01.06.2006 - SSV Reutlingen 05

Turbulente Tage an der Kreuzeiche


Nach drei Jahren Oberliga hat der SSV Reutlingen 05 den lange ersehnten Aufstieg in die Regionalliga endlich geschafft – allerdings nach wie vor begleitet vom Bangen um die Existenz. Mit der Initiative „Wir alle sind der SSV“ waren die Reutlinger Fans wochenlang unermüdlich im Einsatz, um ihren Verein in der Finanznot zu unterstützen.

Der SSV Reutlingen und das liebe Geld – eine schier endlose Geschichte. Begonnen hat alles mehr oder weniger mit der Spielzeit 2002/2003, als der Verein in der 2. Bundesliga die Saison aufgrund von Finanzschwierigkeiten mit sechs Punkten Abzug und einer Geldstrafe beginnen musste. Diese sechs Punkte wurden den Schwaben am Ende der Saison zum Verhängnis, und der Verein stieg ab. Da man die Lizenzauflagen nicht erfüllen konnte, wurde man direkt in die Oberliga durchgereicht. Schon damals hatte man wochenlang gekämpft, und man hatte das nötige Geld zur Erfüllung der Auflagen für die Regionalliga kurz vor der Deadline sogar zusammen. Doch, kaum zu glauben, aber wahr: der Beauftragte mit dem Geldkoffer ist eine halbe Stunde zu spät beim DFB-Termin in Frankfurt eingetroffen, weswegen der Verein in die Oberliga absteigen musste…

In der abgelaufenen Saison haben die Reutlinger die Rückkehr in die Regionalliga nun endlich geschafft – allerdings wieder nicht ganz ohne finanzielle Komplikationen. Die Lizenz für die Regionalliga Süd hat man nur unter Auflagen erhalten, und vor einigen Wochen sah es noch so aus, als müssten die Reutlinger trotz des ersten Platzes in der Oberliga Insolvenz anmelden. „Deshalb haben wir die Initiative ,Wir alle sind der SSV‘ gestartet“, erzählt Fabian Maier von der Szene E, der Ultragruppe beim SSV Reutlingen. Die Szene E bildet den aktiven Teil der Reutlinger Fanszene. Von einer Karaoke-Party für das Treuhandkonto von Trainer Peter Starzmann über eine Tombola und einen T-Shirt-Verkauf zugunsten des Vereins bis zu einer Kundgebung auf dem Marktplatz mit anschließender Kneipennacht, bei der ein Teil des Umsatzes dem Treuhandkonto zugute kam, organisierten die SSV-Anhänger in den letzten Wochen zahlreiche Aktionen. Bei einer Unterschriftenaktion kamen außerdem 7.000 Unterschriften zusammen, „die der Stadt Reutlingen zeigen sollen, dass der SSV ein wichtiger Teil dieser Stadt ist“, so Fabian Maier. Hintergrund: auch die Stadt ist einer der Gläubiger, denen der Verein noch Geld schuldet.

Trotz der leidigen Diskussion um die Finanzen herrscht nach dem Aufstieg große Begeisterung an der Kreuzeiche. Zum Derby in Ulm fuhren über 1.500 Reutlinger, beim Aufstiegsspiel am vorletzten Spieltag in Sandhausen waren es 1.200, die mit einem Platzsturm nach Spielende und einer gemeinsamen Party mit den Spielern am Abend in der Reutlinger Innenstadt die Rückkehr in „ihre“ Regionalliga Süd feierten. Und auch sonst hat sich in der Fanszene einiges getan. In der 2. Liga noch als graue Maus belächelt, kann sich die Fanszene unter Federführung der im Jubiläumsjahr des Vereins 2005 gegründeten Szene E – benannt nach dem heimischen Fanblock „E“ – mit ihren inzwischen 60 Mitgliedern durchaus sehen lassen. Ein durchgehender Support, wenn auch von einem überschaubaren Haufen, sowie regelmäßige Choreos und Aktionen gehören bei den 05ern inzwischen zum Standard. Und schon bald könnte neues Fanpotenzial hinzustoßen. „In der Regionalliga erwarten wir einen größeren Zulauf. Ich rechne nach dem Aufstieg mit über 100 Mitgliedern“, sagt Fabian Maier, der sich nach drei Jahren „über die Dörfer tingeln“ schon auf ein wenig attraktivere Gegner wie Saarbrücken, Darmstadt oder die Stuttgarter Kickers freut.

Inzwischen sieht es in Sachen Lizenzerteilung für die Regionalliga schon wesentlich besser aus als noch vor einem Monat. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen. Dass der SSV immer für Spannung bis zum Schluss gut ist, hat die Geschichte mit dem Geldkoffer vor drei Jahren gezeigt… (Harry Leif / Faszination Fankurve, 01.06.2006)

Fanfotos SSV Reutlingen 05




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