13.05.2016 - Dynamo Dresden

​Freispruch für Dynamo Dresden Fan


Einem Dynamo Dresden Fan wurde vorgeworfen, am 28. Februar 2015 in Regensburg eine Flasche auf einen Polizisten geworfen zu haben. Jahn Regensburg folgte bei einer späteren Anhörung der Darstellung des Dynamo Fans und sprach kein bundesweites Stadionverbot aus. Zur Gerichtsverhandlung kam es trotzdem.

Dort wurde das Videomaterial der Polizei mehrfach abgespielt, aber ein Flaschenwurf soll darauf nicht zu sehen gewesen sein. Der Dynamo Fan wurde letztlich freigesprochen. (Faszination Fankurve, 13.05.2016)

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Schwarz-Gelben Hilfe:

Von Siegern und leeren Flaschen

Es ist der 28. Februar 2015, der 27. Spieltag in der Saison 2014/15. Es sind noch wenige Tage bis zum Achtelfinalpokalspiel der SG Dynamo Dresden gegen die Borussen aus Dortmund, eine Woche später soll Großaspach die Hütte vollmachen, doch vorher müssen die Schwarz-Gelben noch beim damaligen Tabellenschlusslicht, dem SSV Jahn Regensburg, ran.

Auf dem Papier eine Routineaufgabe, allerdings haben die Dresdner im Jahr 2015 noch keine Punkte einfahren können. Die 2.500 mitgereisten Schlachtenbummler der SG Dynamo Dresden, die das Spiel in der Fremde zu einem Heimspiel machten, wähnen sich zur Halbzeit schon als sicherer Sieger dieses Tages im Jahnstadion. Nach einem phänomenalen Hattrick Justin Eilers führt die Sportgemeinschaft nach den ersten 45 Minuten mit 3:0. Wiederanpfiff auf dem Rasen – es folgt eine weitere unerwartet nervenaufreibende zweite Halbzeit. Die Gastgeber versuchten noch einmal alles und es schien zu gelingen, es folgten die Anschlusstore eins und zwei in Minute 53 und 74. Doch unsere Jungs brachte den knappen Vorsprung mit vereinten Kräften über die Zeit und so konnten Fans und Mannschaft den Platz als Sieger verlassen und mit dem ersten Sieg im neuen Jahr die Heimreise antreten.

Doch halt! Für einige Fans, darunter Robert Robbe* – Mitglied der Schwarz-Gelben Hilfe, verlief der Spieltag weniger erfreulich. Aufgrund der katastrophalen Einlassregelungen am Zugang zum Gästeblock standen wenige Minuten vor Spielbeginn immer noch hunderte Dynamofans vor den Toren des Stadions. Als eine Polizeikette aufzog und somit den Eingang weiter verengte, stand Robert Robbe nun direkt vor den behelmten Polizisten. Es folgte das Unvermeidliche, Gedrängel in der Masse und Schubsereien mit den eingesetzten Beamten. Kaum hatte sich Robert Robbe umgesehen, lag er fixiert durch einen Polizisten am Boden. Auf dem Polizeirevier teilte man ihm den Grund der Maßnahme mit – gefährliche Körperverletzung nach §224 StGB. Er soll eine Flasche auf die aufgereihte Polizeikette geworfen und dabei einen Polizisten am Helm getroffen haben. Robert Robbe machte von seinem Recht auf Aussageverweigerung gebrauch. Nach dem Schlusspfiff war die Maßnahme beendet, nach Feiern ist ihm nicht zumute, denn vom Spiel hatte er keine einzige Minute gesehen.

Einige Wochen ziehen ins Land, Dynamo scheitert im Achtelfinale des DFB-Pokals und auch Großaspach hat die Hütte nicht (ganz) vollgemacht. Robert Robbe hingegen erhält zusätzlich zur Vorladung der Polizei auch ein Schreiben des SSV Jahn Regensburg. Diese gewähren ihm ein Recht auf Anhörung durch eine sogenannte Stadionverbotsanhörungskommission (SVAK). Bundesweite Stadionverbote werden so ausschließlich nach einer Einzelfallprüfung durch eben diese lokale Stadionverbotskommission ausgesprochen, leider sind diese Verantwortungsträger noch immer kein fester Bestandteil der “Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten” des DFB und somit nicht bei allen deutschen Profivereinen installiert. Nach Rücksprache mit der Schwarz-Gelbe Hilfe e.V. und der Fanbetreuung der SG Dynamo Dresden nimmt Robert an einem persönlichen Termin in Regensburg teil. Nachdem er seine Sicht der Dinge dargelegt und seine Unschuld beteuert hatte, verzichteten die Verantwortlichen des SSV Jahn Regensburg auf die Aussprache eines bundesweiten Stadionverbots für Robert Robbe bis zum Ausgang der polizeilichen Ermittlungen bzw. des Gerichtsurteils. Eine Entscheidung mit Weitblick und in den meisten Fällen, trotz schriftlicher oder mündlicher Anhörungen, leider keine Selbstverständlichkeit.

Sommerpause 2015 – nicht nur die Spieler der SGD schwitzen im Trainingslager, auch in einer Dresdner Anwaltskanzlei beginnen die Köpfe zu rauchen. Nach mehrfachem Antrag auf Einsicht ist nun endlich die Ermittlungsakte aus Regensburg eingetroffen. Neben ziemlich einheitlichen Aussagen des Opfers und seiner Kollegen, die als Zeugen in diesem Prozess auftreten, fehlt das komplette Videomaterial der Ermittlungen. Es dauert weitere sechs Monate, die Mannschaft der SG Dynamo Dresden befindet sich zu dieser Zeit im Wintertrainingslager in Spanien, bis dieses Material, natürlich ohne die entscheidenden Sequenzen, an Robbes Rechtsvertretung gesendet wird. Ein Grund, warum der für Februar angesetzte Verhandlungstermin vor dem Amtsgericht Regensburg verschoben und ein neuer für Anfang April angesetzt werden musste.

5. April 2016 – die Anhänger und die Mannschaft der SG Dynamo feierten gerade einen 2:0 Sieg in Cottbus. Nach einer sehr erfolgreichen Hinrunde und stabilen Leistungen in der Rückrunde stehen die Kicker der Schwarz-Gelben unangefochten auf Platz eins der dritten Liga, der Aufstieg in die zweite Bundesliga ist quasi nur noch Formsache. Im Amtsgericht Regensburg wartet man derzeit vergeblich auf den eingesetzten Polizisten, das angebliche Opfer in dem Verfahren. Um die Wartezeit zu verkürzen, wird das vollständige Polizeivideo im Gerichtssaal als Beweismittel beschaut. Mehrfach wird dieses abgespielt, immer wieder die gleichen Sequenzen vom Eingang, aber von einem Flaschenwurf fehlt jede Spur. Die Verhandlung wird aufgrund des fehlenden Zeugen für zwei Stunden unterbrochen. Dann, endlich! Im Zeugenstand sitzt nun der angeblich geschädigte Polizist. Er berichtet von mehren Angriffswellen auf die Polizei und dass er den Beklagten Robert Robbe immer genau im Blick hatte. Auf die Frage der rechtlichen Vertretung Robbes, ob er sich vor der Aussage das Polizeivideo angeschaut hätte, bejahte er diese. Erneut wurde das Video abgespielt. Von den berichteten Angriffswellen ist indes nichts zu sehen und auch von einer fliegenden Flasche fehlte weiterhin jede Spur. Das Urteil im Fall Robert Robbe stand nun endgültig fest – Freispruch. Die Staatsanwaltschaft legte ebenfalls keine Rechtsmittel ein und so konnte Robert Robbe nach über einem Jahr endlich als Sieger die Stadt Regensburg verlassen.

Mal wieder hat sich gezeigt, wie fahrlässig Ermittlungsbehörden mit Videomaterial umgehen und mit welcher vermeintlicher Sicherheit Polizisten vor Gericht auftreten. Zum Glück hat in diesem Falle die Gerechtigkeit gesiegt. Man stelle sich nun vor, der SSV Jahn Regensburg hätte gegen Robert Robbe ein bundesweites Stadionverbot verhängt. Die Gerichts- und Anwaltskosten trägt die Staatskasse.

Eure Schwarz-Gelbe Hilfe

*Name geändert

Fanfotos Dynamo Dresden




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