03.05.2021 - Manchester United

Massiver Fanprotest gegen Investor & für 50+1


Das für gestern im Old Trafford angesetzte Premier League-Spiel zwischen Manchester United und dem Liverpool FC wurde abgesagt, nachdem es in Manchester zu massiven Fanprotesten gegen die Familie Glazer kam. Geschätzte 5.000 Fans beteiligten sich an den Protesten, die vorab angekündigt waren.

In der Fanszene von Manchester United kursierte bereits im Vorfeld des gestrigen Sonntags ein Aufruf, der für eine Versammlung am Old Trafford ab 14:00 Uhr Ortszeit mobilisierte. Und tausende Manchester United-Fans folgten auch in Zeiten der anhaltenden Corona-Pandemie diesem Aufruf.

Die Manchester United-Fans versammelten sich vorm Stadion, einer geringen Anzahl von Fans gelang es sogar, das Stadion von Innen zu betreten und Stunden vorm eigentlichen Spielbeginn das Spielfeld zu betreten. Weitere Red Devil-Fans protestierten vorm Mannschaftshotel von Manchester United. Dort versuchten die Fans die Abfahrt des Teambusses zu verhindern.

Seit 2004 kam es bei Manchester United bereits mehrfach zu massiven Protesten gegen die Familie Glazer. Der am 28. Mai 2014 verstorbene US-Investor Malcolm Glazer hatte sich zwischen 2003 und dem 12. Mai 2005 die Mehrheit der Aktien von Manchester United gesichert und die Kontrolle im Club übernommen. Jahrelange Proteste waren die Folge, in denen die Manchester United-Fans die grün-goldenen Vereinsfarben aus den Anfangsjahren des Vereins als Zeichen des Protests gegen den neuen Besitzer trugen. Teile der Fanszene von Manchester United kehrten ihrem Verein sogar den Rücken und gründeten mit dem FC United of Manchester einen unterklassigen, von Fans geführten Verein als Gegenentwurf zum von Glazer übernommenen Club.

Auch gestern waren die Farben Grün und Gold in Manchester wieder zu sehen. Nachdem Manchester United zuletzt einer der Clubs war, die eine Super League gründen wollten, um noch mehr Geld zu verdienen, entzündete sich der Protest der Fans. Dieser Fanprotest flachte mit der Begrabung der Super League-Pläne keinesfalls ab.

Gestern forderten die Manchester United-Fans, dass bei ihrem Club eine Regel eingeführt wird, wie es sie in Deutschland mit der 50+1-Regel gibt. Diese begrenzt den Einfluss von Investoren im deutschen Fußball und soll garantieren, dass die Stimmenmehrheit immer beim mitgliedergeführten Verein liegt und nicht beim Investor.

Die Fans der Red Devils werfen den Söhnen und Erben von Malcolm Glazer, Joel und Avram Glazer, vor, dass diese mit ihrem Investment bei Manchester United lediglich auf Profitmaximierung aus seien. Traditionen, wie die Teilhabe an der englischen Premier League oder den europäischen Wettbewerben, für die man sich sportlich qualifizieren muss, seien den Investoren nicht wichtig.

Aus diesem Grund entlud sich gestern in Manchester die Wut der Fans und es kam zu den größten Protesten gegen die Glazer-Familie seit etwa einem Jahrzehnt. Wegen der Fanproteste wurde der Anstoß des Premier League-Spiels zwischen den ewigen Rivalen von Manchester United und dem Liverpool FC erst verschoben und anschließend aus Sicherheitsgründen abgesagt. Ein Nachholtermin steht aktuell noch nicht fest.

​Der gestrige Platzsturm im Video:

Zwar wird in England auch die Art des Protests mit Pyrotechnik, gestürmtem Spielfeld, fliegenden Flaschen und zwei verletzten Polizisten kritisiert, doch hauptsächlich konzentriert sich die Berichterstattung auf das Anliegen, das die Fans der Red Devils mit ihrem Protest verfolgten. Die 50+1-Regel nach deutschem Vorbild ist in England nun in aller Munde und die Bedeutung der Fans scheint auch in England wieder zuzunehmen.

Der ehemalige Manchester United-Spieler Gary Neville sprach während der Proteste von einer Warnung der Fans in Richtung der Investoren-Familie. Es ist offensichtlich, dass die Fanszene in England nach den Protesten gegen die Super League und der Rolle Rückwärts der beteiligten Vereine nun neuen Mut gefasst hat und weitere Proteste folgen dürften. Das ewige Prestige-Duell zwischen Manchester United und dem Liverpool FC werden sich die Fans der Red Devils nicht zufällig ausgedacht haben, garantiert es doch eine maximale Aufmerksamkeit weltweit.

Auch in Deutschland haben Fanproteste häufig erst die nötige Aufmerksamkeit erreicht, wenn Grenzen überschritten wurden. Vielleicht haben sich die Fans in England nicht nur bei der 50+1-Regel die deutsche Fanszene zum Vorbild genommen. Es scheint jedenfalls, als versuchen Fans auf der Insel sich nun Stück für Stück den Fußball zurückzuholen, der in England wahrscheinlich turbokapitalisierter ist, als in jedem anderen Land der Welt. Und wenn man irgendwo auf der Welt die negativen Begleiterscheinungen des Turbokapitalismus kennen dürfte, dann in Manchester, der Wiege des geschichtlichen Manchesterkapitalismus. (Faszination Fankurve, 03.05.2021)

Hörenswerter Podcast in deutscher Sprache zu den gestrigen Vorfällen:

Fanfotos Manchester United




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