08.03.2016 - Dynamo Dresden

Verfahren gegen drei Dynamo Fans eingestellt


Drei Dynamo Dresden Fans standen vor Gericht, weil ihnen vorgeworfen wurde, beim Gastspiel in Chemnitz am 04. April 2015 Polizisten verletzt zu haben und bei den anschließenden Festnahmen Widerstand geleistet zu haben Nun wurden die Verfahren gegen die Dynamo Fans eingestellt.

Die Schwarz-Gelbe Hilfe, die die Gerichtsverhandlung beobachtete wirft den Polizisten, die als Zeugen aussagten, unrechtmäßiges Vorgehen während und nach des Prozesses vor. (Faszination Fankurve, 08.03.2016)

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Schwarz-Gelbe Hilfe:

Vorwürfe nach siebenstündiger Verhandlung fallen gelassen
Anfang Februar mussten sich mit Stefan*, Peter* und Uwe* gleich drei Dynamofans vor dem Chemnitzer Amtsgericht verantworten. Im Nachgang des Gastspiels der SG Dynamo Dresden in Chemnitz (04.04.15) sollen diese einen Polizisten verletzt und während der Festnahme Widerstand geleistet haben. So weit nichts außergewöhnliches am Rande eines Fußballspiels, doch schon im Vorfeld wurde die Sache skurril. Einer der Beschuldigten erhielt schon nach wenigen Wochen einen anwaltlich verfassten Brief, in dem ein Polizist einen zivilrechtlichen Anspruch auf Schmerzensgeld erhob. Nach Rücksprache mit der rechtlichen Vertretung des Beschuldigten wurde dieser Brief ignoriert, da die strafrechtliche Schuld noch nicht gerichtlich erwiesen wurde. Woher der Anwalt des Polizeibeamten die Daten des Betroffenen bekam, sollte sich erst vor Gericht klären.
Die Staatsanwaltschaft Chemnitz erhob nun Anklage gegen Stefan, Peter und Uwe. Doch schon nach wenigen Minuten musste die Verhandlung unterbrochen werden. Grund war ein Befangenheitsantrag gegen den Vorsitzenden Richter durch einen Anwalt der Verteidigung. Grund dafür: Der Richter hatte es als nicht notwendig erachtet, einen der Angeklagten im Vorfeld zu belehren, dass er zu seinen Einkünften keine Angaben machen müsste. Dies hätte zur Folge gehabt, dass der Richter nicht mehr an dem Verfahren hätte teilhaben dürfen. Die durch den Richter verbreitete angespannte Stimmung im Sitzungssaal, schien sich deutlich mit der Ablehnung des Befangenheitsantrags zu lösen. Die Hauptverhandlung konnte nun mit der Verlesung der Anklageschrift fortgesetzt werden, alle drei Beschuldigten machen von ihrem Aussageverweigerungsrecht vor Gericht gebrauch.
Als Zeugen wurden insgesamt drei Polizeibeamte geladen. Der erste Zeuge machte Angaben über seine beschädigte Ausrüstung im Bereich der Knieschoner, welche Verletzungen am Körper des Beamten hervorgerufen haben sollen. Diese Verletzungen wurden mit Fotos belegt. Den behandelten Arzt entband der Beamte allerdings nicht von seiner Schweigepflicht, womit die Aussage über die Verletzungen unglaubhaft wirkte. Auch konnte der Zeuge keinen der drei Tatverdächtigen eindeutig benennen. Die Verteidigung setzte die Befragung fort. Es folgten Fragen über den Tathergang und den anschließenden Polizeibericht. Dabei kam heraus, dass der Zeuge den Polizeibericht selbst geschrieben hatte, sich aber vor Gericht nicht mehr erinnern konnte, in welchem zeitlichen Abstand zur Tat. Auch konnte sich der Beamte nicht erinnern, woher seine anwaltliche Vertretung die Daten des Beschuldigten für die zivilrechtlichen Ansprüche auf Schmerzensgeld hatte, da in der Prozessakte kein Vermerk auf Akteneinsicht durch seinen Anwalt vorlag. Der Verdacht, eine unlautere Weitergabe der Daten durch den Beamten, der gleichzeitig Opfer und Berichtverfasser war, liegt nahe. Auf Nachfrage der Verteidigung, ob es im Vorfeld eine Absprache der Zeugenaussagen durch die beteiligten Polizeibeamten gegeben hätte, verneinte der Beamte. Zwei durch die Verteidigung vorgelegte vollständig identische Aussagen durch die Beamten, widerlegte die verneinende Aussage des Zeugen. Nach ca. 90 Minuten endete die Befragung des ersten Zeugen. Der zweite Polizeibeamte schilderte nun erneut den Hergang am Zugang zum VIP-Bereich des Stadions, wo die Tat stattgefunden haben soll. Auch dieser Zeuge konnte keinen der Beschuldigten eindeutig vor Gericht wiedererkennen. Auch der dritte geladene Polizeibeamte konnte sich kaum an den Tathergang erinnern, nur ein Tritt sei ihm in Erinnerung geblieben.
Während einer Prozesspause zogen sich der Vorsitzende Richter, die Staatsanwaltschaft und die Verteidigung zu beratenden Gesprächen zurück. Alle drei Parteien erkannten die Widersprüche und Unregelmäßigkeiten in der Aufnahme der Tat durch die Polizeibeamten. Ein Freispruch für alle drei Beschuldigten war in diesem Fall nicht möglich, da noch eine Widerstandshandlung gegen die Vollstreckungsbeamten im Raum stand. Nach der Verhandlungspause stellte die Staatsanwaltschaft Chemnitz nach einer siebenstündigen Hauptverhandlung einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens nach §153a StPO – also eine Einstellung auf Grund von Geringfügigkeit. Während sich die anwesende Verteidigung und die Tatbeschuldigten Stefan, Peter und Uwe insgesamt mit diesem Urteil zufrieden zeigten, belagerten die als Zeugen geladenen Polizeibeamten nach Prozessende den Vorsitzenden Richter außerhalb des Gerichtssaals.
Auch die Schwarz-Gelbe Hilfe e.V. ist mit dem Ausgang der Verhandlung zufrieden und beteiligte sich im Nachgang an den Anwaltskosten der Beschuldigten. Erneut zeigte sich das unrechtmäßige Vorgehen von Polizeibeamten während eines Strafprozesses. Absprachen in Zeugenaussagen und die unrechtmäßige Weitergabe von personenbezogenen Daten dienen eben nicht der rechtsstaatlichen Verfolgung von Straftätern und dem demokratischen Staatsprinzip der Gewaltenteilung.
Eure Schwarz-Gelbe Hilfe e.V.
*Namen durch die SGH geändert

Fanfotos Dynamo Dresden




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