08.12.2006 - FC St. Pauli

Verhärtete Fronten nach Sturm auf Fanladen


Auch noch drei Wochen nach dem Regionalliga-Spiel des FC St. Pauli gegen Rot-Weiß Erfurt am 17. November schlägt der überzogene Polizeieinsatz im Anschluss an die Begegnung hohe Wellen.

Seinerzeit war es im Rahmen des traditionellen von Ultrá St. Pauli (USP) organisierten Marsches der Fans vom Stadion zum Fanladen zu einer gewalttätigen Konfrontation zwischen Fans und Polizei gekommen, bei denen Polizeibeamte mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen Fans vorgingen. Negativer Höhepunkt des Abends war ein Übergriff von 15 bis 20 Polizeibeamten auf den Fanladen des Fanprojekts St. Pauli, deren Mitarbeiter und Gäste zur Herausgabe ihrer Personalien gezwungen und fotografiert wurden.

Die Fanszene und die Mitarbeiter des Fanladens, der sich als sozialpädagogische Einrichtung und Begegnungsstätte betrachtet, sieht die Eskalation nach dem Erfurt-Spiel als Gipfel der einer polizeitaktischen Entwicklung, die zuletzt von immer stärker werdender Repression und Aggressivität im Einsatzverhalten der Polizei gegenüber den Fans geprägt war. Im Zuge dessen war zu beobachten, dass sich mit der zunehmenden Unverhältnismäßigkeit der Polizeibegleitung auch gewalttätige Vorfälle häuften, so Daniela Wurbs, eine Mitarbeiterin des Fanladens.

Seitens der Polizei gibt es seit den Vorfällen kein offizielles Statement, sie reagierte auch nicht auf ein Schreiben des Fanladens, der sich danach an die Öffentlichkeit wandte und erklärte, seine Teilnahme an den regelmäßigen Sicherheitssitzungen mit Verein und Polizei vorerst auszusetzen, da aufgrund des Einsatzes die Grundlage für eine weitere Kooperation derzeit nicht gegeben sein.

Dennoch realisierte Wurbs eine Veränderung im Vorgehen der Polizei im darauf folgenden Heimspiel gegen den 1. FC Magdeburg: „Sie fuhren eine differenziertere Strategie als zuletzt. Es kam nicht zur Kollektivkriminalisierung der kompletten Szene. Die Polizei hielt sich generell mehr zurück. Die Magdeburger dagegen wurden enger begleitet, sie sind auch mit einigem Problempotenzial angereist.“ Generell erwartet Wurbs ein Umdenken in der Sicherheitsstrategie der Polizei, mahnt aber auch die Kooperationwilligkeit beider Seiten, insbesondere der Polizei an.

Für viel Wirbel sorgte auch die Tatsache, dass sich der FC St. Pauli dass der Verein sich nicht öffentlich für den Fanladen und gegen die Polizeiaktion positioniert hat. Viele Fans hatten sich mehr Rückendeckung von Vereinsseite erhofft. In einem offenen Brief an das Präsidium kritisierten Roger Hasenbein und Tanja Paul stellvertretend für den Sprecherrat der organisierten Fanclubs des FC St. Pauli das Verhalten der Vereinsspitze. Enttäuscht sei man, dass der Verein nicht dazu bereit sei, dem Fanladen seine Solidarität auszusprechen und den Polizeiüberfall zu verurteilen.

Daniela Wurbs zeigt für die Haltung des FC St. Pauli allerdings auch ein gewisses Maß an Verständnis: „Der Verein sieht sich in einer neutralen Situation. Er war an dem Abend nicht dabei. Es gibt nun mal die Version der Polizei und unsere Version, von daher sagen die Vereinsvertreter auch, dass sie sich nicht positionieren können. Wir haben den Clubverantwortlichen jedoch auch deutlich machen können, dass eine breite Basis auf der einen, die Polizei auf der anderen Seite, das Konfliktpotenzial erhöht und es zu Gewaltakten kommen wird.“ Aus diesem Grund hat der FC St. Pauli angekündigt, einen runden Tisch zu organisieren, an dem Fanvertreter und Polizei zu einem Konsens kommen sollen. Geht es nach dem Fanladen, sollte dieses Treffen so bald als möglich stattfinden, um eine weitere Eskalation zu vermeiden. (Faszination Fankurve, 8.12.06)

Links zum Thema:

Offizielle Seite des Fanladens St. Pauli mit Erklärung zu den Vorfällen

Seite von Ultrá St. Pauli mit Stellungsnahme

Fanfotos FC St. Pauli




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