29.11.2021 - Berlin

SPD, Grüne & Linke wollen Pyro-Pilotprojekt ermöglichen


Unter dem Titel „Zukunftshauptstadt Berlin. Sozial. Ökologisch. Vielfältig. Wirtschaftsstark.“ haben SPD , Grüne und Linke in Berlin ihren Entwurf für den Koalitionsvertrages 2021–2026 veröffentlicht und darin auch die Themen Pyrotechnik im Fußballstadion und die Beteiligung von Profivereinen an Polizeikosten thematisiert.


„Die Koalition prüft die Beteiligung von Profivereinen und kommerziellen Großveranstaltungen an den Sicherheitskosten. Wir ermöglichen die Durchführung eines einjährigen Pilotprojekts zum sicheren Einsatz von Pyrotechnik beziehungsweise. kalter Pyrotechnik bei Fußballspielen“, heißt es dazu auf Seite 86 des Koalitionsvertrags von SPD, Grünen und Linken in Berlin. Die neue rot-grün-rote Koalition in Berlin hat am heutigen Montag den neuen Koalitionsvertrag für eine Landesregierung für die nächsten fünf Jahre vorgestellt.

Bei sogenannter kalter Pyrotechnik werden die Fackeln nicht circa 2.000 sondern nur etwa 230 Grad heiß. Die in Dänemark vom Pyrotechniker Tommy Cordsen in Zusammenarbeit mit Brøndby IF und der dortigen Fanszene entwickelte sogenannte kalte Pyrotechnik wurde im Dezember 2019 beim Heimspiel von Brøndby IF gegen Midtjylland erstmals offiziell im Spielbetrieb im Brøndby Stadion eingesetzt (Faszination Fankurve berichtete). Die Entwicklung dieser Pyrotechnik bleib auch außerhalb von Dänemark nicht unbeobachtet.

In Deutschland ist die Diskussion über die sogenannte kalte Pyrotechnik zuletzt abgeflacht. Die Bundesregierung erklärte, der kalten Pyrotechnik ablehnend gegenüber zu stehen, da die Fackeln immer noch zu heiß seien (Faszination Fankurve berichtete). Werder Bremen testete die kalte Pyrotechnik bereits, war anschließend aber der Meinung, dass auch von dieser Art Pyrotechnik noch Gefahren ausgehen würden. Komplett vom Tisch ist das Thema bei Werder aber noch nicht (Faszination Fankurve berichtete). Der Verband der pyrotechnischen Industrie (VPI) äußerte sich 2019 zum Thema Einsatz von kalter Pyrotechnik in Fußballstadion ebenfalls skeptisch (Faszination Fankurve berichtete). Ob diese Art von Pyrotechnik bei Fan- und Ultragruppen, die bisher illegal in den Stadien zünden, überhaupt Anklang finden würde, bleibt abzuwarten.

Durchaus große Hoffnungen hatte die Fanhilfe Hertha BSC nach den Abgeordnetenhauswahlen, dass Fan- und Freiheitsrechte in den kommenden Jahren deutlich gestärkt werden. Mit Blick in den heute vorgestellten Koalitionsvertrag haben sich diese Hoffnungen laut Angaben der Fanhilfe Hertha BSC jedoch in Luft aufgelöst.

„Es ist für uns völlig unbegreiflich, warum auch die zukünftige Berliner Koalition an der rechtswidrigen Speicherung von Fußballfans in der Datei ‚Szenekunde Sport‘ festhält. Die angekündigte allgemeine Überarbeitung der polizeilichen Datenerfassungssysteme ist viel zu kurz gegriffen und wird an den grundsätzlichen Problemen nichts ändern. Somit werden die von dieser Speicherwut betroffenen Personen auch in den kommenden Jahren weiter willkürlich stigmatisiert“, erklärt Fritz Müller, Sprecher der Fanhilfe Hertha BSC.

Weiterhin kritisiert die Fanhilfe Hertha BSC, dass eine erneute Vereinbarung zur Abschaffung der Datei „Gewalttäter Sport“ auf Bundesebene gänzlich fehle. Dieses Vorhaben wurde vor fünf Jahren bereits vereinbart und ist zuletzt am Unwillen des Innensenators gescheitert. Positiv bewertet die Fanhilfe Hertha BSC hingegen die Ankündigung, dass die geschaffene Stelle der/des Bürger- und Polizeibeauftragten schnellstmöglich besetzt und entsprechend ausgestattet werden soll. Ebenso ist die Absage an eine flächendeckende Videoüberwachung und an den Einsatz biometrischer Systeme sehr wichtig, um die Freiheitsrechte der Berlinerinnen und Berliner nicht noch weiter willkürlich zu beschneiden.

„Der Gesamteindruck dieses Koalitionsvertrags lässt uns dennoch leider nur mit dem Kopf schütteln. Denn die wenigen positiven Ansätze können nicht über die grundsätzliche Law and Order Richtung des Vertragstextes hinwegtäuschen. Gab es in der letzten Woche auf Bundesebene durchaus einige positive Fortschritte zu erahnen, so wird in Berlin weiter ein fragwürdiger Status quo zementiert. Die wohl neue Bürgermeisterin Franziska Giffey zeigt augenscheinlich kein Interesse daran, den unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten mehrfach kritisierten Umgang mit Fußballfans zu überdenken und nimmt weiterhin alle Berliner Fußballfans in Sippenhaft. Wir sehen daher unsere Aufgabe in den kommenden Jahren darin, uns noch entschiedener und lauter für Fan- und Freiheitsrechte in Berlin einzusetzen“, stellt Fritz Müller abschließend klar. (Faszination Fankurve, 29.11.2021)







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