21.09.2017 - Eintracht Braunschweig

Fanszene Braunschweig äußert sich zur aktuellen Situation


Die Braunschweiger Ultràszene organisiert aktuell weder bei Heim- noch bei Auswärtsspielen von Eintracht Braunschweig die Unterstützung der eigenen Mannschaft. Nun hat die Braunschweiger Ultràszene und der FanRat Braunschweig eine Erklärung abgegeben, warum sich die Fanszene im Protest befindet.

Die Eintracht Braunschweig Fans kritisieren vor allem die zunehmende Entfremdung von Eintracht Braunschweig zu seinen Fans. Die Ultras betonen, dass die zahlreichen Stadionverbote, die wegen der Vorfälle beim letzten Niedersachsenderby gegen Braunschweiger Fans ausgesprochen wurde, nicht der Grund seien, warum der Support aktuell nicht organisiert wird.


Die Gründe für die aktuell angespannte Situation seien vielfältig und tiefgründig. Nun versucht die aktive Fanszene detailliert zu erklären, was die genauen Hintergründe für die aktuelle Situation in Braunschweig sind. (Faszination Fankurve, 21.09.2017)

Faszination Fankurve dokumentiert den Aufruf aus der Braunschweiger Fanszene:

Aufwachen Eintracht!

Sagen wir es so, die Stimmung im Umfeld unserer Eintracht war schon mal besser. Der Saisonstart war sportlich nicht wirklich schlecht, aber auch nicht wirklich gut. Und auf den Rängen fragen sich viele, was eigentlich derzeit in Block 9 und bei Auswärtsspielen los ist: Keine Schwenkfahnen, keine großen Choreografien und kein organisierter Support. Die von der aktiven Szene am 30.08.2017 organisierte Veranstaltung hat hier die notwendigen Hintergrundinfos geliefert, die wir, die Braunschweiger Ultras-Szene und der FanRat Braunschweig e.V. ein Stück weit zusammenfassen möchten:

Die Gründe für die aktuelle Situation in der Fanszene sind vielfältig und tiefgründig. Sie hängen – das sei ausdrücklich betont – nicht mit den im Nachgang der vergangenen Saison ausgesprochenen Stadionverboten im Derby zusammen. Die Ultraszene hat sich hierbei ihrer Verantwortung gestellt – dass sie die Stimmung nicht organisieren, ist keine Trotzreaktion. Die Gründe liegen vielmehr in der grundsätzlichen Frage, was für eine Eintracht wir Fans im Jahr 2017 eigentlich unterstützen wollen. Und welche Rolle wir Fans für den Verein zukünftig spielen werden.

Viele Fans in allen Teilen des Stadions spüren insbesondere in diesem Sommer eine gewisse Entfremdung zwischen den handelnden Personen im Kubus und uns, der Basis. Fans, die sich nicht wie der Durchschnitts-Bundesligakonsument mit Hochglanz-Instagram-Fotos und gestellten Interviews zufrieden geben wollen, sondern eine Eintracht mit gelebten Werten vermissen. Wir kritisieren eine Eintracht, die ihren Trainingsplatz mit meterhohen Zäunen abschottet und auf deren Gelände es im FanHaus mangels Schanklizenz und anderer Vertragsbindungen keinen Bierausschank geben darf und das FanProjekt in dieser Frage allein gelassen wird. Wir können uns mit keiner Eintracht identifizieren, die es zulässt und sogar noch aktiv mitbestimmt, dass Amateurderbys grundsätzlich ohne Zuschauer stattfinden, was einer Sippenhaft sondergleichen gleichkommt. Und auch mit keiner Eintracht, die durch Lautsprecherdurchsagen unsere Fanszene gegeneinander aufwiegelt, anstatt eine positive Herangehensweise einzusetzen, die einträchtigen Werten gerecht wird.

Wir Fans vermissen eine Eintracht, die uns auf Augenhöhe mitnimmt, wenn es um Entscheidungen geht, die die Fans maßgeblich betreffen:
Bei Fragen wie einer möglichen Vermarktung der Südkurve, die in letzter Sekunde gestoppt werden konnte. Bei Fragen wie dem Umgang mit Stadionverbotlern am Spieltag, für die schließlich auch der Grundsatz einer Resozialisierung und nicht das Ausgrenzungsprinzip gilt und die sich einfach nur ein Stück weit Eigenverantwortung und Vertrauen wünschen.
Wir wollen keine Eintracht, die einerseits Choreographien als dankbare Werbeplattform annimmt, sich am Spieltag mit neu geschaffenem unnötigem Materialeingang aber auf jeden genauen Paragrafen beruft und so den aktiven Fans den Einlass erschwert – und bei kleineren Verfehlungen sofort alles in Frage stellt.
Und auch keine Eintracht, die Fangruppen eingeräumte Rechte entzieht, bevor Probleme direkt und offen miteinander diskutiert werden.

Zu guter Letzt sehnen wir uns nach einer Eintracht, die sich glaubhaft für uns und unsere Interessen einsetzt. Denn wir Fans sind nicht nur jene, die im Fanshop für Umsatz sorgen, sondern sind auch diejenigen, die in Wolfsburg einen fragwürdigen Polizeieinsatz erleiden oder in Bielefeld eine von Ordnern geklaute Zaunfahne zurückerobern mussten.
Unrecht, bei dem wir uns von Eintracht ziemlich alleingelassen fühlten, da medial ein falsches Bild transportiert wurde. Alleingelassen fühlen wir uns übrigens auch, wenn es um die aktuellen Entwicklungen im gesamtdeutschen Fußball (DFB-Kritik, 50+1, Fernsehmillionen, Transfersummen) geht, die nicht nur Südkurvengänger mit großer Abneigung und Skepsis sehen und erwarten, dass Eintracht hier bei den Verbänden auch mal den Finger in die Wunde legt und sich öffentlich positioniert. Eben weil wir ein Traditionsverein sind, der genau das Gegenteil von diesem modernen Fußball verkörpern will.
Tradition predigen, dies aber im Alltag nicht leben – das geht schwer zusammen und das merken wir Fans sofort. Wir wünschen uns Authentizität und dass die Entscheider im Kubus unsere Belange ernstnehmen und -wo möglich- Fans in die Arbeit einbinden. Wir identifizieren uns lieber mit selbstkreierten Projekten anstatt dem immer gleichen Marketing- und Merchandising-Mist, den jeder andere Plastikklub genauso macht.

Um diese Fragen zu beantworten, wurde einst der Verstetigte Dialog zwischen Fanvertretern und Vereinsspitze geschaffen. Ein an sich sinniges Instrument, wenn es denn richtig und ehrlich genutzt wird. Sicherlich wurde in diesem Rahmen auch einiges erreicht und der notwendige Austausch zwischen Fans und Verein praktiziert. Zuletzt wurde dieser aber eben vermehrt nicht mehr auf Augenhöhe, sondern als eine Art Präsentationsplattform geführt, in dem uns der Verein seine neuesten Ideen vorstellte – die wir dann de facto nur noch zur Kenntnis nehmen konnten.

So darf es nicht weitergehen! Was uns derzeit umtreibt, sind keine unmöglichen Forderungen – es sind die (nicht unberechtigten) Bedenken, dass der Verein sich zunehmend entfremdet und die Interessen und Befindlichkeiten der (aktiven) Fans keine Berücksichtigung mehr finden.

Wir sehen uns nun mal nicht als einfache Kunden, deren Fan-Sein sich auf Karten-, Schalkauf und das obligatorische Like bei Facebook reduziert. Das haben andere Vereine -wir sind anders und wollen das auch bleiben. Und deshalb ist es wichtig, dass wir den Vereinsverantwortlichen die Augen öffnen und Ihnen aufzeigen, dass wir mit der aktuellen Entwicklung unzufrieden sind. Uns ist es extrem wichtig, dass auch die nachfolgenden Fan Generationen dieses besondere Eintracht Gefühl erleben dürfen und mit dem „Eintracht Virus“ infiziert werden, den auch wir in uns tragen.

Wir sind bereit „in Eintracht“ einen neuen ehrlichen Weg einzuschlagen. Auch wenn es nicht in allen Themen eine einvernehmliche Lösung geben kann, so braucht das Fundament beidseitig Ehrlichkeit, Verbindlichkeit, Vertrauen, Verantwortung und Diskussionen auf Augenhöhe.

Wir rufen daher alle Eintracht Fan-Clubs, die unsere Worte teilen auf, sich als Unterzeichner bei uns zu melden (info@fanrat-braunschweig.de oder info@cattiva-brunsviga.de). Mit einer großen Anzahl an Unterstützer können wir dem Verein aufzeigen, dass die Themen nicht nur der Ultrà-Szene und dem FanRat, sondern uns allen wichtig sind! Wer in keinem Fan-Club organisiert ist, der kopiert diesen Text von unseren Webseiten www.fanrat-braunschweig.de oder www.cattiva-brunsviga.de und sendet den per E-Mail, Fax oder als Brief an Eintracht.

Des Weiteren möchten wir euch motivieren am 28.09.2017 an der Fanversammlung von Eintracht und dem FanRat Braunschweig e.V. teilzunehmen und dort eure Stimme zu erheben.

Lasst uns gemeinsam ein Zeichen setzen und dafür sorgen, dass „Wir sind Eintracht!“ eine Ansage ist, mit der sich der Verein, die Mannschaft und die Fanszene gleichermaßen identifizieren können und dadurch wieder dieses unglaublich intensive Eintracht-Gefühl entfacht wird, dass uns aus der Regionalliga bis in die 1. Bundesliga getragen hat.

Also, aufwachen Eintracht!

Braunschweig, der 20.09.2017

Der Vorstand des FanRates Braunschweig e.V.
Cattiva Brunsviga
Assalto Comando
Psycho Clan Braunschweig
Rabauken Braunschweig
Schäbige Randgruppe Braunschweig
Daltons Braunschweig
Zonenrand Boys

Fanfotos Eintracht Braunschweig




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