03.03.2020 - FC Bayern München

Schickeria München nimmt nochmal ausführlich Stellung


Die Schickeria München hat soeben nochmal ausführlich Stellung zum am Samstag gezeigten Plakat sowie zu den Folgen genommen. Der FC Bayern hat demnach nicht vorschnell Sanktionen gegen die Gruppe, die wegen der Plakate nicht mit einer Spielunterbrechung gerechnet hat, ausgesprochen.

In manchen Medien wurden Gerüchte vom Entzug der Dauerkarten, der Auswärtstickets und des Fanclub-Status für die Schickeria gestreut. „Positiv sehen wir, dass der FC Bayern und seine Verantwortlichen am Montag davon abgesehen haben, per Schnellschuss Sanktionen zu verkünden oder ebenfalls Kollektivstrafen zu verhängen. Offensichtlich ist man auch an der Säbener Straße weiterhin am Dialog interessiert, für den wir auch in dieser Richtung jederzeit bereit sind“, bestätigt die Schickeria nun, dass der FC Bayern bisher nicht auf solche Sanktionen zurückgegriffen hat.


Die Ultragruppe kündigt aber auch an, die Konsequenzen für die eigenen Aktionen zu tragen, ohne sich unterkriegen zu lassen. In der Geschichte der Gruppe gab es schon mehrfach Punkte, an denen die Schickeria mit harten Strafen und Sanktionen zu kämpfen hatte und letztlich gestärkt daraus hervorging.

Am vergangenen Samstag zeigte die Schickeria im Gästeblock der Rhein-Neckar-Arena ein Spruchband, auf dem „Alles beim Alten: Der DFB bricht sein Wort – Hopp bleibt ein Hurensohn.“ geschrieben stand, weshalb es zu einer ersten Spielunterbrechung kam. Die Gruppe Red Fanatic München ergänzte dann noch ein „Du Hurensohn“-Banner. Bereits am Samstag hatte die Schickeria München eine erste Erklärung zum eigenen Spruchband abgegeben (Faszination Fankurve berichtete), am Sonntag folgte ein Statement von Red Fanatic München (wir berichteten ebenfalls).

In der heutigen Stellungnahme der Schickeria, die nochmal wesentlich ausführlicher ist, erklärt die Ultragruppe auch, warum man auf eine beleidigende Wortwahl setzte: „Wir wollten uns mit der Fanszene des BVB solidarisieren und zwar ganz bewusst ohne den Spielraum zu lassen, unsere Kritik zu ignorieren oder anders als die der Dortmunder zu bewerten. Wenn der DFB sich nun zum Ziel setzt, dass Kurven sauber sein müssen und vom DFB reguliert werden können, dann wird das Widerstand hervorrufen. Wir haben bewusst dieselbe Beleidigung gewählt, die zur Verurteilung geführt hat, und das obwohl es eigentlich nicht unsere Art ist und wir den Fans vom BVB nicht freundschaftlich verbunden sind. Dabei geht es aber eigentlich nicht um Dietmar Hopp und seine Familie. Es geht lediglich darum, sich diese Form von Sanktionierung für solche Beleidigungen nicht gefallen zu lassen und sich nicht vorschreiben zu lassen, wie es in der Kurve zuzugehen hat. Dabei geht es uns nicht darum, dass Kurven rechtsfreie Räume sein müssen, sondern, dass Kurven, wie auch in der Vergangenheit bewiesen, durchaus in der Lage sind, nicht tolerierbare Ausfälle selbst zu regulieren. Dass es dem DFB nicht nur um diffamierende Äußerungen geht, wurde ja schon am Sonntag deutlich. Auch bei Spruchbändern, die offensichtlich keine Beleidigung enthielten, wurde Stufe 1 des 3-Stufen-Plans aktiviert. Der DFB versucht offensichtlich durch das Setzen neuer Maßstäbe jegliche Kritik in eine verbotene Ecke zu stellen. Es ist aus unserer Sicht nur eine Frage der Zeit, bis Äußerungen zu Red Bull, Kartenpreisen oder, wie in unserem Fall, zu der Zusammenarbeit mit Katar, auch unterdrückt werden. Also alles, was Zweifel an der Maschinerie der Geldvermehrung ausdrücken soll“, so das Statement der Schickeria.

In den letzten Jahren hatten sich die Ultras des FC Bayern, anders als beispielsweise die Ultraszene des BVB, zum Thema Hopp und zur TSG Hoffenheim so gut wie gar nicht mehr zu Wort gemeldet. Nachdem der DFB jedoch wieder eine Kollektivstrafe gegen BVB-Fans verhängte und damit in den Augen der Schickeria sein Wort gebrochen hatte, folgte die bekannte Reaktion der Schickeria: „Ausschlaggebend für uns war, dass die Fanszene von Borussia Dortmund vom DFB erst auf Bewährung, und nun vor kurzem endgültig zu einem Zuschauerausschluss verurteilt wurde. Eine Kollektivstrafe entgegen der 2017 vom Verband gemachten Zusage. Grund dafür waren beleidigende Äußerungen gegen Dietmar Hopp. Und wir sollten nun die ersten Gästefans in Sinsheim nach dieser Entscheidung sein“, so die Erklärung der Schickeria dazu.

DFB-Vizepräsident Rainer Koch, der heute vom UEFA-Kongress in Amsterdam ins UEFA-Exekutivkomitee gewählt wurde und die verantwortliche Person für das aktuelle Strafensystem beim DFB ist, erklärte in einem heute von Legal Tribune Online veröffentlichten Interview: „Die Kritik ist leider unberechtigt. Es wurde immer klar kommuniziert, dass Zuschauerausschlüsse nicht gänzlich abgeschafft sind.“ Als Beispiel für so eine Kollektivstrafen als letztes Mittel nannte Koch damals „schwerwiegende rassistische Äußerungen von 200 Personen“.

Mehrfach wurden die Beleidigungen, die in den vergangenen Tagen in den Fankurven gegen Dietmar Hopp zu sehen waren, fälschlicherweise in einen Zusammenhang mit Rassismus und sogar mit den rassistischen Morden in Hanau gesetzt (Faszination Fankurve berichtete). Die Schickeria München, die seit vielen Jahren für ihr antirassistisches Engagement bekannt ist und deswegen auch schon vom DFB ausgezeichnet wurde, kritisiert die Herstellung dieses Zusammenhangs in aller Deutlichkeit: „Weder ist Dietmar Hopp Teil einer benachteiligten Minderheit, noch erfährt er eine nachteilige Behandlung aufgrund Ethnie, Religion, Herkunft, Sprache, Äußerem, Abstammung, Geschlecht, sexueller Orientierung, Alter oder Behinderung. Er wird beleidigt, nicht mehr und nicht weniger. Manch einer geht noch weiter und stellt unser Verhalten auf dieselbe Stufe wie Rassismus oder gar in eine Linie mit dem Anschlag von Hanau. Hierzu bleibt uns nur eins zu sagen: Fickt euch! Während die meisten von euch sich nicht um Rassismus, Sexismus und Homophobie geschert haben, kämpfen wir seit Jahren aktiv für eine diskriminierungsfreie Kurve, Stadt und Gesellschaft. Jetzt zu behaupten, wir hätten das gleiche Mindset wie jemand, der aus rassistischen Motiven wahllos Menschen tötet, macht uns sprachlos. Damit sind nicht nur irgendwelche Idioten in Social Media gemeint, sondern auch ganz bewusst Journalisten und Funktionäre unseres und anderer Vereine, inklusive Hansi Flick und Everybody‘s Darling Christian Streich“, bemängeln die Münchner Ultras auch die Aussagen von Vereinsoffiziellen des FC Bayern in diese Richtung.


Weiter erklärt die Schickeria, dass es am vergangenen Freitag noch ein Treffen mit der DFL und dem DFB in Frankfurt gegeben haben soll, „um den 3-Stufen-Plan explizit auf Schmähungen gegen Dietmar Hopp auszudehnen“. Der 3-Stufen-Plan, der eigentlich von der FIFA stammt (bei der UEFA existiert ein solcher 3-Stufen-Plan schon ein paar Jahre länger) und von den Unterverbänden übernommen wurde, sieht bei schwerwiegenden diskriminierenden Vorfällen im Stadion vor, dass der Schiedsrichter ein Spiel erst unterbricht und eine Stadiondurchsage erfolgt. Sollten die diskriminierenden Vorfälle nicht aufhören, soll das Spiel erneut unterbrochen und die Spieler in die Kabinen geschickt werden. Auch diese Stufe soll durch Stadiondurchsagen unterstützt werden. In der dritten Stufe kommt es dann zum Spielabbruch. In Deutschland wurden Stufen dieses Plan am vergangenen Wochenende teilweise auch genommen, obwohl auf den zu diesem Zeitpunkt hochgehaltenen Plakaten gar keine Beleidigung zu sehen war (Faszination Fankurve berichtete). Obwohl der 3-Stufen-Plan schon länger existiert und es auch in deutschen Stadien zu schwerwiegenden diskriminierenden Vorfällen kam, wurde der Plan bisher vor allem bei Beleidigungen gegenüber TSG Hoffenheim-Mäzen eingesetzt.

Auch Karl-Heinz Rummenigge und FC Bayern-Präsident Herbert Hainer bekommen in der Stellungnahme der Schickeria noch für ihre Aussagen zum Thema ihr Fett weg. Zudem wird die Berichterstattung von Teilen der Medien von den FC Bayern-Ultras kritisiert, hier zum Beispiel die Doppelpass-Sendung von Sport 1, in der ein Mitglied der Schickeria als „Rädelsführer“ hingestellt wurde.

Zum Abschluss ihrer Stellungnahme betont die Schickeria, dass man sich gerne mit Bayern-Fans über das Thema austausche, auch wenn diese eine andere Meinung haben. Hierfür stehe die Gruppe „im echten Leben jederzeit bereit“. In den sozialen Netzwerken und Kommentarspalten wird man von der Gruppe hingegen keine Antwort erhalten. (Faszination Fankurve, 03.03.2020)

Hier geht es zur vollständigen Stellungnahme der Schickeria München.

Fanfotos FC Bayern München




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