21.11.2012 - 1. FC Nürnberg

Update: Betretungsverbote rechtswidrig?


Die Rot-Schwarze Hilfe (RSH) äußert in einer aktuellen Mitteilung Bedenken zu den Betretungsverboten für die Fürther Innenstadt für Club-Fans beim Derby. Nach Meinung der RSH sind diese sogar rechtswidrig. Die RSH prüft rechtliche Schritte.

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Rot-Schwarze Hilfe:

Fürther Allgemeinverfügung: rechtswidrig und unsinnig

… oder: und auf einmal war Derby.

Es ist ja nicht so, dass der Termin seit Wochen bekannt wäre. Aber innerhalb kürzester Zeit haben die Westvorstadt und der dort ansässige Verein einen riesen Scherbenhaufen angerichtet. Im Eilverfahren werden nun Maßnahmen ergriffen die offenkundig nicht durchdacht sind. Allein der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass eine Anreise tausender Fans (bspw. durch einen „Marsch“) deutlich besser zu kontrolliert ist, als tausend Anreisen einzelner Fans. Darüber hinaus ist das von der Stadt Fürth für „alle“ Glubbfans verhängte Betretungsverbot für die gesamte Innenstadt ist nicht nur unsinnig, sondern wir halten es nach Rücksprache mit unseren Anwälten darüber hinaus auch für verfassungswidrig.

Die Allgemeinverfügung der Stadt Fürth ist ihrem Inhalt nach nicht ausreichend bestimmt. Denn lässt willkürlichen Entscheidungen zu, von welchen Personen die „Befürchtungen“ ausgehen und von welchen nicht. Weiter fehlt die Definition einer „Kleingruppe“. Bereits ein Vater mit seinem Sohn muss davon ausgehen, als Kleingruppe zu gelten. Er darf also noch nicht einmal eine Flasche Wasser am Kiosk kaufen oder diesen zum Austreten besuchen. Glubbfans, die in der Fürther Innenstadt wohnen, können mit Fan-Schal oder Mütze ihr Haus nicht verlassen.

Das Betretungsverbot „gilt“ zwar außerhalb der öffentlichen Verkehrsmittel - ergo man kann mit dem VAG-Bus durch Fürth fahren – aber umsteigen wird schon schwierig. Die Allgemeinverfügung ist dahingehend ungeeignet, da es keinen sachlich nachvollziehbaren Grund gibt, weshalb es sicherheitsrelevant sein soll, das markierte Stadtgebiet nicht betreten zu dürfen, das restliche Stadtgebiet aber schon. Sie ist unverhältnismäßig. Sie ist nicht erforderlich, da das Polizeirecht ausreichende Ermächtigungsgrundlagen für polizeiliches Handeln im Bedarfsfall bereit hält. Es sind darüber hinaus bereits individuelle Betretungsverbote für die Personen verhängt worden, die die Polizei und Stadt als potentielle Störer ansieht. Sie stellt alle Glubbfans unter einen Generalverdacht und behandelt sie ungleich gegenüber anderen Fans. Wir halten die Allgemeinverfügung als verfassungswidrig. Das Bayerische Landesrecht kennt keine Ermächtigungsgrundlage für eine derartige Verfügung. Sie verstößt daher gegen das Grundrecht auf allgemeine Freizügigkeit. Dieses darf gem. Art. 11 Abs. 2 GG nur durch Gesetz eingeschränkt werden. Betretungsverbote sind nach unserer Auffassung (so auch Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts) rechtswidrig, wenn sie sich nur auf eine Generalklausel stützen.

Die Allgemeinverfügung ist daher unter rechtlichen Gesichtspunkten unhaltbar. Sie dient offenkundig dazu, politische Entscheidungen umzusetzen und letztlich einer Beschneidung des Demonstrationsrechts. Auch die Grundrechte der Fürther Gewerbetreibenden werden massiv eingeschränkt. Es entgeht ihnen in erheblichem Maße Umsatz. Die Stadt Fürth setzt ein Zeichen der Intoleranz und der Verbotswillkür. Dem schließt sich auch die Spielvereinigung Greuther Fürth mit dem Verbot der Choreographie an. Auch wenn dieser Verein in einer Stellungnahme eine abgeänderte Version genehmigen würde, kommt dies in Anbetracht der Kurzfristigkeit einem Verbot gleich. Da es hinlänglich bekannt ist, dass die Nürnberger Fanszene seit Jahren keine Pyrotechnik einsetzt, ist diese Entscheidung in keinster Weise nachzuvollziehen und erscheint als eine Art Strafaktion.

Die Rot-Schwarze Hilfe wird ihrer Pflicht nachgehen und prüfen, inwieweit eine Klage gegen diese Allgemeinverfügung sinnvoll ist.

Update:

Pressemitteilung der Stadt Fürth ist mit Verfügung nicht vereinbar – offenbar eilige Rückruderaktion

In der heute eiligst verfassten Pressemitteilung der Stadt Fürth heißt es:

„Als Bestandteil der Gewaltpräventionsmaßnahmen hat die Stadt Fürth nach 2009 deshalb erneut eine sicherheitsrechtliche Allgemeinverfügung erlassen, die sich selbstverständlich nur an diejenigen Fans des 1. FCN richtet, die sich nicht für ein friedliches Fußballspiel interessieren, sondern die Konfrontation suchen. Alle anderen Clubfans dürfen sich frei und ungehindert in Fürth bewegen und sind herzlich willkommen.“

Diese Aussage ist nicht nur widersinnig, da weder die Stadt Fürth noch die Polizei am Aussehen festmachen kann, welches Interesse eine Person hat.

Insbesondere ist die Darstellung mit dem Wortlaut des Bescheids nicht vereinbar. Denn ausreichend, um gegen die Verfügung zu verstoßen, ist es nach dem Tenor des Bescheids, dass sich Glubb-Fans aller Art in der Fürther Innenstadt aufhalten und deshalb- durch die Polizei - befürchtet werden muss, dass sich diese umgehend mit anderen Gruppen zusammenschließen und daraus resultierend exzessive Verhaltensweisen, Aggressionen oder gewalttätige Auseinandersetzungen begehen.

Mit anderen Worten: Jeder, der die Sperrzone betrifft, muss befürchten, dass ein Polizeibeamter diese Voraussetzung bejaht. Die Gewahrsamszelle droht und dadurch auch ein bundesweites Stadionverbot, sowie einen Eintrag in die Datei Gewalttäter Sport.

Offenkundig will die Stadt Fürth jetzt in der Öffentlichkeit zurückrudern. Die Allgemeinverfügung selbst, die der Rot-Schwarzen Hilfe auch mit Begründung vorliegt, spricht eine andere Sprache.

Dort wird die Allgemeinverfügung gerade ausdrücklich damit begründet, dass jeder Glubb-Fan ein Gefährdungsrisiko darstellt. Denn – so die Verfügung –

„Bei derartigen Spielen ist damit zu rechnen, dass aufgrund

> der ausgelassenen Stimmung und verstärktem Alkoholkonsum,

> der Anzahl vieler Personen auf engem Raum („Solidarisierungseffekte") und

> der Anwesenheit rivalisierender, z. T. feindschaftlich gesinnter Fangruppen,

die Hemmschwelle zur Gewaltanwendung gegenüber Dritten stark sinkt.“

Eine Einschränkung für „unfriedliche“ Fans ist nicht enthalten.

In der Begründung heißt es zudem ausdrücklich:

„Insoweit wird natürlich nicht verkannt, dass es sich bei den gewaltbereiten Anhän­gern des 1. FC Nürnberg, verglichen mit den übrigen Anhängern des Vereins, um eine, wenn auch zahlenmäßig nicht geringe, Minderheit handelt. Diese Minderheit sucht jedoch die Nähe nicht gewaltbereiter Anhänger, um aus der Menge heraus Gewalt- und Aggressionsdelikte zu begehen und anschließend sich wieder in eine „sichere Deckung" zu begeben.“

Mit anderen Worten, ist allen das Betreten der Stadt verboten.

Dies wird auch deutlich aus der Formulierung:

Die Grenzen des Betretungsverbotes umschließen […] den Bereich der Fürther Innenstadt, in dem zu erwarten ist, dass so­wohl Gästefans als auch Fürther Fans nach Spielende feiern werden, so dass es dort mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Aufeinandertreffen gegnerischer Fans kommen wird. Der Innenstadtbereich, insbesondere die Gustavstraße, Waagplatz und Waagstraße hat durch die Aufstiegsfeierlichkeiten der SpVgg Fürth überregionale Bedeutung als „Feiermeile" erlangt und die dortigen Gaststätten sind bei heimischen Fans jedoch auch auswärtigen Fans als Treffpunkt sowohl vor als auch nach den Spielen sehr beliebt.

Es geht also um normal feiernde Fans. Die Pressemitteilung ist eindeutig nachgeschoben und mit der Bescheidbegründung nicht in Einklang zu bringen.

Wenn die Stadt Fürth ihre Verfügung anders meint, dann muss sie sie zurücknehmen. Erreicht hat die Stadt Fürth Willkür und Rechtsunsicherheit.

Fanfotos 1. FC Nürnberg




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