28.03.2017 - AG Fananwälte

Anwälte gegen Sonderstrafrecht beim Fußball


Auf dem 41. Kongress von Strafverteidigerinnen und Strafverteidigern, der am vergangenen Wochenende in Bremen tagte, setzte sich erstmals eine Arbeitsgruppe „Verteidigung nach dem Schlusspfiff – Sonderstrafrecht für Fußballfans?“ zusammen, die gemeinsame Forderungen veröffentlichte.

Die beteiligten Anwälte stellten fest, dass bei Verhandlungen im Fußballzusammenhang Elemente eines Sonderstrafrechts zu finden seien, wogegen sich die Arbeitsgruppe positioniert.

Wie die Arbeitsgemeinschaft der Fananwälte nun öffentlich machte, stellte die Arbeitsgruppe des Strafverteidigertags folgende Forderungen auf:

Es muss eine Selbstverständlichkeit werden, dass der Verteidigung vollständiges und unbearbeitetes Videomaterial zum Zwecke der Verteidigung ausgehändigt wird.

Auch bei Verfahren im Zusammenhang mit Fußball ist den Polizeibeamten kein zeugenschaftlicher Sonderstatus einzuräumen. Sie sind wie jeder andere Zeuge zu vernehmen. Die Vernehmung kann nicht durch dienstliche Äußerungen ersetzt werden.

Für Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter ist ein Zeugnisverweigerungsrecht einzuführen. Dieses könnte schon jetzt aus dem Sozialdatenschutz und dem Kinder- und Jugendhilfegesetz abgeleitet werden. Nur so ist eine auf Vertrauen basierende Zusammenarbeit zwischen Fans und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Fanprojekten möglich.

Die vielfältigen Datensammlungen (Datei Gewalttäter Sport, Arbeitsdateien szenekundiger Beamte) sind nicht transparent. Sollte ihre Abschaffung nicht erreicht werden können, obwohl die Arbeitsgruppe dies fordert, ist Betroffenen von Amts wegen Auskunft über deren Inhalt zu erteilen, schon um offenkundige Fehleintragungen zu korrigieren (»Bremer Modell«).

Entgegenzutreten ist auch der Herabsetzung polizeilicher Eingriffsschwellen im Gefahrenabwehrrecht (Gewahrsamnahme/Einkesselung). Gleiches gilt im Strafrecht: Hier ist die extensive Auslegung von Tatbestandsmerkmalen abzulehnen, z.B. beim Landfriedensbruch nach dem Motto "mitgefangen – mitgehangen".

Der Fußball darf kein Experimentierfeld für symbolische Kriminalpolitik sein; elektronische Fußfesseln für Fußballfans lehnen wir ab. Zudem ist eine wirksame Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte zu fordern, die diesen Namen auch verdient (Kennzeichnung vorne und hinten). (Faszination Fankurve, 28.03.2017)






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