17.07.2018 - AG Fananwälte

Fananwälte fordern Abschaffung von Datei „Gewalttäter Sport“


Die Arbeitsgemeinschaft der Fananwälte fordert die Abschaffung der sogenannten Datei „Gewalttäter Sport“, da etwa der Hälfte der Personen, die in die Datei eingetragen sind, die Ausübung von Gewalt gegen Personen noch nicht einmal vorgeworfen wurde.

Die Bundesregierung erklärte zuletzt in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage von FDP-Politikern, dass in der bundesweiten Datei „Gewalttäter Sport“ insgesamt 10.353 Personen eingetragen sind. Daten von 37 dieser Personen wurden im Zuge der Weltmeisterschaft in Russland an russische Behörden geschickt (Faszination Fankurve berichtete).

Die Arbeitsgemeinschaft der Fananwälte kritisiert, dass in der deutschen Datei gespeicherte Fans in Russland trotz gültiger Eintrittskarten nicht ins Stadion gelassen wurden. Die Fananwälte fordern, dass Fans, die in der Datei gespeichert sind, darüber informiert werden. Bisher werden betroffene Fans, deren Personalien im Rahmen einen Fußballspiels aufgenommen wurde, nicht darüber informiert, falls sie in der von der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze geführten Datei gespeichert werden. (Faszination Fankurve, 17.07.2018)


Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Arbeitsgemeinschaft der Fananwälte zum Thema:

Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte sieht sich aufgrund der Antworten in ihrer schon seit Jahren geäußerten Kritik an dieser polizeilichen Datenbank bestätigt.

Rechtsanwältin Waltraut Verleih, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte, erklärt zu der Veröffentlichung: „Entgegen aller Verlautbarungen ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung, dass in einer hohen Anzahl Vorkommnisse eingetragen sind, die nicht im Entferntesten mit der Ausübung von Gewalt zu tun haben. Laut Antwort der Bundesregierung entfallen allein 2.898 Eintragungen in der Datei Gewalttäter Sport - das sind etwa 28 % - auf Personen, die lediglich von präventivpolizeilichen Maßnahmen (Personalienfeststellung, Platzverweis und Ingewahrsamnahme) betroffen waren, gegen die also noch nicht einmal ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden war, geschweige denn jemals eine Verurteilung erfolgte. Hinzu kommen weitere 2.168 Personen, gegen die lediglich wegen Beleidigung, Pyrotechnik oder Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz (in der Regel Vermummungsverbot) ermittelt wurde. Rund die Hälfte der Eintragungen in der sog. „Datei Gewalttäter Sport“ betrifft mithin Personen, denen die Ausübung von Gewalt gegen Personen noch nicht einmal vorgeworfen wurde.“.

„Hinzu kommt, dass häufig keine Berichtigung falscher Eintragungen erfolgt. Da Betroffene mit Ausnahme von Bremen und Rheinland-Pfalz von Amts wegen auch keine Mitteilung über eine Speicherung ihrer Daten erhalten, haben sie auch keine Möglichkeit, sich gegen falsche Eintragungen zu wehren“, so Rechtsanwältin Angela Furmaniak, ebenfalls Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte.

Die Auswirkungen auf die Betroffenen sind erheblich: Auf der Grundlage von Eintragungen in dieser Datei können weitergehende polizeiliche Maßnahmen wie Ausreiseverbote, Meldeauflagen oder Gefährderansprachen erfolgen. Anlässlich der Fußballweltmeisterschaft in Russland wurde bekannt, dass die russischen Behörden offensichtlich aufgrund von Informationen der deutschen Sicherheitsbehörden mehreren Personen die Einreise nach Russland verweigert oder ihnen die Fan-ID entzogen haben, sie also trotz gültiger Eintrittskarte nicht ins Stadion gelassen wurden. Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte fordert daher erneut, dass alle Personen, die in der Datei gespeichert sind umgehend darüber informiert werden, damit sie sich dagegen rechtlich wehren können. Aufgrund der erheblichen rechtlichen Bedenken fordert die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte, die Datei in der bestehenden Form abzuschaffen.

Arbeitsgemeinschaft Fananwälte
17. Juli 2018






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