18.09.2008 - SSV Reutlingen 05

Fanschal als Vermummungsgegenstand?


31 Fans des SSV Reutlingen 05 haben in Folge der Partie gegen Ulm vor gut einem Monat ein Stadionverbot erhalten. Inzwischen hat die Szene E auf eine Pressemitteilung des Regionalligisten ihrerseits mit einer Stellungnahme reagiert.

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Szene E:

Als Allererstes möchten wir anmerken, dass wir mit Verwunderung und Bedauern eine anscheinende Wandlung der Kommunikationswege mit dem SSV Reutlingen feststellen mussten. In der Vergangenheit wurde stets das persönliche Gespräch miteinander gesucht und hierbei eine fast freundschaftliche Ebene erreicht. Da sich dieses nun wohl leider geändert hat, wollen wir uns nun auf die gleiche Art und Weise zu den Vorgängen während der letzten Wochen äußern. Die in der Pressemitteilung des Vereins vom 11.09.2008 getätigten Aussagen wollen und können wir nicht so im Raum stehen lassen.

Fakt ist, dass beim Heimspiel gegen Ulm am 15.08.2008 31 Personen von der Polizei teilweise unter fadenscheinigen Begründungen in Gewahrsam genommen wurden.

Sicherlich mag bei diesem Spiel etwas mehr passiert sein, als bei einem normalen Heimspiel des SSV. Hierbei muss allerdings klargestellt werden, dass diese 31 Personen nicht aufgrund der Vorfälle am AOK-Knoten, sondern wegen dem Mitführen angeblicher "Vermummungsgegendstände" festgenommen wurden. Bei der "Einkesselung" durch Polizeibeamte vor dem Stadion selbst kam es zu teilweise kuriosen Situationen. Vornehmlich Jugendliche, die in Einzelfällen sogar noch nie vorher ein SSV Spiel besucht hatten, wurden direkt beim Verlassen der Stadtbusse zur Durchsuchung gebeten, eine Familie mit Kinderwagen von einem Beamten in den Kessel gewunken und vorbeilaufende SSV Fans nach Gutdünken ebenfalls zur Kontrolle herangezogen. Normale Gebrauchsgegenstände, wie zum Beispiel Sonnenbrillen und offizielle Fanschals des SSV Reutlingen wurden zu besagten "Vermummungsgegenständen" deklariert und reichen oftmals schon als Grund aus , um bis 24 Uhr in Gewahrsam genommen zu werden. Wie die Vertreter des SSV bei den, in der Pressemitteilung erwähnten, Vernehmungen selbst feststellen konnte, war das Gros der vorgeladenen Personen noch Minderjährig und hatte bis auf eben die besagten Sonnenbrillen oder Fanschals auch keine anders gearteten "Vermummungsgegenständen". Des Weiteren wollen wir betonen, dass es sich bei den Festgesetzten nicht um die vermeintlichen Angreifer an der AOK handelt, sondern um einen Teil der über 300 Teilnehmer des Fanmarsches zum Stadion. Die Mehrheit der 31 jetzt mit Stadionverbot belangten Personen sind auch keine Mitglieder der Szene E und gerade deswegen setzen wir uns vehement für die Leute ein, da wir verhindern wollen, dass Jugendliche ohne böse Absichten in Bredouille geraten, da sie sich "zur falschen Zeit, am falschen Ort" befanden.

Umso erschreckender ist es für uns, dass es trotz gegensätzlicher Aussagen von Polizei und Fans und ohne Einleitung eines Verfahrens, oder geschweige denn einer Verurteilung zur Verhängung von restriktiven Maßnahmen kam. Hiermit ist leider genau das eingetreten, was von unserer Seite aus immer befürchtet wurde: Nur auf Vermutungen basierende Stadionverbote ohne abgeschlossenes Verfahren, oder Gerichtsurteil, denn im Vorfeld der neuen Saison wurden gegenüber unserer Gruppe mündliche Zusagen von Seiten des Vereins gemacht, dass genau dies nicht der Fall sein wird. Unser Modell sah vor, etwaige Stadionverbote erst auszusprechen nachdem die betroffene Person ihre Sicht der Dinge dem Verein schildern konnte und die juristische Sachlage durch ein Gericht abschließend geklärt worden ist. Dieses Modell wird von vielen anderen Vereinen so praktiziert und funktioniert wunderbar.

Gott sei Dank waren derartige Vorgänge in der Vergangenheit nicht notwendig, doch nun als dieser "Worst Case" eingetroffen ist, verfällt man in, für Fussball-Deutschland typische Reflexe und urteilt pauschal über die Köpfe der Leute hinweg. Natürlich ist es positiv, wenn die Betroffenen, wie im jetzigen Beispiel auch geschehen, sich dazu äußern dürfen, jedoch entmutigend für alle Beteiligten, wenn der Verein danach auf Grund von äußerer Beeinflussung wieder einknickt.

Aufgrund von vielen Gesprächen zwischen Herrn Weiss, Herrn Prinz und uns, entstand bei uns der berechtigte Eindruck, dass man an einem konstruktiven und vertrauensvollen Verhältnis und dem damit verbundenen Verständnis für Fanbelange interessiert sei. Darum haben wir auch in den Wochen nach dem Derby gemeinsam nach Lösungen und Wegen gesucht, wie wir die Situation lösen können und die Interessen des Vereins, sowie der Fans zu wahren.

Diese deutliche Annäherung zwischen uns und dem Verein stimmten uns in der Vergangenheit auch so positiv, dass wir in Reutlingen andere Wege einschlagen, als sie im Rest der Republik gegangen werden. Leider trat nach den Einzelanhörungen der 31 Leute genau das Gegenteil ein. Es herrschte absolute Funkstille und weitere Gespräche waren nicht mehr vorhanden. Als Krönung mussten wir im Internet die fast schon unverschämte Presseerklärung des Vereins lesen.

Plötzlich ist von einer "einzelnen Fangruppe" die Rede, welche "in der Vergangenheit versuchte den Verein zu erpressen".

Ein krasser Affront wenn man in Betracht zieht, dass wir als Gruppe jederzeit darauf bedacht sind dem Verein in jeglicher Form die bestmögliche Unterstützung zu geben. Dies drückt sich in den unzähligen ehrenamtlichen Arbeitsstunden aus, in denen wir Spielankündigungsplakate und Flyer verteilen, bei der Organisation von Festen maßgeblich beteiligt sind, vor dem Spiel tatkräftig beim Auf- und Abbau helfen und auch ansonsten immer gerne und bereitwillig zur Stelle sind, wenn irgendwo Not an Mann ist. Wir verlangen dafür kein Dankeschön, da dies zu unserem Selbstverständnis als aktive Fans und Unterstützer zählt, jedoch erwarten und pochen wir darauf, dass uns dafür der gebührende Respekt entgegen gebracht wird. Wir behaupten nicht, dass wir bequem sind, wir sind kritisch und hinterfragen viele Entscheidungen auf allen Ebenen, aber uns als "Erpresser" titulieren, nur weil wir offen unsere konträre Meinung aussprechen, und uns damit öffentlich zu diffamieren, ist ein Unding sondergleichen.

Auch wenn in den letzten Tagen viel mühsam Aufgebautes und Erarbeitetes zerstört wurde, sehen wir das Tischtuch nicht als komplett zerschnitten an.

Es liegt nun an allen Beteiligten, die Beziehungen wieder auf eine vernünftige Ebene zu bringen.

SZENE E Reutlingen 2005 am 12.09.2008

Fanfotos SSV Reutlingen 05




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