicht hinnehmbare Handlungen seitens der Polizeikräfte in der U-Bahn Haltestelle waren. Wir wünschen uns an dieser Stelle eine umfassende, aber auch differenzierte und in alle Richtungen ermittelnde Aufarbeitung der Vorkommnisse.

Weiter lehnen wir eine Pauschalisierung junger Fußballfans als allgemein kriminell Handelnde mit Nachdruck ab. Sowohl nach unserem Verständnis, als auch nach hiesigem demokratischen Recht, darf es weder eine Vorverurteilung geben, noch darf diese direkt auf die gesamte Gruppe angewandt werden.

Abschließend lautet unsere Einschätzung, dass ein vernünftiger Austausch zwischen Polizei und Fans die gesamte Eskalation am Donnerstagabend vermieden hätte. Unsere Arbeit beinhaltet auch den Abbau extremer Haltungen, zu dem auch das Feindbild Polizei gehört. Ereignisse wie diese werden aber das sowieso schon angespannte Verhältnis zwischen Fans und Polizei weiter belasten.

Die Darstellungen, dass einer unsere Mitarbeiter vor dem Spiel, bei einem kurzen Zusammenstoß zwischen Fans und Polizei, einen Faustschlag eines Polizisten ins Gesicht bekommen hat, bestätigen wir.

Fan-Projekt Dortmund e.V.

Dortmund, 13.12.2015

Fanfotos Borussia Dortmund




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