11.08.2020 - SV Babelsberg 03

Umstrittener Polizeieinsatz gegen SV Babelsberg 03-Fans


Der SV Babelsberg 03 gastierte am vergangenen Sonntag bei Grün-Weiß Lübben. Auf der Rückfahrt vom Halbfinale im brandenburgischen Landespokal kam es zu einem umstrittenen Polizeieinsatz, bei dem eine Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) negativ aufgefallen sein soll.

Bereits am Bahnhof in Lübben, wo die Rückreise der SV Babelsberg 03-Fans startete, sollen Polizisten der BFE aggressiv aufgetreten sein. Das Antirepressionsnetzwerk nur*03 wirft der Polizei nun vor, beim Umstieg der Nulldrei-Fans am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin Fans in Richtung der Bahnsteigkante geschubst zu haben. Anschließend wurde der Zug, mit dem die Babelsberg-Fans weiter nach Potsdam reisen wollten, von der Polizei aufgehalten, weil nach einer Person im Babelsberger Fanlager gesucht wurde.

Die Weiterfahrt bis Potsdam beschreibt das Antirepressionsnetzwerk aus der Babelsberger Fanszene als weitere Aneinanderreihung von Fehlverhalten durch eingesetzte Polizisten. Selbst die anwesende Szenekundige Beamte und Teile der Einsatzhundertschaft der Landespolizei Berlin sollen das Verhalten der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit der Bundespolizei durch Gesten kritisiert haben.

Der umstrittene Polizeieinsatz hat laut Aussagen aus der Babelsberger Fanszene zudem dafür gesorgt, das in Zeiten der Corona-Pandemie vorgeschriebene Mindestabstände von den Fans nicht eingehalten werden konnten. Auslöser des Polizeieinsatz soll ein während des Pokalspiels beschädigter Bauzaun gewesen sein. (Faszination Fankurve, 11.08.2020)


Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme von nur*03 zum Polizeieinsatz auf der Rückreise des Spiels Grün-Weiß Lübben gegen SV Babelsberg 03:

Stellungnahme des Antirepressionsnetzwerks nur*03 zum Polizeieinsatz auf der Rückreise des Spiels Grün-Weiß Lübben gegen SV Babelsberg 03 am Sonntag, den 09. August 2020

Am Sonntag, dem 09. August 2020, fand im „Stadion der Völkerfreundschaft“ das Fußballspiel Grün-Weiß Lübben gegen Babelsberg 03 im Rahmen des Halbfinals des „AOK-Landespokals Brandenburg“ der Männer statt. Das Spiel endete, aus Sicht der Anhängerschaft von Nulldrei positiv, mit 4:1 für die Gäste.

Für viele Anhänger*innen des Sportvereins aus Babelsberg war dies, wie für viele andere auch, das erste Fußballspiel seit den coronabedingten Einschränkungen des Spielbetriebs. Damit dieses Fußballspiel überhaupt stattfinden konnte, wurden seitens der Behörden strenge Auflagen gestellt.

So mussten alle Besucher*innen durchgängig einen Mund-Nasen-Schutz tragen und auf die bekannten Abstandregelungen geachtet werden.

An dieser Stelle möchten wir dem gastgebenden Verein mitteilen, dass wir die regelmäßige Erinnerung an die Hygienemaßnahmen sehr begrüßt haben, jedoch links und rechts vom Standort des Stadionsprechers niemand den vorgeschriebenen Mund-Nasen-Schutz trug. Des Weiteren möchten wir anmerken, dass es keine Möglichkeit für die 399 Zuschauer*innen im Gästeblock gab, sich die Hände zu waschen oder zu desinfizieren.

Ein Großteil der angereisten Fans hatte für ihre An- und Abreise den Zug gewählt. Dabei wurden sie durchgängig von der Bundespolizei begleitet. Der Rückweg wurde durch eine nicht extra gekennzeichnete Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) begleitet. Bereits beim Besteigen des Zuges am Bahnhof Lübben fielen die ersten Beamt*innen durch aggressives Auftreten und Ansprache auf. Beim Umstieg am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin behelmte sich die BFE-Einheit und begann starken Druck auf die Fans auszuüben. Dabei wurden Fans bewusst in Richtung der Bahnsteigkante geschubst und so ein Herabfallen ins Gleisbett riskiert. Auf die Frage weshalb diese Maßnahme in dieser Form umgesetzt wurde, reagierten die Beamten mit Aussagen wie „Haltet das Maul!“, „Ihr kriegt gleich auf die Schnauze!“ oder „Jetzt heult hier mal nicht so rum!“. Ebenfalls wurde eine Zusammenarbeit mit den Fanprojekten Babelsberg und Sankt Pauli, welche deutlich zu erkennen waren, vorerst in einem ähnlichen Sprachgebraucht abgelehnt. Selbst nachdem auf den einfahrenden Zug auf dem gleichen Gleis hingewiesen wurde, hörte der Druck und das Schubsen der Beamt*innen nicht auf.

Die Weiterfahrt mit dem eingefahrenen Zug wurde untersagt, begründet mit der Ermittlung einer Person, welche unter den Nulldrei-Fans vermutet wurde. Die Beamt*innen entschieden sich dann doch für die Zusammenarbeit mit den Fanprojekten und erlaubten das Einsteigen in den Zug, welcher jedoch aufgehalten werden würde, bis die Person sich zu einer erkennungsdienstlichen Maßnahme bereit erklären würde. Das Fanprojekt suchte daraufhin das Gespräch mit der verdächtigten Person, welche der Maßnahme zustimmte.

Diese wurde durch eine extra angeforderte Einsatzhundertschaft der Landespolizei Berlin durchgeführt. Beim Sichten von Fotos, welche als Beweismittel vorlagen, wurde jedoch schnell deutlich, dass die verdächtigte Person nicht der gesuchten Person entsprach, da diese sich nicht einmal im Zug befand. Die angeforderte Landespolizei brach daraufhin die erkennungsdienstliche Maßnahme ab, verließ den Zug und die verdächtigte Person durfte wieder zu den restlichen Fans zurückkehren.

Laut uns vorliegenden Zeug*innenaussagen wirkte der Leiter der BFE daraufhin weiterhin unzufrieden. Auch die Bestätigung der szenekundigen Beamten, dass die Person sich nicht im Zug aufhalten würde, schien nicht für die gewünschte Beruhigung der Situation zu sorgen. Stattdessen wurde angekündigt, dass die BFE-Einheit den Zug nach der Person durchsuchen würde.

An dieser Stelle möchten wir einschieben, dass der Zug zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht losgefahren ist und mittlerweile bei weit über 20 Minuten hinter seinem eigentlichen Fahrplan lag.

An jeder der vier folgenden Haltestellen zwischen Friedrichstraße in Berlin und dem Potsdamer Hauptbahnhof stoppte die BFE-Einheit eigenmächtig den Zug und verzögerte die Weiterfahrt. Selbst der Zugführer forderte die Beamt*innen irgendwann auf „diesen Faxen endlich zu unterlassen, da er sonst dafür sorgen wird, dass diese seine Bahn verlassen“. Des Weiteren musste die BFE-Einheit mehrmals durch den Schaffner darauf hingewiesen werden nicht eigenmächtig die Notverriegelungen an den Zugtüren zu bedienen.

Die Beamt*innen der BFE-Einheit fielen weiterhin durch Provokationen auf. So forderte der Leiter der BFE-Einheit mehrere Fans dazu auf „endlich zu ihm runter zu kommen, damit er es ihnen mal zeigen kann“ und kündigte an, dass die Fans „noch nie so schnell auf dem Boden gelegen hätten“.

Kurz vor dem Erreichen des Potsdamer Hauptbahnhofes kündigte der Leiter der BFE an, dass „alle anwesenden Fußballfans von Babelsberg 03 nur durch eine Tür den Zug zu verlassen haben, damit eine selektive Sichtkontrolle durchgeführt werden könnte“. Während der Maßnahme wurde der Zug erneut vollständig gestoppt. Das Verlassen des Zuges war ausschließlich durch ein Spalier aus Beamt*innen möglich, um draußen von den restlichen Beamt*innen „gesichtet“ zu werden.

Teilweise wurde den aussteigenden Fans der Weg aktiv mit Helmen versperrt und für daraus resultierenden Körperkontakt mit den Beamt*innen von diesen beleidigt. Die gesuchte Person konnte auch bei dieser Maßnahme nicht ermittelt werden. Ferner wurde die Person, welche am Bahnhof Friedrichstraße bereits von der Landespolizei als gesuchter Verdächtiger ausgeschlossen worden ist, erneut „präventiv behandelt“. Der Person wurde dies damit begründet, dass auf diese Weise „Fehler ausgeschlossen werden sollen.“

Zeug*innen beobachten, dass die szenekundigen Beamten nach einer erneuten Unterredung mit dem Leiter der BFE-Einheit kopfschüttelnd den Einsatz verließen. Auch die zuständige Landespolizei zur Sicherung des Hauptbahnhofs Potsdam kommentierte das Geschehende mit einer sogenannten „Scheibenwischer-Geste“.

An dieser Stelle fragen wir uns, wie ein eventuell beschädigter Bauzaun diesen Einsatz rechtfertigt, besonders da keine Anzeige durch den Verein Grün-Weiß Lübben vorlag.

Wie kann es sein, dass sich die BFE-Einheit über alle Empfehlungen ihrer Kolleg*innen hinwegsetzen kann, ohne einen Ermittlungserfolg nachzuweisen?

Womit wird der Eingriff in die Reisefreiheit der anderen Reisenden gerechtfertigt, welche zu keiner Zeit richtig informiert wurden und den Zug nicht verlassen durften?

Seit wann dürfen Polizist*innen eigenständig Veränderungen an der Zugtechnik bzw. der Sicherheitsmaßnahmen im Zug vornehmen?

Wie wird die augenscheinlich fehlende Zusammenarbeit mit den Mitarbeiter*innen der Bahn begründet, welche schlussendlich zu einer Gesamtverspätung von circa 90 Minuten des Zuges geführt haben?

Warum wurden während der gesamten Maßnahmen die Bitte auf Einhaltung der Hygienemaßnahmen belächelt und weder ein Mindestabstand zu anderen Personen ermöglicht noch durch alle Beamt*innen der BFE-Einheit ein Mund-Nasen-Schutz getragen?

Fanfotos SV Babelsberg 03




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