21.01.2021 - BSG Chemie Leipzig

„Verfahrenskosten trägt die Staatskasse“


Im Nachgang des Derbys zwischen dem 1. FC Lokomotive Leipzig und der BSG Chemie Leipzig wurde mehreren Chemie-Fans vorgeworfen, sich vermummt zu haben, während im Gästebereich Pyrotechnik gezündet wurde. Das Oberlandesgericht Dresden entschied nun zu Gunsten der Chemie-Fans.

Die Chemie-Fans hätten am 22. November 2017 gar nicht die Absicht gehabt ihre Identität zu verschleiern. Vielmehr soll die kurzzeitige Vermummung als Schutz vor der Rauchentwicklung gedient haben. Am 15. Januar 2021 hat das Oberlandesgericht Dresden in einer Revisionsverhandlung mehrere Urteile des Leipziger Landgerichts bestätigt und damit ebenfalls den Chemie Leipzig-Fans recht gegeben. Die Chemie-Fans sind demnach freizusprechen und die Verfahrenskosten, die mehrere zehntausende Euro betragen sollen, muss die Staatskasse zahlen.


„Das Oberlandgericht Dresden hat heute Vormittag in einer Revisionsverhandlung mehrere Urteile des Leipziger Landgerichts bestätigt, wonach Chemiefans, gegen die nach dem Derby 2017 in Probstheida ermittelt wurde, freizusprechen sind. Laut Anklage der Leipziger Staatsanwaltschaftwurde den Fans vorgeworfen, gegen das Vermummungsverbot (§§ 17,2 SächsVersG) verstoßen zu haben. Zum Hintergrund: im November 2017 wurde beim Leipziger Derby im Bruno-Plache-Stadion mehrmals Pyrotechnik im Gästeblock gezündet. Um sich vor der Rauchentwicklung zu schützen, hatten die Angeklagten für wenige Minuten mittels Schals ihren Mund und ihre Nase bedeckt. Für die ermittelnde Staatsanwaltschaft war dies Beweis genug, dass die Fans ihre Identität verbergen wollten und stellte daraufhin Strafanträge. Das OLG hat nun heute die Freisprüche, die bereits das Leipziger Landgericht geurteilt hatte bestätigt. Die Revision der Staatsanwaltschaft wurde als unbegründet abgewiesen: 'Es seien keine Rechtsfehler erkennbar und der Tatbestand der Vermummung werdenicht erfüllt', so das Gericht. Hintergrund ist vor allem die juristische Lesart des § 17 des Versammlungsgesetzes. Danach ist nur dann von einer Vermummung auszugehen, wenn die Vermummung 'darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern'. Dies war inden angezeigten Fällen offensichtlichen nicht der Fall –vielmehr diente das kurzeitige Hochziehen des Schals dem Schutz der Gesundheit. Miriam Feldmann, Sprecherin des RHK dazu: 'Wir freuen uns sehr über den Ausgang der Verhandlung. Das Landgericht und das Oberlandgericht haben juristisch sauber argumentiert, warum die Fans von den Tatvorwürfen freizusprechen sind. Problematisch erscheint uns nach wie vor das Vorgehen der Leipziger Polizei und Staatsanwaltschaft. Beide Institutionen wollten auf Teufel komm raus, dass Verurteilungen stattfinden. Entlastende Momente wurden während des Verfahren unter den Tisch gekehrt. Wir prüfen derzeit mit unseren RechtsanwältInnen, ob möglicherweise Rechtsbeugung vorliegt.' Mit der Ablehnung der Revision endet eine jahrelange und mehr-instanzliche Odyssee der beschuldigten Fans. Die Verfahrenskosten, die in die Zehntausende gehen dürften, trägt die Staatskasse“, blickt das Rechtshilfekollektiv, das Chemie Leipzig-Fans bei Problemen mit der Polizei oder Justiz unterstützt, in einer Pressemitteilung auf die gerichtlichen Entscheidungen zurück. (Faszination Fankurve, 21.01.2021)

Fanfotos BSG Chemie Leipzig




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