14.03.2017 - Buchtipp:

Ist der gehypte „HOOL“ Roman lesenswert?


Der im September 2016 veröffentlichte Roman „HOOL“ von Philipp Winkler schaffte es auf die Shortlist für den deutschen Buchpreis und wurde von zahlreichen Literaturkritikern in den Mainstreammedien gelobt. Doch ist das Buch auch für Leute aus der Fanszene lesenswert?

In Winklers Erstlingswerk geht es um die Hauptfigur Heiko Kolbe, ein Hooligan von Hannover 96, dessen Onkel Hooligan-Chef in der niedersächsischen Landeshauptstadt ist und die Feld-Wald-Wiesen Auseinandersetzungen der Hannoveraner Hooligans organisiert. Heiko arbeitet im Fitnesscenter seines Onkels, in dem neben Hooligans auch immer wieder Rocker, Dealer oder Neonazis zu Gast sind. Vor allem auf die Neonazis hat Heiko, der seinen Onkel in der Hierarchie der Hooligans beerben will, keinen Bock. In der Stammkneipe kommt es sogar zu Auseinandersetzungen mit den Rechten, dennoch nimmt sein Onkel die Glatzen danach nochmal mit auf eine Drittortauseinandersetzung, was Heiko nicht versteht.

Der fiktive Roman, der jedoch autobiografische Züge des Autors Philipp Winkler enthalten soll, beginnt mit der Beschreibung eines sogenannten Acker-Matches zwischen Hooligans von Hannover 96 und dem 1. FC Köln im Rheinland. Winkler, der selbst zwar Hannover 96 Fan, aber kein Hooligan ist, beschreibt darin sehr detailliert die Drittortauseinandersetzung der Kölner und Hannoveraner Ackertruppen und erzählt dabei in einer authentischen Sprache der Straße. An den sehr detailliert ausgeschmückten Erzählungen merkt man jedoch, dass Winkler nicht nur dieser Sprache mächtig ist, sondern literarisches Schreiben studiert hat.


Wer nach dem ersten Kapitel jedoch eine Auseinandersetzung nach der anderen erwartet, wird von dem Buch eher enttäuscht sein. Anders als beispielsweise in manchem englischen Hooligan-Buch geht es nicht fast ausschließlich um Schlägereien, auch wenn diese immer mal wieder Thema sind.

Auch über die Freundschaft von Heiko zu seinen Hooligan-Kumpels, von denen gegen Ende immer mehr aus der Hooligan-Firm ausscheiden, wird detailliert berichtet oder über die Familienverhältnisse mit dem alkoholkranken Vater, der Heiko zu Hannover 96 brachte, der abgehauenen Mutter und der neuen Frau des Vaters aus Thailand.

Wie ein roter Faden zieht sich der Hass der Hannover 96 Hooligans auf die Kontrahenten von Eintracht Braunschweig durch den Roman. Die finale Auseinandersetzung des Buches findet dementsprechend beim Niedersachsenderby statt. Davor gibt es noch ein Acht gegen Acht der Truppe von Heikos Onkel gegen Eintracht Frankfurt Hooligans und eine Auseinandersetzung mit Mönchengladbacher Hools an der Messe in Hannover.

Ein wenig absurd wird es bei einem Angriff auf Braunschweiger Hooligans, die über Facebook ausspioniert wurden und sich später bei einem Länderspiel in Leipzig an den Hannoveranern rächen oder bei den Geschichten über die zwielichtige Person, bei der Heiko wohnt, die sich einen Tiger in einer Grube hält und Hundekämpfe organisiert.

Der Roman beschreibt an vielen Stellen realistisch und manchmal vielleicht etwas zu detailliert ein Milieu zwischen Fußballschlägereien, Rockern, Fitnessstudio, Drogen, Kneipenabenden und Familienproblemen. An manchen Stellen können sich die insgesamt über 300 Seiten aber auch ziehen.

„Philipp Winklers Debütroman 'HOOL' ist auf jeden Fall eine der intensivsten Lektüren dieser Saison. Ein Buch wie ein Schlag“, jubelte Julia Encke in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über das Buch. Ganz so euphorisch fällt das Fazit von Faszination Fankurve nicht aus, lesenswert ist das Buch aber wohl, schon alleine, um mitreden zu können, nachdem zahlreiche Leute fernab der Fußballfanszene das Buch hochgejubelt haben. HOOL“ von Philipp Winkler kostet in der gebundenen Ausgabe 19,95 Euro und 9,99 Euro als e-Paper. (Faszination Fankurve, 14.03.2017)






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