22.02.2020 - Borussia Mönchengladbach

Schiedsrichter drohte wegen beleidigendem Plakat mit Abbruch


Ultras von Borussia Mönchengladbach zeigten in der zweiten Halbzeit des heutigen Heimspiels gegen die TSG Hoffenheim Plakate mit denen Dietmar Hopp, der DFB und BVB-Ultras beleidigt wurden. Das Bundesliga-Spiel wurde deswegen unterbrochen und Schiedsrichter Felix Brych drohte sogar mit einem Spielabbruch.

Auf den Spruchbändern der Sottocultura Ultras war „H*rensöhne beleidigen einen H*urensohn und werden von H*urensöhnen bestraft - Kollektivstrafen abschaffen!“ zu lesen. Dahinter hielten Gladbacher Ultras einen Doppelhalter hoch, auf dem der TSG-Mäzen im Fadenkreuz zu sehen war.

Wie die farbliche Unterlegung der beleidigenden Worte auf den Spruchbändern deutlich machen sollte, waren mit der ersten Beleidigung die Fans von Borussia Dortmund gemeint, mit der zweiten offenbar der TSG-Mäzen Hopp und mit der Dritten die verantwortlichen Personen beim DFB.

Hintergrund der Aktion ist eine Kollektivbestrafung vom DFB, die die Fans von Borussia Dortmund von den nächsten drei Auswärtsspielen in Sinsheim bei der TSG ausschließt, da BVB-Ultras wiederholt Dietmar Hopp beleidigt hatten (Faszination Fankurve berichtete). Der DFB ist damit von der in den vergangenen Jahren angewandten Praxis, auf Kollektivstrafen zu verzichten, wieder abgerückt, was in den letzten Tagen die Kritik zahlreicher deutscher Fanorganisationen hervorrief (Faszination Fankurve berichtete). Auch der Doppelhalter mit Hopp im Fadenkreuz war eine Anspielung auf Aktionen von BVB-Fans, die eine solche Grafik schon mehrfach verwendeten.


Schiedsrichter Felix Brych unterbrach das Spiel für mehrere Minuten und setzte es erst fort, als die Plakate im unteren Bereich der Nordkurve wieder verschwunden waren. Die Ultras, die die Plakate hochhielten hatten sich zuvor vermummt und sich einheitliche weiße Anzüge übergezogen, um nicht identifiziert zu werden. Mannschaftskapitän Lars Stindl und Sportdirektor Max Eberl machten sich während der Spielunterbrechung auf in Richtung Nordkurve. Hoffnung dieser Intervention war, dass die Plakate schnell wieder verschwinden würden.


Borussia Mönchengladbach-Geschäftsführer Stephan Schippers erklärte nach dem Spiel: „Dieses Verhalten einiger Fans ist nicht zu akzeptieren und entspricht in keiner Weise den Werten von Borussia Mönchengladbach. Wir können uns als Klub nur in aller Form dafür entschuldigen.“ Sportdirektor Max Eberl ergänzte: „Für das Plakat mit dem Fadenkreuz schäme ich mich. Das ist nicht Borussia Mönchengladbach, das widerspricht den Werten, für die wir als Verein einstehen. Es handelt sich um rund 50 dumme Menschen, die uns damit einen Riesenschaden zugefügt haben. Solche Menschen wollen wir nicht in unserem Stadion haben. Ich fand aber schön wie der Rest des Stadions, wie 99 Prozent der Stadionbesucher, darauf reagiert hat, wie die Fans das niedergepfiffen haben. Es ist wichtig, dass wir alle dagegen aufstehen. Vor dem Spiel gab es eine Schweigeminute gegen Rassismus und Ausgrenzung von Menschen. Und wenig später passiert sowas. Ich schäme mich dafür. Und wir entschuldigen uns bei Dietmar Hopp und der TSG Hoffenheim.“


Die Fanhilfe Mönchengladbach hat sich zu den Plakaten ebenfalls zu Wort gemeldet. Nicht nur Eberl hat die Plakate in einen Zusammenhang mit der Gedenkminute für die Opfer des rassistischen Anschlags von Hanau gesetzt, sondern auch der Stadionsprecher im Borussia-Park, was die Fanhilfe stark kritisierte. „Vor der Kurve wurde ein Spruchband gegen Hopp und den DFB gezeigt wegen der Strafe in dieser Woche. Der Stadionsprecher setzte dies komplett hanebüchen und falsch in einen Zusammenhang mit dem Hanauer Terroranschlag. Viele Zuschauer hinter dem Banner gingen davon aus, dass ein rassistisches Banner gezeigt worden sei und pfiffen. Dies war jedoch NICHT der Fall. Es handelt sich hier um ein vom Stadionsprecher herbeigeführtes Missverständnis.Die dargestellte Fadenkreuzgrafik war jenes Symbol, welches mit für die Strafe gegen die Fanszene des BVB sorgte. Es stellt also eine Anspielung auf die Ereignisse dort sowie die Strafe in dieser Woche dar. Ob man Spruchband und Banner geschmacklos findet, darüber kann man guten Gewissens streiten. Hier aber einen Zusammenhang zu dem Terror in Hanau herzustellen, wie es der Stadionsprecher tat, verharmlost rechten Terror und entbehrt jeder Grundlage. Es handelt sich um grob formulierte Kritik, über deren Wortwahl man streiten kann - nicht mehr“, so die Einschätzung der Fanhilfe Mönchengladbach zum Thema. Auch der FPMG Supporters Club hat sich zu der Aktion der Sottocultura Ultras zu Wort gemeldet: „Der Unmut richtete sich gegen die jüngst von Seiten des DFB verhängten Kollektivstrafen und ist grundsätzlich legitim. Die verwendete Fadenkreuzgrafik war allerdings völlig daneben. Aus gutem Grund reagiert die Öffentlichkeit auf das Thema Gewalt aktuell hoch sensibel. Hier wäre mehr Fingerspitzengefühl angebracht gewesen.“ Von Gladbacher-Fans in der Nordkurve, die das Motiv des Fadenkreuz-Doppelhalters auch von hinten erkennen konnten, wurde während der Plakataktion teilweise „Ultras raus“ gerufen. Die Inhalte der Spruchbänder waren von diesen Fans zu diesem Zeitpunkt nicht zu erkennen.


Vor Anpfiff des Spiels war in der Nordkurve noch ein von den Ultras organisiertes Fahnenmeer zu sehen, das unter dem Motto „Vom Opa zum Vater, vom Vater zum Sohn - 119 Jahre belebte Tradition“ stand. Auf dem Rasen brachte Ginter die Borussia vor 48.000 Zuschauern bei einem nur spärlich gefüllten Gästeblock schon in der elften Minute in Führung. Doch die Fohlenelf konnte diese Führung trotz eines Elfmeters nicht ausbauen. Zudem wurde ein Tor für Mönchengladbach nicht gegeben, weil 15 Sekunden zuvor ein Handspiel passierte. In der Nachspielzeit gelang den Gästen aus dem Kraichgau durch Ribeiro noch der Ausgleich zum 1:1 Endstand. (Faszination Fankurve, 22.02.2020)

Fanfotos Borussia Mönchengladbach




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