19.11.2014 - 1. FC Lokomotive Leipzig

Fankurve 1966 gegen Ausgliederung bei LOK


Am Freitag stimmen die Mitglieder von Lokomotive Leipzig über die Ausgliederung der ersten Mannschaft in eine GmbH ab. Für die Ausgliederung wird eine Dreiviertelmehrheit benötigt. Die Ultras von der Fankurve 1966 kämpfen gegen die Ausgliederung.


Am Montag gab es schon vor der Mitgliederversammlung am Freitag eine Informationsveranstaltung (Faszination Fankurve berichtete), die sich mit dem Thema Ausgliederung beschäftigte, in der die Mitglieder von Lokomotive Leipzig kontrovers über die Ausgliederungspläne diskutierten. Am Freitag ist nun der Tag der Entscheidung.

Die Fankurve 1966 steht der Ausgliederung kritisch gegenüber, weil diese den Einstieg eines Investors ermöglichen würde, wie zum Beispiel den bisherigen Sponsor ETL mit Franz Josef Wernze, der sich früher auch beim 1. FC Köln engagierte und heute noch in Danzig, Windeck, Bergheim und bei Viktoria Köln aktiv ist.

Deshalb sieht die Fankurve 1966 in der kommenden Mitgliederversammlung eine wichtige Abstimmung und ruft die Lok Leipzig Mitglieder auf gegen die Ausgliederung zu stimmen. (Faszination Fankurve, 19.11.2014)

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Fankurve 1966:

ANDERS BLEIBEN - E.V. BLEIBEN
Grüße an alle Freunde des blau-gelben Leders,

diesen Freitag, den 21.11. steht auf der ordentlichen Mitgliederversammlung des 1. FC Lokomotive Leipzig e.V. das seitens des Vorstandes initiierte Konzept „Lok2020“ auf der Tagesordnung. Zentraler Bestandteil dieses Konzepts ist die geplante Ausgliederung der ersten Herrenmannschaft in eine GmbH zum 15.07.2015.
Leider war der detaillierte und offizielle Informationsfluss zu dieser Thematik bisher recht dürftig. Dennoch haben auch wir uns natürlich in den letzten Wochen und Monaten mit diesem Streitthema intensiv auseinandergesetzt. Im Zuge der gestrigen Informationsveranstaltung wurden aber nun noch einmal die letzten Details aufgeführt, sodass wir uns nun ein vollständiges Urteil darüber erlauben möchten:

Die geplante Ausgliederung basiert auf § 6 der letztjährig verabschiedeten Neufassung der Vereinssatzung und soll wie folgt ablaufen: Die erste Herrenmannschaft wird an die bereits vor drei Jahren gegründete „1.FC Lokomotive Leipzig Marketing & Merchandising GmbH“ angegliedert. Voraussetzung hierfür ist eine Zustimmung von 75% der Mitglieder auf der anstehenden Mitgliederversammlung.

Offiziell wurde verkündet, dass bisher kein konkretes Interesse eines Investors oder potentiellen Geldgebers an einer derartigen Beteiligung vorliegt. Es besteht also theoretisch zumindest momentan kein konkreter Anlass, da die Nachfrage laut eigener Aussage nicht gegeben ist. Aufgrund dessen soll jedoch ein Angebot geschaffen werden - „agieren statt reagieren“ war die offizielle Devise. Hierdurch verspricht sich der Vorstand für Geldgeber oder auch langfristige Partner wieder lukrativer zu werden.
Als einen Grund für die Ausgliederung und die vermeintliche „Professionalisierung der Strukturen“ wurde die persönliche Entlastung des Vorstandes genannt, welcher seit geraumer Zeit ehrenamtlich und unter großem Zeitaufwand das operative Tagesgeschäft betreibt.
Ein anderer relevanter Aspekt ist die Absicherung im Falle einer etwaigen Insolvenz: Sollte, trotz des aktuell soliden internen Wirtschaftens, doch einmal besagter Fall eintreten, wäre davon nur die ausgegliederte erste Herrenmannschaft bzw. die „1.FC Lokomotive Leipzig Marketing & Merchandising GmbH“ betroffen. Der e.V., beginnend bei der zweiten Herrenmannschaft, wäre in diesem Fall gesichert. Die Sicherung vor Insolvenz ist prinzipiell begrüßenswert, jedoch richten sich Kritik und Ressentiments unsererseits primär an die Öffnung gegenüber externen Geldgebern.

Seitens der Befürworter von derartigen Ausgliederungen wird seit jeher immer und immer wieder der vermeintlich in Aussicht stehende Geldsegen als Pro-Argument ins Feld geführt. Doch dies ist bekanntermaßen kein Automatismus. Viele Vereine haben Vertrauen in derartige Erwartungen gelegt und sind damit tief gefallen. So stellen die meisten Investoren ihr privates Geld nicht uneigennützig zur Verfügung, sondern den begünstigten Vereinen letztendlich in Rechnung – oftmals auch mit erheblichen Mehrkosten. Derartiges haben z.B. in der Causa Michael Kölmel Vereine wie Dynamo Dresden, Fortuna Düsseldorf oder Union Berlin erfahren müssen.
Wir erachten das Risiko, dass im Zuge einer Ausgliederung (verantwortungslose) Investoren angelockt werden als unkalkulierbar. Unkalkulierbar in dem Sinne, dass hierdurch elementare Belange unseres Fußballclubs in Gefahr gebracht werden könnten. Durch den Verkauf von Anteilen der GmbH werden externe Investoren analog dazu mit entsprechend viel Einfluss und Verantwortung ausgestattet.

Natürlich kann man bei einer, seit jeher schwierigen, Sponsorenaqkuise nachvollziehen, dass sich die Verantwortlichen einen langfristigen Partner wünschen. Doch ist ein Verein wie unserer bezüglich „weicher Faktoren“ (z.B. Imagegewinn) für Sponsoren aktuell uninteressant. Daher kann man festhalten, dass ein Sponsoring in angedachten Größenordnungen sicherlich kein pures Gönnertum ist, sondern ein knallhartes und langfristig profitorientiertes Investment.

So haben auch wir in jüngster Vergangenheit beim 1.FC Lokomotive Leipzig Erfahrung mit Vertretern aus Wirtschaftsunternehmen machen dürfen, welche leider weder durch Leidenschaft oder gar Kompetenz überzeugen konnten - Stichwort Michael Notzon. Wir können nicht abschließend und allumfassend vorhersehen welches Interesse ein Unternehmen an der Übernahme gewisser Anteile der Herrenmannschaft verfolgt. Vielleicht beteiligen sich Investoren am Verein aus einem ehrlichen Interesse heraus, vielleicht aber auch nicht. Eine Garantie dafür wird es dafür nicht geben.

Die oftmals ins Spiel gebrachte Kapitaleinlage von nur 25.000€ ist ebenfalls ein relevanter Punkt. Diese Summe ist für den Status Quo sicherlich zutreffend. Jedoch wächst diese Einlage, entsprechend der im Konzept „Lok2020“ proklamierten Zielstellung „3. Liga“ bis auf 1.000.000 Euro an. Dass diese Summe ggf. nur mit einer starken finanziellen Zuwendung stemmbar ist, ist nachvollziehbar. Doch bringt ein externer Gönner, trotz eines Stimmanteils von maximal 49%, einen Großteil dieser Summe auf, so verfügt er nichtsdestotrotz über ein eklatantes Druckmittel und kann den Verein bzw. die GmbH in eine starke Abhängigkeitsposition befördern. Dass dies keine Utopie ist, hat man andernorts bereits sehen dürfen.

Widersprüchlich zu bewerten sind auch die Aussagen, dass die Ausgliederung für die finanzielle Perspektive und die Beschaffung von neuem Geld unabdingbar ist. Auf der anderen Seite wurde jedoch verkündet, dass in den nächsten fünf Jahren keine Anteile verkauft werden und die Spielbetriebs-GmbH eine 100 prozentige Tochtergesellschaft bleiben wird. Dennoch wünscht sich der Vorstand auf absehbare Zeit einen strategischen Partner. Zählt man eins und eins zusammen, so fällt in diesem Kontext zwangsläufig der Name „ETL“ - aktueller Lok-Sponsor und potentieller Wunscherfüller hinsichtlich des erhofften Geldsegens.

Wenn wir in diesem Falle Herrn Franz Josef Wernze, seiner Zeit ETL-Oberhaupt, beleuchten so erinnert man sich an ein eher unrühmliches Ende seiner Tätigkeiten beim 1. FC Köln. Jedoch hat sich Herr Wernze unabhängig davon mittlerweile ein kleines Netzwerk geschaffen, in dem der 1. FC Lok eine wichtige Rolle einnehmen könnte. Hierbei gibt es Verbindungen bzw. finanzielle Engagements beim FC Bergheim, Germania Windeck, Viktoria Köln und sogar bei Lechia Gdansk. Eine grundehrliche Leidenschaft für all diese Clubs darf bei derart vielen Beteiligungen wenigstens hinterfragt werden. Herr Wernze beteiligte sich in der Vergangenheit zudem mehrfach an Transfers und hielt gar entsprechende Rechte an diesen. Derartige Transferrechte/Investments können sich auf dem rasanten Spielermarkt schnell bezahlt machen – im wahrsten Sinne des Wortes. Eine derartige Netzwerkbildung inkl. der angesprochenen Transferrechte erinnern hierbei stark an die Machenschaften von Roland Duchâtelet beim FC Carl Zeiss Jena, Charlton Athletic, AD Alcoron und Standard Liége. Ohne Herr Wernze und sein Engagement bei Lok Leipzig grundsätzlich und im Vorfeld verteufeln zu wollen, sollte dies dennoch stets mahnend im Hinterkopf behalten werden.

Es ergibt sich in der Summe ein zugegebenermaßen schwieriger Spagat zwischen idealistischen Sichtweisen und wirtschaftlichen Zwängen. Diese Ausgliederung ist auch per se nicht die Mogelpackung wie beispielsweise in Hamburg oder Jena – auch wenn beide Systeme, die man als kritisch hinterfragender Fußballfan ablehnen sollte, gar noch lobend erwähnt wurden. Dennoch bedarf es bei Anteilsverkäufen von 15% und mehr stets der Zustimmung der Mitgliederversammlung, die auch so in ihrer Funktion und Position erhalten bleibt. Jedoch muss weiterhin kritisch ergänzt werden, dass im Falle der Anteilsverkäufe der Einfluss eines Geldgebers wächst. Wächst der Einfluss eines externen Geldgebers, muss logischerweise die Macht der bereits vorhandenen entscheidungsrelevanten Personen sinken - dies liegt in der Natur der Sache begründet.

Und wie geht es überhaupt weiter? Was ist in zehn Jahren wenn der Vorstand vielleicht nicht mehr in dieser Konstellation existent ist? Kann man entsprechenden Nachfolgern bereits jetzt attestieren, dass deren Prämissen stets dem Verein und nicht nur wirtschaftlichen Aspekten gelten? Nein. Wer garantiert daher, dass auf kurz oder lang die „Büchse der Pandorra“ nicht vollends geöffnet wird?
Eine langfristige Firmierung als GmbH & Co. KGaA ist auch bereits angedacht. Unter dem Stichwort „langfristig“ wird durch die Ausgliederung ebenso eine eventuell später folgende Komplettübernahme, basierend auf der 20-Jahresfrist, ermöglicht. Auch dies sind Kernpunkte, die unsererseits besorgniserregend sind und stets kalkuliert werden müssen.

Eine weitere Sache, die in diesem Licht zudem sehr skurril oder viel eher paradox erscheint: Ein Verein, der sich stets auf seine historische Verantwortung, Identität und oder Tradition beruft, wandelt sich und sein Zugpferd in Form der ersten Herrenmannschaft in eine GmbH. Währenddessen bleibt der Gegenpol in Form einer, auf puren Konsum ausgelegten, Marketingmaschinerie bei der jegliche Mitglieder(rechte), kritische Gedanken oder gar Partizipation unerwünscht sind ein eingetragener Verein - wenn auch nur auf dem Papier. Wenn man derart authentisch und wurzelverbunden sein möchte, wie man sich gerne präsentiert, sollte dies ebenfalls berücksichtigt werden. Wie können nur mahnend die Beibehaltung diese für uns existenziellen Alleinstellungsmerkmale einfordern.

Oder um es vor das geistige Auge zu führen: Wir haben schlicht und ergreifend Angst davor, dass eine 1. FC Lokomotive Leipzig GmbH (& Co. KgaA) eines Tages unter inoffizieller Leitung von ETL steht und in einer teil-modernisierten „XYZ-Arena“ - eben jener Begriff, der ebenfalls auf der Informationsveranstaltung fiel – spielen wird. Und damit mehr und mehr Teil des „Business Fußball" wird, welches wir so sehr ablehnen.

Wir werden im Zuge dessen unsere Rechte und Pflichten als mündige Mitglieder (und nicht Gesellschafter) eines e.V. wahrnehmen. Bei all den organisatorischen, wirtschaftlichen und strukturellen Fragen bleiben für uns nichtsdestotrotz ideelle Werte und nicht unbegründete Sorgen ausschlaggebender Punkt uns hiermit gegen eine Ausgliederung zu positionieren.

Wir wünschen uns den kompletten Erhalt des e.V. - von der Jugend bis hin zur ersten Herrenmannschaft und hoffen, dass sich möglichst viele Mitglieder am Freitag ihrer Verantwortung bewusst werden und an dieser elementaren Abstimmung teilnehmen.

Fanfotos 1. FC Lokomotive Leipzig




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