07.12.2012 - SC Paderborn 07

„Verteilen von 10.000 Informationsflyern verboten"


Faszination Fankurve sprach mit Fontes Baderae über die von ihnen gemeinsam mit Fans von Hertha BSC organisierte Demonstration, die morgen in Paderborn stattfindet. Im Interview erzählen die Fontes Baderae welche Steine ihnen in den Weg gelegt wurden und dass das Papier vom SC Paderborn abgesegnet wird.

Faszination Fankurve: In eurer Stadt soll am 08. Dezember 2012 eine von euch organisierte Fandemonstration stattfinden. Gegen was möchtet ihr demonstriere
Fontes Baderae: Wir möchten dafür demonstrieren, dass in Deutschland die Fankultur erhalten bleibt. Die letzten Wochen waren medial wohl für jeden Fußballfan ein Spießroutenlauf. Immer wieder wird von Horrorszenarien, „sogenannten Fans“ und hochgespielten Bürgerkriegszuständen berichtet. Sicherlich nichts Neues, ist die Berichterstattung in Deutschland über Fußballfans schon lange nicht mehr das Gelbe vom Ei. Leider fühlten sich die Verbände und Sicherheitsorgane mittlerweile soweit in die Enge getrieben, dass sich die Politik nun dafür verantwortlich sieht. Den Impuls für die bundesweite Kampagne "Ohne Stimme - Keine Stimmung" gab dann schlussendlich das von der DFL herausgebrachte Konzeptpapier "sicheres Stadionerlebnis". Während ein Teil der Kampagne bereits in der Aufklärungsarbeit und dem Schweigen der ersten 12 Minuten und 12 Sekunden bestand, wird es bundesweit am Wochenende Demonstrationen in einigen Städten Deutschlands geben.
In unseren Augen wird die Illusion der „neuen Sicherheit“ als Deckmantel für neue Repression und Willkür genutzt, um die schwammigen Formulierungen und ausweichenden Äußerungen der DFL zu vertuschen.

Faszination Fankurve: Wie seid ihr auf die Idee der Aktionsform Demonstration gekommen und wie gestaltet sich die Planung und Organisation bisher?
Fontes Baderae: Erste Vorschläge zu einer Demonstration gab es bereits auf der Ultras-Konferenz am 01. November in Berlin von verschiedenen Szenen und das wurde daraufhin auch bei uns intern thematisiert. So richtig ins Rollen kam das Ganze aber erst durch die Anfrage der Fans von Hertha BSC, die auf uns zukamen und eine gemeinsame Demonstration vorschlugen.
Für uns als kleine Szene war vieles noch Neuland, die Presse- und Aufklärungsarbeit für so eine Demo waren Sachen, die es in der Form bei uns noch nicht gegeben hatte. Sicherlich wird es im Nachhinein einiges geben, was man hätte besser machen können, trotzdem sind wir guter Dinge, dass dieser Tag ein Erfolg wird.

Faszination Fankurve: Welche anderen Protestformen werden ihr in den nächsten Wochen vor dem 12. Dezember nutzen, um euren Unmut zu verdeutlichen? Beteiligt ihr euch am stillen Protest zu Beginn der kommenden Spieltage?
Fontes Baderae: Auch in Paderborn wurde und wird sich am stillen Protest beteiligt. Bei dem Spiel gegen 1860 konnte der Kontrast kaum aufgezeigt werden, da uns die englische Woche noch weniger Auswärtsfahrer bescherte als bei anderen Auswärtsspielen. Das darauf folgende Heimspiel gegen den MSV Duisburg klappte wider Erwarten gut und das ganze Stadion zog an einem Strang. Auch der „Selbstreinigungsprozess“ auf den Tribünen gegen vermeintliche Störer klappte besser als erwartet. Abgerundet wurde das ganze durch diverse Spruchbänder in den letzten Wochen.

Faszination Fankurve: Sind die Fans anderer Vereine auf eurer Demonstration willkommen oder sogar in die Organisation eingebunden?
Fontes Baderae: Da die Hertha Fanszene von Anfang an in die Planung der Demo mit eingebunden wurde, erübrigt sich diese Frage. Die Demo wurde von uns angemeldet, die Gestaltung der Demomaterialien ist jeder Fangruppe selbst überlassen.

Faszination Fankurve: Inwiefern habt ihr versucht auf euren eigenen Verein einzuwirken, der ebenfalls ein Stimme auf der DFL-Versammlung am 12. Dezember besitzt?
Fontes Baderae: Es gab Gespräche mit den Vereinsoffiziellen, sowie mit den Vertretern der Fanclubs. Diese fanden aber erst nach der Abgabe der ersten Stellungnahme bei der DFL statt, so dass wir kein direktes Mitspracherecht an der Stellungnahme des Vereins hatten. Erst bei der offiziellen Einladung zu den oben genannten Treffen wurde die Stellungnahme vorgelegt.
Dabei stellte sich heraus, dass unser Verein - zur großen Überraschung für uns - das Konzept nicht im vollen Umfang mittragen würde. Schnell stellte sich aber heraus, dass einige Punkte des Papiers wegen der anfallenden Kosten abgelehnt wurden. Auch wurde uns auch wenige Tage vor dem Dresden Heimspiel das Verteilen von 10.000 Informationsflyern der 12:12 Kampagne im Stadion verboten, welche wir dann kurzerhand außerhalb des Stadions verteilen mussten. Grund dafür war die Kritik im Flyer am Sicherheitspapier der DFL. Auf der Jahreshauptversammlung am Montag hingegen erwähnte der Vizepräsident, dass „dem Papier zugestimmt wird“. Weitere Fanstimmen seit den beiden Überarbeitungen des Papiers wurden von Vereinsseite nicht eingefangen.

Faszination Fankurve: Welche Entscheidung wünscht ihr euch für den 12. Dezember 2012 von den DFL-Mitgliedern und welche haltet ihr für realistisch?
Fontes Baderae: Realistisch gesehen, wird an diesem Tag etwas verabschiedet, um die Gemüter der Politik zu beruhigen. In welchem Ausmaß das sein wird können wir schwer einschätzen, gehen aber davon aus, dass es einige Einschnitte in die Fankultur geben wird. Die einzige Hoffnung ist, so wurde es uns jedenfalls vom Verein vermittelt, dass scheinbar das Papier nicht als Ganzes durchgezogen wird, sondern das die einzelnen Anträge einzeln abgestimmt werden.
Durch die gemeinsame Arbeit der verschiedenen und auch unterschiedlichen Fanszenen in Deutschland im Rahmen der 12:12 Aktion hat Fußballdeutschland bewiesen, dass die Fans dialogbereit sind und mehr darstellen als marodierende Horden.
Deutschlands Stadien sind sicher und alle wichtigen Verhaltensregeln sind bereits seit Jahren in allen Stadionordnungen verankert.

Faszination Fankurve: Wie geht es nach dem 12. Dezember weiter?
Fontes Baderae: Prognosen sind in diesem Fall schwierig. Durch die Überarbeitungen des Papiers wurden einige Punkte zwar gestrichen, aber andere soweit verweichlicht, dass es Spielraum für irgendwie alles gibt. Aus diesem Grund fürchten wir, dass auch einige Vereine weich werden und dem Papier eher zustimmen werden. Die Hoffnung, dass einzelne einschneidende Paragraphen (z.B. §8 mit den nicht vollständig ausgeschlossenen Vollkontrollen) abgelehnt werden, bleibt. (Faszination Fankurve, 07.12.2012)






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