27.12.2012 - Fortuna Düsseldorf

Fortuna Fans äußern sich zur Sicherheitsdiskussion


Die Düsseldorfer Fanszene hat in einem offenen Brief Stellung zum Thema DFL- Sicherheitspapier, dem Abstimmungsverhalten von Fortuna Düsseldorf bei der DFL-Sitzung und den Stimmungsprotest bezogen.

Faszination Fankurve dokumentiert den offenen Brief der Supporters Düsseldorf der von zahlreichen weiteren Fanclubs unterzeichnet wurde:

Liebe Fans der Fortuna,

liebe Verantwortliche der Fortuna,

sehr geehrte Vertreter der Medien,

nachfolgend möchten wir uns zur aktuellen Diskussion um das Abstimmungsverhalten von Fortuna Düsseldorf zu den Anträgen des Konzepts „Sicheres Stadionerlebnis“ der DFL Deutsche Fußball Liga sowie den darauf folgenden Protesten einiger Fangruppen äußern.

Wir haben es bislang bewusst vermieden, uns zu Wort zu melden, da es uns wichtig war, zunächst alle Hintergründe in Erfahrung zu bringen. Ferner halten wir es für wichtig, dass ebenso wie bei der von uns angeprangerten Hysterie um die Sicherheit in den Stadien auch in dieser Diskussion die Sachlichkeit nicht verloren geht. Eine verfrühte Stellungnahme wäre unter Umständen zu stark durch Emotionen geprägt gewesen, was von unserer Seite vermieden werden sollte.

Zur Ausgangssituation:

Zahlreiche Fußballfans haben in den vergangenen Wochen bundesweit gegen das Konzept „Sicheres Stadionerlebnis“ der DFL protestiert. Aus ihrer Sicht – die sich mit unserer deckt – enthalten auch die überarbeiteten Anträge, die am 12. Dezember zur Abstimmung standen, noch zu viele Interpretationsmöglichkeiten, aus denen überzogene Repressionen gegen die Fans und ihre Fankultur hervorgehen könnten.

Die eindrücklichste Form dieser Proteste war sicherlich das im ganzen Land praktizierte Schweigen während der ersten 12 Minuten und 12 Sekunden aller 54 Partien des deutschen Profifußballs an den Spieltagen 14 bis 16, an der sich darüber hinaus auch Anhänger vieler Vereine beteiligten, die derzeit unterhalb des Profibereichs angesiedelt sind.

Diesen massiven Protesten zum Trotz haben die Vereinsfunktionäre der 36 Bundesliga-Vereine am 12. Dezember 2012 im Rahmen der Vollversammlung der DFL in Frankfurt sämtlichen Anträgen des Konzeptes mit großer Mehrheit zugestimmt. Auch Fortuna Düsseldorf, vertreten durch die Vorstandsmitglieder Peter Frymuth und Paul Jäger, stimmte allen 16 Anträgen zu, obwohl eine im Vorfeld zur Analyse des Konzeptes ins Leben gerufene Arbeitsgruppe zwei der Anträge kritisch sah und ausdrücklich nicht empfohlen hat, diesen zuzustimmen. Dies ist umso verheerender, als dass auf der Jahresmitgliederversammlung im November zugesagt wurde, nichts im Hinblick auf die Abstimmung ohne vorherige Absprache mit Fans zu entscheiden. Ein Antrag zur schriftlichen Fixierung einer solchen Absprache wurde nur deshalb zurückgezogen.

Wir sind der Ansicht, dass ein guter und konstruktiver Dialog, wie er seit Wochen von allen Seiten eingefordert wird, nicht damit beginnen kann, dass die eine Seite die Sorgen und Befürchtungen der anderen Seite vollends ignoriert. Nichts anderes haben die Vertreter der Vereine durch ihr Abstimmungsverhalten jedoch getan – sie haben sich über den stillen und friedlichen Protest hunderttausender Fußballfans hinweg gesetzt und damit ein – aus unserer Sicht – verheerendes Signal ausgesendet.

Auch der Standpunkt, dass die Vereine durch den Druck der Politik und hier speziell der Innenministerkonferenz quasi zur Zustimmung gezwungen wurden, ist für uns nicht nachvollziehbar. Gerade in den Tagen vor dem 12. Dezember war ein starkes Umschwenken der Medien in der Thematik erkennbar, zum Teil wurden bewusste Falschaussagen der Minister öffentlich entlarvt und auch der Jahresbericht der ZIS (Zentrale Einsatzstelle für Sporteinsätze der Polizei) mit den darin enthaltenen Zahlen wurde massiv hinterfragt.

Selbst Polizeigewerkschafter kritisierten im Vorfeld des 12. Dezember massiv die Aussagen der Minister bezüglich der immer wieder eingeforderten Beteiligung der Vereine an den Kosten der Polizeieinsätze. Gerne weisen auch wir an dieser Stelle darauf hin, dass die Steuereinnahmen des Bundes durch den Fußball gemäß verschiedener Studien annähernd zehn Mal so hoch sind wie die Ausgaben für die Polizeieinsätze.

In dieser Atmosphäre wäre es unserer Ansicht nach durchaus möglich gewesen, sich auf eine Absichtserklärung zu verständigen, nach der die 16 Anträge – inklusive der eingereichten Änderungsanträge - nach einer erneuten und auf Augenhöhe stattfindenden Diskussion zwischen Vereinen und Fanvertretern im kommenden Frühjahr beschlossen werden. Durch die bevorstehende Winterpause hätte somit ausreichend Zeit zur Verfügung gestanden, die Fans ins Boot zu holen und missverständlich formulierte Passagen dahingehend abzuändern, dass alle Seiten damit leben können.

Zum Inhalt der Anträge:

Es besteht im Grunde kein Zweifel daran, dass die Mehrzahl der Anträge, über die am 12. Dezember abgestimmt wurde, keine unmittelbare Auswirkung auf die Fankultur haben werden. Einige sind sogar durchaus positiv zu sehen, beispielsweise die Tatsache, dass mehr Wert auf eine vernünftige Schulung des Sicherheitspersonals gelegt werden soll. Gerade wir Fortuna-Fans haben hier in den vergangenen Jahren und speziell während der Drittligazeit einschlägige Erfahrungen sammeln müssen – nicht selten rekrutierte sich der Ordnungsdienst mancher Vereine offensichtlich und zu großen Teilen aus Kreisen der örtlichen Neonaziszene.

Auch eine Stärkung der Position des Fanbeauftragten, wie sie in mehreren Anträgen vorgesehen ist, ist auf den ersten Blick durchaus begrüßenswert. Allerdings verliert die Stärkung dieser Position ihren Sinn, wenn Teile der Fans den Fanbeauftragten oder die Kooperation mit diesem ablehnen. In Düsseldorf ist dies glücklicherweise nicht der Fall, es gibt aber durchaus Beispiele aus anderen Städten, wo die Chemie zwischen dem vom Verein vorgesetzten Fanbeauftragten und den Anhängern sehr schlecht ist.

Darüber hinaus erhalten mindestens zwei der Anträge unserer Ansicht nach Formulierungen, die deutlich zu viel Interpretationsspielraum enthalten. So ist z. B. die Formulierung, dass Einlasskontrollen „lageabhängig“ erfolgen sollen, für uns so nicht hinnehmbar. Wer definiert die Lage, wer bestimmt den Grad der Gefahr? Oder anders gefragt: Wenn auch nur ein einzelner Fan auf der Anreise auffällig wird, beispielsweise durch das Zünden pyrotechnischer Gegenstände, rechtfertigt dies dann beispielsweise „Vollkontrollen“ größerer Gruppen in hierfür eigens aufgestellten Zelten oder Containern?

Es sei an dieser Stelle auch noch einmal ausdrücklich gesagt, dass solche Vollkontrollen keine Utopie sind, sondern in der Vergangenheit bei einigen Auswärtsspielen – beispielsweise im April diesen Jahres in Dresden – bereits durchgeführt wurden. Einige Fortuna-Fans haben darüber hinaus ausgesagt, dass sie sich auch beim Auswärtsspiel in Bremen vor wenigen Wochen in einem eigens hierfür aufgestellten Container teilweise entkleiden mussten.

Solche Kontrollen sind für uns nicht hinnehmbar und hätten in aller Deutlichkeit ausgeschlossen werden müssen. Stattdessen hielten sie durch einen kurzfristigen Änderungsantrag sogar noch Einzug in das Papier, wenn auch der Hintergrund dieses Antrages, nämlich dass bei etwaigen Vollkontrollen auf Wunsch der zu kontrollierenden Person auch ein offizieller Vertreter des Gastvereins anwesend sein soll, zu begrüßen wäre. Dennoch: Wenn es in einem Rechtsstaat wie der Bundesrepublik so weit kommt, dass man beim Besuch eines Fußballstadions damit rechnen muss, sich aufgrund eines bloßen Verdachts vor wildfremden Menschen bis auf die Unterwäsche entkleiden zu müssen, dann ist eine Grenze nicht nur erreicht, sondern weit überschritten.

Darüber hinaus kritisieren wir auch die Annahme des Antrags 14, mit dem die Reduzierung des Kartenkontingents für die Gastmannschaft als mögliche Bestrafung in den Statuten fixiert und das DFB-Sportgericht als hierüber entscheidendes Organ bestimmt wurde.

Bedenkt man die Häufigkeit von Kollektivstrafen, die alleine 2012 von der Sportgerichtsbarkeit des DFB verhängt wurden, haben wir mit dem Inhalt dieses Antrages große Bauchschmerzen. Gerade Vereine, die sich aufgrund ihrer Historie oder ihrer Strukturen (Beispiele: TSG Hoffenheim, Red Bull Leipzig) regelmäßig mit kritischen Gesängen oder Transparenten der Gästefans auseinandersetzen müssen, könnten versuchen, sich diese Möglichkeit zu Nutze zu machen. Auch bei manch brisantem Spiel wie dem Revierderby zwischen Dortmund und Schalke oder auch künftigen Derbys zwischen der Fortuna und Vereinen wie Mönchengladbach oder Köln könnten die Verantwortlichen dazu neigen, auf diese Art und Weise zu versuchen, Fans der Gastmannschaft von vornherein zu dezimieren oder gar komplett auszuschließen.

Fans der Gastmannschaft sind ein elementarer Bestandteil einer guten Stadionatmosphäre. Das wird nicht zuletzt immer dann deutlich, wenn der Gästeblock der Arena nur spärlich besetzt ist. Daher lehnen wir es kategorisch ab, dass das Kartenkontingent für Fans der Gastmannschaften reduziert werden kann – egal ob in Düsseldorf oder an jedem anderen Spielort!

Zu den Protesten bei den letzten Spielen:

Zunächst bleibt festzuhalten, dass der Supporters Club nicht federführend an der Organisation dieser Proteste beteiligt war. Vielmehr handelte es sich um Proteste vieler, zum Teil alt-eingesessener Fanclubs und Gruppen, deren Ansichten sich größtenteils mit unseren decken: Wenn der Protest gegen die Abstimmung ignoriert wird, ist der einzig logische und konsequente Schritt, seinem Protest weiterhin Ausdruck zu verleihen und nicht einfach zur Tagesordnung zurückzukehren. Ferner sollte auch deutlich gesagt werden, dass wir aus vielen persönlichen Gesprächen heraus erfahren mussten, dass zahlreiche Fans aus Enttäuschung über das Abstimmungsverhalten einfach leer waren und bei den vergangenen Spielen kaum Emotionen empfunden haben.

Es ist sicher keinem der Protestierenden leicht gefallen, der Mannschaft nach dieser grandiosen Hinrunde die Anfeuerung zu verwehren oder nach 12 Minuten das Stadion zu verlassen. In der Kürze der Zeit gab es aber kaum andere Möglichkeiten, seine Ablehnung gegenüber der Entscheidung der Vereinsführung zum Ausdruck zu bringen, zumal andere Formen des Protests in der Vergangenheit kaum Erfolge erzielt haben, weil sie von den Medien nicht beachtet wurden. Sicherlich war auch die Information über diese Proteste verbesserungswürdig, was aber auch der Kürze der Zeit geschuldet war.

Festzuhalten bleibt aber: Der Protest verlief in beiden Spielen absolut friedlich! Umso mehr irritierte uns in den vergangenen Tagen manche Aussage von Vereinsoffiziellen. Es wurde beinahe der Eindruck erweckt, als wären die protestierenden Gruppen zur Anfeuerung der Mannschaft geradezu verpflichtet. Derartige Aussagen oder auch das zuletzt an den Tag gelegte Verhalten von Vereinsoffiziellen gegenüber den Anhängern dienen sicherlich nicht dazu, die Situation zu beruhigen und beide Seiten schnell wieder zusammen zu bringen, weshalb wir in aller Deutlichkeit zu mehr Sachlichkeit aufrufen möchten!

Wie kaum ein zweiter Verein verdankt Fortuna Düsseldorf seinen Fortbestand der Treue seiner Fans, die den Verein auch in der vierten Liga nicht fallen ließen. Alles, was diesen Verein heute ausmacht, angefangen von den Vereinsstrukturen und der Satzung bis hin zur z. T. grandiosen Atmosphäre in der Arena und dem damit verbundenen Image, verdankt er seinen Anhängern. Aus diesem Grund sind wir der Meinung, dass es der falsche Weg ist, deren Befürchtungen und Proteste zu ignorieren. Auch wir möchten betonen, dass auch bei uns der Verein im Vordergrund steht - es liegt uns jedoch fern, den Verein "Fortuna Düsseldorf" auf sportlichen Erfolg zu reduzieren.

Selbstverständlich stehen wir gerne für einen konstruktiven Dialog zur Verfügung, erwarten hierfür jedoch, dass auch die Verantwortlichen die Bereitschaft zeigen, ihr Handeln zu hinterfragen und die Proteste der Fans (und Mitglieder!) ernst zu nehmen.

Schlussendlich möchten wir darauf hinweisen, dass wir im Vorfeld eines möglichen Gesprächs nicht für Interviews, weitere Stellungnahmen oder Vergleichbares zur Verfügung stehen werden. Auf entsprechende Anfragen bitten wir daher von vornherein zu verzichten, damit wir in Zukunft wieder miteinander statt übereinander reden können!

Wir wünschen allen Mitgliedern der Fortuna-Familie ein frohes und nach diesem extrem intensiven Jahr 2012 vor allem auch besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Übergang und Start in das neue Jahr 2013!

Düsseldorf im Dezember 2012,

Vorstand und Beirat des Supporters Club Düsseldorf 2003 e.V.

Folgende Fangruppen stehen hinter dieser Stellungnahme und unterstützen deren Inhalt:

Ultras Düsseldorf 2000

Ultras Block 42

Szene Block 160

Bushwhackers Düsseldorf

40 Räuber

ABD Düsseldorfer Jungs

Alarmstufe Rot

Alte Bande Düsseldorf

Alte Freunde Berlin

Alte Garde Düsseldorf

Angry Youth

Azzuro Düsseldorf

Block 37

Brennpunkt Süd

Brigade Bilk

Bukkake Crew Düsseldorf

Chaoten Düsseldorf 1996

Der Neue Westen

Die Seriösen

Division West

Fangemeinschaft Block 34

FFC United

Fortes Fortuna Adiuvat XCV

Fortuna geht vor! 1997

Fortuna Mafia

Fortuna Metalheads

Fortuna Stolz

fortuna-videos.de

Gerresheimer Löwen

Hacke Rot Weiss

Loge 31

Lost Boyz Flingern 99

Meerbusch-Bonzen

Meinerzhagen

Mettmann

Niederrhein Fortunen

Nievenheim United

Ninos Locos

Oldschool Düsseldorf

Ongerod

Pempelfront

Phoenix Düsseldorf

Rambo Zambo

Ratingen

Red Fire

Revolte Rot-Weiß

Sauerländer Fortunen

Soul City Crew

Squadra Unterrath

StuhGä

Tifosi Düsseldorf

TunÄ

Umbrella Service Crew

Fanfotos Fortuna Düsseldorf




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