01.06.2004 - Schweiz

Schweizer Meister: FC Basel


Die Choreografie der Fans im letzten Saisonheimspiel gegen die Young Boys Bern machte es deutlich: Der FC Basel ist Schweizer Meister 03/04. Und wie in vielen Ländern üblich, wird man in Basel für nun zehn errungene Titel einen Stern im Wappen tragen. Das dazugehörige Bild produzierten die Fans nach wochenlanger Vorbereitung in gewohnter Perfektion.

Wie es der Spielplan so wollte, wurde der Titelgewinn ausgerechnet in Thun, der tiefsten Provinz, wo der örtliche FC nur über einen besseren Sportplatz verfügt, eingefahren.

Die Begeisterung der 3.000 Baseler war nur schwer im Zaum zu halten und ein Teil des Stadioninventars wurde Opfer der zur Gewalt eskalierenden Begeisterung. Das „Inferno Basel“ als größte Gruppierung der Rot-Blauen verurteilt die Vorkommnisse. „Der Gewinn der Meisterschaft berechtigt nicht zu solchen Schandtaten“, so die Erklärung der Gruppe.

Für die Zukunft kündigt man aus den Reihen der Baseler aber bereits an: „Wir werden keinesfalls auf den Einsatz von Pyro verzichten. Gibt es einen schöneren Ausdruck für Emotionen als Feuerwerk? Nein!“

In der Champions League kostete der Pyro-Einsatz der Fans den FC Basel über 50.000 Euro. Beim Inferno trotzt man allerdings den Bestrebungen, dieses zu unterbinden und meint: „Die Spieler kassieren Löhne in Millionenhöhe, dagegen sind die Bußgelder lächerlich. Zudem dürfen gute und heißblütige Fans ruhig auch was kosten!“ Eine Aussage wie diese würde man in Deutschland selten hören, zu groß scheint der Respekt vor Sanktionen gegen den eigenen Verein.

Von den Vorkommnissen in Thun distanzierten sich Verein und die organisierten Fans jedoch demonstrativ. Als einer der Capos gab Daniele Ferrara (19) für diese eine entsprechende Erklärung über die Video-Anzeigetafel ab. Gab es auch Mitglieder der Szene, die negativ aufgefallen sind? „So was regeln wir intern, aber wir setzen dabei auf Integration statt Repression. Bei uns werden keine Leute an die Polizei verraten“, erklärt er die Vorgehensweise.

In erster Linie machen die Baseler Fans mit kreativen Aktionen auf sich aufmerksam. „Fühlt Euch wie zu Hause“, lautete ein Spruchband, dem kurz darauf die Erklärung folgte. Adressat waren die Fans des FC St. Gallen aus der ländlichen Ostschweiz. Das Grün in den Vereinsfarben ihres Clubs war an diesem Tag die dominierende Farbe der Baseler Kurve, dazu Doppelhalter mit Kühen. Die von alpinen Skirennen bekannten Kuhglocken sorgten für die akustische Untermalung, ebenso wie die „Muh“-Rufe der ganzen Kurve.

Nur eine von mehreren originellen Atmo-Höhepunkten im Meisterjahr. Was die Mitglieder des „Inferno Basel“, von den „Fanatics“, des „Mittenza Koatic Squad“, den „Goodfellas“ oder „Basiliensis“ sowie viele unorganisierte Fans, kurz: die „Szene Basel“ an Atmosphäre hervorzaubert, ist schlichtweg europäische Spitzenklasse!

Wie schaffen es die Baseler, dass hohe Niveau der Darbietungen zu halten? Welche Manpower sitzt dahinter? „An der Choreo für das Spiel gegen YB haben rund 50 Leute mitgearbeitet. Normalerweise sind es aber immer so 30 Personen, die sich dann fast täglich treffen. Aber das ist keine Belastung. Das Planen und Umsetzen einer Choreo macht einfach Spaß. Das ist die Freundschaft, die wir innerhalb der Szene entwickelt haben, ein Gruppenfeeling, dass nicht nur am Samstag stattfindet.“

Auf das Auftreten als „Szene“ legt man hier Wert, die eigene Gruppierung steht in der eigenen Sichtweise hinten an. „Die „Szene Basel“ ist keine Gruppe oder organisierter Dachverband. Vielmehr sagt „Szene“ ja schon alles. Jeder, der sich mit der Entwicklung der Fankultur in Basel in den letzten Jahren identifizieren kann, gehört dazu! Mit der Entwicklung meinen wir Dauersupport, Capo, Megafon, Choreografien, Pyro usw.“, erklärt Ferrara.

Und die „Szene“ verdient nicht nur im Bereich der Choreografien Anerkennung. Auch „fanpolitisch“ hat man in Basel einiges bewegt: Nach Protesten, Spruchbändern und Unterschriftenaktion setzte man in der Winterpause den Rückbau von 900 Sitzen, die erst 2002 eingebaut wurden, zu Stehplätzen durch. „Man lässt nur nicht mehr Leute in den Block, dabei wäre hier jetzt Platz für 500 weitere Fans“, sagt Ferrara und weißt damit auf den Zuschauerboom hin.

27.947 Fans besuchten in der abgelaufenen Saison durchschnittlich die Heimspiele Spiel des FCB – eine Zahl, welche die hohe Auslastung im St. Jakob-Park verdeutlicht, denn das Fassungsvermögen liegt mit 31.539 Plätzen nur knapp darüber. Zum Vergleich: Servette Genf, als der am zweitbesten besuchte Verein der Liga, kommt mit 9.333 gerade mal auf ein Drittel der Fans. Der FC Thun als Gastgeber der Meisterfeier verkaufte durchschnittlich nur 4.372 Karten.

Ausschläge nach oben, gibt es bei den andern Vereinen immer dann, wenn die Baseler in der Stadt sind. Daniele Ferrara: „Auswärts ist der Block immer voll. Zu einem Spiel in Zürich fahren wir mit 4.000 Fans, bei weiten Fahrten wie nach Genf sind es aber mindestens immer 1.000. Bei uns ist die Identifikation mit dem Club einfach höher als in anderen Städten der Schweiz.“

Ist demnach jedes Spiel auch akustisch ein Heimspiel? „Es kommt natürlich immer auf den Spielverlauf an und es gibt Tage, da sind wir auch nicht so gut. Aber wenn wir bei einem anderen Top-Verein wie Grashoppers Zürich antreten, dann ist unser Support immer mindestens auf dem gleichen Level.“ (Faszination Fankurve, 01.06.2006)

Fanfotos Schweiz




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