28.05.2015 - FC Bamberg

Gericht bleibt bei Verurteilung von Polizisten


In einem Berufungsverfahren vor dem Landgericht Ingoldstadt wurde die Verurteilung eines Polizeibeamten bestätigt. Dieser wurde wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt und der Verfolgung Unschuldiger verurteilt. Im Vergleich zum erstinstanzlichen Urteil wurde die Strafe reduziert. (Faszination Fankurve, 28.05.2015)

Faszination Fankurve dokumentiert die Mitteilung der Rot-Schwarzen Hilfe:

Landgericht Ingolstadt verurteilt Polizisten wegen Verfolgung Unschuldiger – Strafe abgemildert

Im Fall des Polizeibeamten, der einen Fan, der Eintracht Bamberg unterstützt und Mitglied der Rot-Schwarzen Hilfe ist, nach einem Spiel des FC Ingolstadt II gegen Eintracht Bamberg zunächst mit einem Schlagstock verletzte und anschließend einen falschen Einsatzbericht abgab, ist am 27.05.2015 das Berufungsurteil des Landgerichts Ingolstadt ergangen. Es ist einzigartig hinsichtlich der Schwere des Vorwurfs.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Beamte wegen gefährlicher Körperverletzung im Amt in einem Fall ebenso schuldig ist wie wegen des Verbrechens der Verfolgung Unschuldiger. Nach dreitägiger Hauptverhandlung reduzierte es die Strafe, die das Amtsgericht Ingolstadt verhängt hatte, jedoch deutlich. Ob der vorläufig suspendierte Beamte aus dem Dienst entfernt wird, wird erst ein Disziplinarverfahren zeigen.

Das Landgericht war der Auffassung, dass der Polizeieinsatz zunächst gerechtfertigt gewesen sei, da der später Geschädigte den Beamten mit der Hand in den Rücken gestoßen habe. Dass der Polizist dem bereits von drei Polizeibeamten am Boden fixierten Nebenkläger dann aber einen „wuchtigen“ Stich mit dem Schlagstock in den Rippenbereich versetzte, war nach Auffassung der Strafkammer strafbar. Das Landgericht war zwar sichtlich bemüht, so viele Punkte zugunsten des Beamten zu sehen, wie vorstellbar. Anders als der als Zeuge vernommene Einsatzleiter der PI Ingolstadt, der den Stich in die Rippen wortreich als gerechtfertigt sah, verneinte das Gericht eine Berechtigung jedoch mit deutlichen Worten: „Anders als vom Einsatzleiter ausgeführt, gibt es keine Rechtfertigung, noch einen Stich dahin zu setzen, wo es besonders weh tut.“

Zuvor hatte der Staatsanwalt in seinem Antrag von einem „schwarzen Tag“ für die Ingolstädter Justiz gesprochen, und zwar, weil der angeklagte Polizeibeamte in seinem Einsatzbericht bewusst gelogen habe. Er forderte 1 Jahr und 6 Monate Bewährungsstrafe.

In dem Einsatzbericht hatte der angeklagte Polizeibeamte behauptet, der später Geschädigte habe ihm einen Fußtritt in den Rücken verpasst, dann eine Glasflasche abgeschlagen, wodurch ihn ein Glassplitter im Gesicht getroffen und verletzt habe. Anschließend sei er mit der abgebrochenen Flasche auf ihn zu.

Doch diese Geschichte gab es zu keinem Zeitpunkt. Rund 20 vernommene Polizeizeugen berichteten einen derartigen Vorfall nicht, niemand hatte ein solches Geschehen wahrgenommen. Doch der Angeklagte behauptete bis zum Schluss, keinen falschen Bericht geschrieben zu haben, sondern nur zwei Sachverhalte vermischt zu haben.

Als lebensfremd bezeichnete der RSH-Anwalt, der den Geschädigten vertrat, die Behauptungen des Angeklagten. Der Beamte hatte in der Berufungsinstanz eine neue Aussage präsentiert und angegeben, er sei zunächst mit der abgebrochenen Flasche bedroht und durch einen Glassplitter verletzt worden, er sei aber dagegen nicht eingeschritten, sondern habe trotz der abgeschlagenen Flasche ihm wieder den Rücken zugewandt und sei weiter nach unten gelaufen. Erst nach einem weiteren Schlag sei es dann zum Schlagstockeinsatz gekommen. Das Gericht schloss sich der Auffassung des Anwalts an. Es sei absolut unvorstellbar, dass kein einziger der zahlreich anwesenden Beamten einschreite, wenn jemand mit einer abgebrochenen Flasche einen Kollegen bedroht. „Der Einsatzbericht ist objektiv und subjektiv falsch und zwar wissentlich“, so der Richter, „es gab keine abgeschlagene Bierflasche.“

Die Verurteilung ist einzigartig. In der juristischen Fachliteratur wird nur von einer Verurteilung wegen Verfolgung Unschuldiger im Jahr 1990 berichtet, so der Richter.

Deutlich milder fiel dagegen die Strafe aus. Das Amtsgericht hatte 1 Jahr und 4 Monate Bewährungsstrafe verhängt, denn die Verfolgung Unschuldiger ist ein Verbrechen mit einer Mindeststrafe von 1 Jahr Freiheitsstrafe. Doch das Landgericht nahm einen „minder schweren Fall“ an, und zwar deshalb, weil der Geschädigte tatsächlich nicht wegen des angeblichen Flaschen-Angriffs verurteilt wurde und das Ermittlungsverfahren bereits durch die Staatsanwaltschaft eingestellt worden sei.

Das allerdings war nicht etwa das Verdienst des Angeklagten. Dieser leugnete bis zum Schluss den falschen Einsatzbericht und beschuldigte den Geschädigten noch in der Berufungsinstanz, sogar in seinem letzten Wort. In der Begründung des „minder schweren Falls“, den das Landgericht annahm, fand dies keine Erwähnung. Auch nicht, warum es in Wahrheit nicht zur Verurteilung des RSH-Mitglieds wegen der abgeschlagenen Flasche kam: Ein Bamberger Fan hatte zufällig ein Handyvideo gedreht und später weitergereicht. Und darauf zeigte sich, dass es weder einen Fußtritt in den Rücken, noch das Abbrechen einer Flasche gab. Nur deshalb erfolgte keine Anklage gegen den Bamberger. Nur deshalb wurde der falsche Einsatzbericht zum Gegenstand der Ermittlungen. Dass man ohne das Video dem falschen Polizeibericht geglaubt hätte und der Geschädigte erheblich bestraft worden wäre, daran besteht nicht der geringste Zweifel. Ebenso wenig daran, dass der verurteilte Beamte seinen falschen Bericht vor Gericht wiederholt hätte, wäre der Bamberger ohne das Video angeklagt worden. „Sie hätten einen Eid beschworen auf Ihre Aussage“, warf ihm der RSH-Anwalt in seinem Plädoyer vor, „mein Mandant hätte hier keine Bewährung bekommen für eine Tat, die er nicht begangen hat.“

9 Monate Gesamtfreiheitsstrafe, ausgesetzt zur Bewährung, lautet das Urteil des Landgerichts Ingolstadt gegen den Polizisten. Das Urteil ist nicht rechtskräftig und kann von den Beteiligten noch angefochten werden.






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