24.05.2020 - Borussia Mönchengladbach

Die polarisierende Pappfiguren-Aktion der Gladbach-Fans


Vor knapp 14.000 Pappfiguren unterlag Borussia Mönchengladbach gestern im heimischen Borussia-Park mit 3:1 gegen Bayer 04 Leverkusen. Die Pappfiguren-Aktion vom FPMG Supporters Club hatte Aufmerksamkeit auch weit über die Grenzen von Deutschland erregt, aber innerhalb des eigenen Fanlagers polarisiert.

Während der FPMG Supporters Club die Pappfiguren-Aktion als ein Mahnmal gegen Geisterspiele sieht, kritisierte die Ultragruppe Sottocultura die Aktion: „Seelenlose Kicks ohne Emotionen, einzig und allein um Sky und Co. zu bespielen, haben nichts mit dem Fußball gemeinsam, für den wir stehen. Die trostlose Kulisse leerer Stadien ist genau das, was diese Spiele darstellen und verdienen. Wir halten die Pappfiguren-Aktion daher für kontraproduktiv. Den gut gemeinten, karitativen Gedanken dahinter verstehen wir, halten das Signal jedoch für falsch und empfinden die öffentliche Wahrnehmung dieser Aktion als absolut gegenteilig zu dem, was die momentane Situation darstellt. Stumme Mienen für Borussia. Gegen Geisterspiele - Pappen Mahnmal - Fußball ohne Fans ist nichts!“ (Faszination Fankurve berichtete).


In den Medien bekam die Pappfiguren-Aktion schon seit Wochen viel aufmerksam, auch aus dem Ausland. In Deutschland meldeten sich aber auch Ultragruppen an anderen Standorten indirekt kritisch zur Mönchengladbacher Pappfiguren-Aktion, in dem die eigenen Clubs aufgerufen wurden, auf solche Aktionen zu verzichten. „Lächerliche Pappaufsteller, eingespielte Fangesänge oder Pfiffe und alle weiteren hilflosen Versuche, wenigstens etwas von der gewohnten Atmosphäre in die leeren Stadien zu bringen, die bundesweit teilweise diskutiert und teilweise praktiziert werden, lehnen wir strikt ab!“, hieß es dazu beispielsweise von der Ultragruppe Harlekins Berlin im Vorfeld des Derbys von Hertha BSC gegen Union Berlin. Kieler Ultras bezeichneten Pappaufstellern im Block als „völlig indiskutabel“, die Werder-Ultras von Infamous Youth ergänzten: „Die lächerlichen Versuche, die Fans durch Pappfiguren oder „dekorative“ Werbebanner zu ersetzen, werden die gähnende Leere nicht im Ansatz füllen können.“ Von den Corrillo Ultras aus Freiburg hieß es: „Pappfiguren im Stadion aufzustellen ist bescheuert.“


Im Borussia-Park wurde die Aktion des FPMG Supporters Club mit den knapp 14.000 Pappfiguren gestern durch ein „Stumme Mienen für Borussia. Gegen Geisterspiele - Pappen Mahnmal - Fußball ohne Fans ist nichts!“-Spruchband ergänzt, wodurch die Kritik an Geisterspielen deutlich wurde.

Während die Aktion bei vielen Fans gut ankam, sonst hätten nicht 20.000 Borussia Mönchengladbach-Fans einen Pappaufsteller für 19,00 Euro bestellt, wird die Aktion vor allem in aktiven Fan- Ultraszenen kritisch gesehen. Auch wenn die Aktion vom FPMG Supporters Club mehrfach als kritisches Statement zu Geisterspielen erklärt wurde, können die Bilder der Pappfiguren im In- und Ausland auch als ein Versuch für eine möglichst positive Fernsehkulisse interpretiert werden.

Selbst vereinzelte Fans von Vereinen, wie Bayer Leverkusen, Borussia Dortmund, dem FC Schalke 04 oder sogar dem Rivalen aus Köln schenkten der Borussia vom Niederrhein 19,00 Euro und platzierten Pappaufsteller von sich im Gästeblock des Borussia-Parks.


Der Bereich der Mönchengladbacher Ultraszene blieb beim gestrigen Duell gegen Leverkusen hingegen komplett leer. Dort wurden keine Pappfiguren aufgestellt und auch kein Protestplakat aufgehängt. Die Ultras von Sottocultura hatten dies im Vorfeld bereits angekündigt und die Saison emotional für beendet erklärt. Hinter der Nordkurve hing gestern lediglich eine „Fußball ohne Fans ist nichts wert“-Botschaft auf einem Spruchband.


Beim Geisterspiel gegen Köln hatte es an gleicher Stelle noch eine Versammlung von Mönchengladbach-Fans gegeben, die dort mit der Mannschaft den Derbysieg feierten. Während diese Aktion in der öffentlichen Diskussion um Geisterspiele mehrfach als Argument für mögliche verbotene Menschenansammlungen hinter Stadien in Zeiten von Corona herangezogen wurde, kam dabei meist zu kurz, dass Versammlungen dieser Größenordnung zum Zeitpunkt des rheinischen Derbys zwischen Mönchengladbach und Köln, anders als jetzt, noch erlaubt waren. Weder in Mönchengladbach, noch an einem anderen Bundesliga-Standort kam es bisher zu verbotenen Menschenansammlungen.

Unabhängig davon, ob man die Pappfiguren-Aktion als Mahnmal gegen Geisterspiele oder als zu positive Fernsehkulisse in Zeiten von unnötigen Geisterspielen sieht, kann der soziale Hintergedanke der Aktion gelobt werden. So kamen durch die Aktion bereits 45.000 Euro zusammen, wovon 20.000 Euro an die Borussia-Stiftung, 10.000 Euro an die karitative Nordkurve Aktiv-Initiative von Sottocultura, 10.000 Euro an die Aktion „Support your local heroes“ in Mönchengladbach und 5.000 Euro für die FPMG-eigene Spendensammlung „Borussen helfen Borussen!“ gegangen sind. (Faszination Fankurve, 24.05.2020)

Fanfotos Borussia Mönchengladbach




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