01.12.2004 - Borussia Mönchengladbach

Der leicht entflammbare Joker


Die Absage kam um 12:30 Uhr – cirka drei Stunden vor dem Anpfiff. Die Papptafeln im Oberrang waren bereits ausgelegt, als der Leiter Stadionbetrieb des Borussia-Parks, Bernhard Niessen, entschied, dass die Fans von Borussia Mönchengladbach wegen Brennbarkeit der Materialien ihre zum Spiel gegen Bayern München geplante Choreografie nicht würden durchführen können. Im Block 16, so der Plan, sollten zwei große Blockfahnen mit Kartenspiel-Motiven und Banderolen ausgebreitet werden. Dazu sollte auf dem Oberrang ein Spruchband das Motto ausgeben: „Unser Joker gegen die Übermacht!“

Stefan van Edig von den Ultras Mönchengladbach ist enttäuscht darüber, dass die Aktion nicht wie gewünscht stattfinden konnte: „Wir werden die Sachen nicht noch mal zu einem anderen Zeitpunkt einsetzen können. Die Aussage funktioniert eigentlich nur gegen Bayern München.“ Ein Teil der Kosten von rund 1.800 Euro waren so in den Sand gesetzt, denn die im Oberrang bereits verteilten Papptafeln wurden nicht wieder eingesammelt. Hierzu fehlten, da sich der Frust breit machte, die Motivation und der Wille: „Wir haben festgelegt, dass die Papptafeln im Oberrang liegen blieben,“ so van Edig zu der „halben“ Choreo, „aber das ebenfalls brennbare Spruchband an der Brüstung des Oberranges hing nur kurz und sollte schon gegen 14 Uhr eingerollt werden. Glücklicherweise hat irgendein Bayern-Fan das fotografiert, so bleibt wenigstens das als einzige Erinnerung an die Aktion.“

Thomas „Tower“ Weinmann steht als Fanbeauftragter des Vereins „wie immer zwischen den Stühlen und ist immer alles schuld“ und bittet dennoch um Verständnis, erklärt die Hintergründe: „Der Leiter Stadionbetrieb hat seinen Kopf in der Schlinge, wenn was passiert.“ Bereits bei drei Choreografien zuvor wurde leicht entflammbare Folie benutzt. „Die ‚Aktivisten’ wussten, dass sie diese bei der nächsten Gelegenheit nicht mehr genehmigt bekommen und haben wieder die falsche Folie benutzt. Ein wenig ist man dann also auch selbst Schuld“, erklärt Weinmann.

Er weist zudem darauf hin, dass Borussia den Fans schon zur Saisoneröffnung hunderte Meter Folie in bester Qualität geschenkt habe, diese aber seither im Borussia-Park liegen und nicht abgeholt werden. Nicht nur das: Der Verein bezahlte auch zwei teure und schwer entflammbare Unterfolien, um in Zukunft auf dieser die günstige, aber leicht entflammbare Folie nutzen zu können, doch „nach einer Choreo in der letzten Saison wurde vergessen, diese wieder mitzunehmen, sodass sie schließlich von der Müllabfuhr entsorgt werden mussten.“ Unter dem Strich sei es durch die Umstände im Vorfeld vermeidbar gewesen, die Choreografie untersagen zu müssen.

Die Einsicht bei den Fans ist in einigen Punkten gegeben. Van Edig: „Tower war auch sauer, dass die Choreo nicht geklappt hat, aber wenn die Vorgabe von Seiten des Vereins besteht, hat er seinen Job zu erfüllen.“ Weinmann zu den Hintergründen: „Die Geschäftsführung war nach unserer Intervention sogar noch bereit, ein weiteres mal ein Auge zuzudrücken, um die Mühe und die Arbeit der Jungs zu unterstützen, aber der neue Leiter Stadionbetrieb hat die Verantwortung nicht mehr übernehmen wollen, nachdem die Materialprobe, die entnommen wurde, nicht nur gebrannt, sondern auch sehr stark getropft hat.“ Weinmann hofft, dass alle Seiten das als Grund akzeptieren, auch wenn es so kurzfristig entschieden mehr als unglücklich ist.

Für die Fans bleibt die Maßnahme überzogen, es wird von „Sicherheitswahn“ gesprochen. Stefan van Edig: „Ob wir uns der Zukunft noch mal aufraffen können, vermag ich nicht zu sagen. Wir haben uns extra eine Halle organisiert, man rutscht stundenlang auf den Knien rum und dann so was. Ich gehe aber mal davon aus, wir werden auch dieses Tief überwinden.“ (Faszination Fankurve, 01.12.2004)

Fanfotos Borussia Mönchengladbach




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