12.10.2017 - BSG Chemie Leipzig

Anwälte, Ärzte & Journalisten wurden mit abgehört


Von den Abhörmaßnahmen im Zusammenhang mit den mittlerweile eingestellten Ermittlungen gegen Personen aus Fanszene der BSG Chemie Leipzig wegen angeblicher Bildung einer kriminellen Vereinigung sind mehr sogenannte Berufsgeheimnisträger betroffen als bislang bekannt.

Anders als von der Staatsanwaltschaft Dresden im August 2017 gegenüber dem Sächsischen Landtag erklärt, sind nach neuesten Erkenntnissen mindestens neun Journalisten, zehn Rechtsanwälte und drei Ärzte von den Überwachungsmaßnahmen betroffen. Das geht aus der Antwort des sächsischen Justizministeriums auf eine Kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Valentin Lippmann hervor.


Insgesamt sollen im Rahmen der Ermittlungen mehr als 360 Anrufe und SMS abgehört und mitgelesen worden sein, die die damaligen Beschuldigten aus der Fanszene mit Journalisten, Rechtsanwälten oder auch ihren Ärzten geführt haben. Im August 2017 war noch von sieben Journalisten und acht Rechtsanwälten die Rede.

Valentin Lippmann, innenpolitischer Sprecher der sächsischen Grünen, kritisiert die „Salamitaktik“, bei der erst nach und nach zum Vorschein kommt, dass mehr Journalisten, Rechtsanwälte und Ärzte betroffen waren: „Es geht hier eben nicht nur, wie von der Staatsanwaltschaft behauptet, um einen kleinen Beifang. Es wurde eine Vielzahl von Gesprächen mit Berufsgeheimnisträgern abgehört und somit umfassend und ohne Skrupel in Grundrechte eingegriffen. Für mich stellt sich hier die Frage nach den Prioritäten der Sicherheitsbehörden. Über Jahre hinweg gab es offenbar enorme Ressourcen, um die linke Szene auszukundschaften – obwohl man bekanntlich ganz andere Probleme im Freistaat hat.“ Die Überwachungen der Chemie Leipzig Fans und ihres Umfeldes sollen von Oktober 2013 bis November 2016 angedauert haben. Erkenntnisse, die auf die Bildung einer kriminellen Vereinigung hindeuteten, sollen bei den Überwachungsmaßnahmen nicht zum Vorschein gekommen sein. Der personelle Aufwand während der Überwachung soll jedoch immens gewesen sein. Von den direkten Abhörmaßnahmen waren zudem nicht nur Chemie-Fans, sondern auch ein Fanprojektler betroffen (Faszination Fankurve berichtete).

Laut Angaben des sächsischen Justizministeriums wurden u.a. die Gespräche von BSG Chemie Leipzig Fans mit Journalisten der Leipziger Volkszeitung, der Leipziger Internetzeitung, vom Spiegel, der Bild und weiteren Journalisten mit abgehört. (Faszination Fankurve, 12.10.2017)

Fanfotos BSG Chemie Leipzig




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