24.02.2017 - MSV Duisburg/1. FC Magdeburg

Fanhilfe Magdeburg kritisiert Vorverurteilung


Für das heutige Drittligaspiel zwischen dem MSV Duisburg und dem 1. FC Magdeburg wird aus Sicherheitsgründen keine Tageskasse geöffnet sei (Faszination Fankurve berichtete). Die Fanhilfe Magdeburg kritisiert das Vorgehen der Polizei und des Gastgebers und befürchtet fanunfreundliche Behandlungen.

Die Magdeburger Fanhilfe wird deshalb heute von zwei Rechtsanwälten begleitet, die das Geschehen in Duisburg beobachten sollen. Vom 1. FC Magdeburg hätten die FCM-Fans erwartet, dass der Club sich mehr für die Interessen seiner Fans einsetzt. (Faszination Fankurve, 24.02.2017)


Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Fanhilfe Magdeburg:

Topspiel der 3. Liga wirft dunkle Schatten voraus

Das absolute Spitzenspiel der bisherigen Drittligasaison zwischen dem Tabellenführer MSV Duisburg und dem direkten Verfolger 1. FC Magdeburg wirft bereits seit Tagen seine Schatten voraus. Leider sind diese Schatten nicht so positiv besetzt wie es ein sportliches Topduell verdienen würde. Vielmehr macht sich bereits im Vorfeld eine Debatte bemerkbar, die mit fragwürdigen Maßnahmen vor allem Handlungsfähigkeit der Sicherheitsorgane suggerieren soll und dabei paradoxer Weise eine eigentlich kaum zur Diskussion stehende Sicherheit torpediert. Die Fanhilfe Magdeburg kommentiert diese Maßnahmen daher wie folgt:

Am 17. Februar 2017 gab der MSV Duisburg in einer Pressemitteilung den Verzicht auf den Verkauf von Tageskarten für das Spiel gegen den 1. FC Magdeburg bekannt. Die Begründung dafür sind vermeintliche „Hooligans auch aus anderen Vereinen“ die zum Karneval wollen. Weiter heißt es, dass der MSV Duisburg „gewappnet für den Freitag sei“ und mit nicht weiter zu benennenden „umfangreichen Maßnahmen“ glaubt ein friedliches Fußballspiel gewährleisten zu können.

Das Vorgehen des MSV Duisburg und die Beratungskompetenzen der Sicherheitsbehörden stellen wir in diesem Fall grundsätzlich in Frage. Im Kern geht es nicht um die tatsächliche Anwesenheit sogenannter Hooligans, sondern darum im Vorfeld sämtliche Maßnahmen gegen Auswärtsfans zu legitimieren. Mutmaßungen und öffentlichkeitswirksame Schnellschüsse wie dem Schließen von Tageskassen dienen im Fall einer späteren von den Sicherheitsbehörden ausgelösten Eskalation als Begründungsmuster.

Im Fall des Aufeinandertreffens des MSV Duisburg und dem 1. FC Magdeburg herrscht eine sportliche Rivalität aufgrund der Tabellensituation beider Vereine. Eine besondere Rivalität beider Fanlager ist nicht gegeben. Daher ist zu fragen, mit welchem Verständnis von rheinländischer Gastfreundschaft zu rechnen ist. Die Erfahrungen mit „umfangreichen Maßnahmen“ zeigen, dass diese oft in entgegengesetzt Richtung wirken. Die Anhänger mit dieser Botschaft auf die Reise zu schicken, ist insofern eine erste Eskalationsstufe.

Des Weiteren ist fraglich, in welchem Zusammenhang der rheinländische Karneval mit dem Fußballspiel steht. Nach unserer Einschätzung gibt es keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen, die ein gesteigertes Gefahrenpotenzial annehmen lassen. Reisefreudige Karnevalenthusiasten werden sich durch geschlossene Tageskarten ihren Besuch nicht nehmen lassen. Die Legitimation von Repressionsmaßnahmen gegen Fußballfans, nichts anderes sind geschlossene Tageskassen, durch die Verbindung beliebiger raumnaher Veranstaltungen, eröffnen Sicherheitsbehörden willkürlich Repressionsmöglichkeiten. Diskursverschiebungen dieser Art, die weg vom eigentlichen Fußballspiel und die daraus resultierenden Maßnahmen gehen, sollten eigentlich auch die betroffenen Fußballvereine aus ihrem eigenen Interesse kritisieren. Unter diesen Maßnahmen leiden schlussendlich alle Fans und damit auch die Vereine. In diesem konkreten Fall der MSV Duisburg und seine Fans, ebenso wie die 1. FCM-Anhänger.

Fraglich bleibt außerdem, ob die angekündigten Maßnahmen tatsächlich die versprochene Entspannung in den Zuschauerbereichen des Duisburger Stadions bringen? Es scheint schwer vorstellbar, dass Fußballfans, auch anderer Vereine, zwar langfristig die von der Polizei befürchteten Störungen planen können, aber nicht über den Organisationsgrad verfügen, um bis zum Ende des Vorverkaufs entsprechende Eintrittskarten zu erwerben. Stattdessen führt die Maßnahme von geschlossenen Tageskassen dazu, dass insbesondere Fußballfans, die nicht über den notwendigen Organisationgrad zur Nutzung des Vorverkaufs verfügen und kurzfristig Interessierte dem Spiel fernbleiben müssen. Die geschlossenen Gästekassen führen eher zu einem Ausweichverhalten von gut vernetzten Gästefans in die Heimbereiche. Entsprechende Aufrufe sind in den sozialen Netzwerken zu finden und werden ihre Wirkung nicht verfehlen. Im Ergebnis werden etliche Gästefans in den Heimbereichen anzutreffen sein, obwohl auch auf der Gästetribüne ausreichend Platz für sie vorhanden wäre. Darin sehen wir keinen vernünftigen Beitrag zur Fantrennung der Duisburger Polizei.

Es entsteht der Eindruck, dass die Sicherheitsbehörden in Zusammenarbeit mit dem MSV Duisburg der Anhängerschaft des 1. FC Magdeburg eine Vorverurteilung aussprechen. Dies dient nicht nur der Legitimation fanunfreundlicher Behandlung durch Sicherheitskräfte und Polizei, sondern einer abermaligen Diskursverschiebung zu Gunsten der Sichtweisen der exekutiven Kräfte. Der Fanbrief der Polizei Duisburg unterstreicht diese Wahrnehmung. Wie beinahe immer werden Stillmittel der Fankultur mit Gewalt und menschenverachtenden Einstellungen wie Rassismus in Verbindung gebracht.

Da der 1. FC Magdeburg es versäumte einen Vereins- und Interessenvertreter zur maßgeblichen Sicherheitskonferenz dieses sportlich brisanten Freitagabendspiels zu entsenden, kann das Ergebnis leider nicht nur den Sicherheitsbehörden und dem MSV Duisburg zugeschrieben werden. Gerade deshalb erscheint es nun mindestens unglücklich, dass man sich seitens des 1. FCM nicht nachhaltiger für zumindest die anfangs angedachten 3.000 Gästekarten einsetzte. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn die Interessen der Fans seitens des 1. FC Magdeburg besser vertreten worden wären.

Als Fanhilfe Magdeburg e.V. haben wir dementsprechend große Bedenken was den Polizeieinsatz am kommenden Freitag betrifft. Aus diesem Grund wird die Fanhilfe erstmalig zu einem Fußballspiel durch zwei Rechtsanwälte begleitet, die nicht nur die Situation vor Ort aufmerksam beobachten werden, sondern im Notfall auch über unser Spieltagtelefon erste Tipps zum richtigen Verhalten geben können.

Magdeburg, der 23. Februar 2017
Fanhilfe Magdeburg e.V.






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