28.11.2017 - China

Tibet-Initiative äußert sich zu „faulem Kompromiss“


Der Tibet Initiative Deutschland e.V. hat einen offenen Brief an die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel verfasst und darin nochmals die Vorgänge in Mainz aus eigener Sicht geschildert. In der Absage der Testspiele bis zum Ende des Jahres sieht die Initiative einen faulen Kompromiss.

Die Tibet-Aktivisten wünschen sich ein klareres Bekenntnis zur Meinungsfreiheit und freuen sich, dass Fanvereinigungen das Problem mit China sofort erkannt haben: „Wie Sie wissen, haben Tibet-Aktivisten der Tibet Initiative Deutschland e.V., gemeinsam mit Exil-Tibetern, das Spiel besucht und friedlich die tibetische Flagge gezeigt. Sie haben damit lediglich von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht. Das führte dazu, dass ein chinesischer Offizieller auf die Gruppe zuging, und gewaltsam versuchte, die Flaggen zu entreißen. Daraufhin verließ die chinesische Mannschaft den Platz, und unsere sichtlich verängstigten Mitglieder, eingeschüchtert und nicht auf Provokation aus, nahmen letztlich selbst die Flaggen herunter, um einer weiteren Eskalation vorzubeugen. Aus Angst vor weiteren Angriffen hatten sie sich sogar an die Security gewandt, um unter ihrem Schutz aus dem Stadion geleitet zu werden. Das Zeigen einer Flagge ist grundsätzlich im öffentlichen Raum erlaubt. Auch Fußballstadien sind Teil des öffentlichen Raums. Dass sich die chinesische Regierung bereits durch sechs Aktivisten und vier Tibet-Flaggen provoziert fühlte und rigoros das Spiel unterbrach, ist bedauerlich. Dass sie, nachdem die Tibet-Aktivisten das Stadion verlassen hatten, das Spiel fortsetzte und im Nachgang Deutschland respektlose Behandlung seiner Gäste vorwarf, ist dann nur noch absurdes Theater. Sowohl der TSV Schott Mainz als auch einige andere Fußballvereine und Fanvereinigungen haben die eigentliche Problematik sofort erkannt, und sich spontan mit den Tibet-Aktivisten solidarisiert. Denn was uns alle eint, ist, dass wir das Glück haben, in einem demokratischen Land zu leben, in dem jeder seine Meinung frei äußern darf, auch wenn das für ein autokratisches System wie China nicht nachvollziehbar ist. Auch der Deutsche Fußballbund hatte zunächst unmissverständlich klargemacht, dass es an dem Recht auf Meinungsfreiheit nichts zu rütteln gibt. Dass die Freundschaftsspiele nun vorerst ausgesetzt und auf das kommende Jahr verschoben werden, betrachten wir jedoch als faulen Kompromiss. Die chinesische Regierung wird wohl kaum von ihrer Position abweichen. Auf welche Weise soll dieses Problem 2018 anders zu lösen sein, wenn die chinesische Regierung das Recht auf Meinungsfreiheit doch grundsätzlich nicht respektiert? Festzuhalten ist, dass China selbst die Freundschaftsspiele zum Politikum gemacht hat, und der Sport sich jetzt nicht seiner Verantwortung entziehen kann. Fest steht aber auch, dass das vor allem ein politisches Problem ist, zudem die Bundesregierung bisher schweigt. Einzig zu lesen ist, dass sich die Bundesregierung sehr über die fußballerische Kooperation zwischen China und Deutschland freue, und dass ansonsten die guten Beziehungen zwischen beiden Ländern auch nicht durch einen solchen Eklat getrübt würden. Wir erwarten, dass die Bundesregierung sich ihrer Verantwortung stellt und ihrerseits unmissverständlich klarmacht, dass unsere Grundrechte nicht an die jeweiligen Vorlieben autokratischer Regime angepasst werden. Wenn die Bundesregierung, aus welchen Erwägungen auch immer, dieses Spiel mitspielt, muss sie sich nicht wundern, wenn unsere hart erkämpften Rechte ins Wanken geraten. Zudem muss sie auch den DFB stützen, der sich jetzt erheblicher Kritik ausgesetzt sieht. Machen Sie klar: Meinungsfreiheit ist unverhandelbar!“, heißt es dazu im offenen Brief der Tibet Initiative Deutschland.

Nachdem Aktivisten der Initiative gemeinsam mit Exil-Tibetern in Mainz beim ersten Spiel der chinesischen U20 in Deutschland Tibet-Fahnen zeigten, weigerten sich die chinesischen Spieler zunächst weiterzuspielen. Im Nachgang wurde die restlichen für dieses Jahr geplanten Testspiele abgesagt. Ob die Spiele im kommenden Jahr fortgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Spiele vor Publikum in Deutschland ohne Proteste scheinen im Moment schwer vorstellbar. (Faszination Fankurve, 28.11.2017)

Fanfotos China




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