21.06.2012 - Fortuna Düsseldorf

Supporters Club zu den Vorfällen in der Relegation


Der Supporters Club Düsseldorf befasst sich in einer aktuellen Stellungnahme mit den Ereignissen und den Folgen des Relegationsspiels. Dabei fordert der Dachverband die Fortuna Fans auf ihr eigenes Verhalten zu reflektieren, kritisiert aber auch die mediale Diskussion, die auf das Spiel folgte.

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme des Supporters Club Düsseldorf:

Nachbetrachtung zum Aufstiegsspiel

Nachfolgend möchte der Vorstand des Supporters Club Düsseldorf Stellung zur aktuellen Situation, den Geschehnissen rund um den Aufstieg der Fortuna in die Bundesliga und die darauf erfolgte mediale Diskussion über Sicherheit im Fußball beziehen. Wir haben es bewusst vermieden, uns schon in den hektischen Tagen nach der Relegation zu Wort zu melden. Zum einen mussten auch wir die chaotischen Umstände der Bundesliga-Rückkehr unserer Fortuna erst einmal verdauen und zum anderen lässt sich manches mit dem entsprechenden Abstand deutlich besser bewerten, als dies schon in den ersten Tagen nach dem Rückspiel gegen Hertha BSC Berlin der Fall gewesen wäre.

Beginnen möchten wir mit einem Appell an alle, denen Fortuna Düsseldorf am Herzen liegt! Fortuna und damit auch wir Fans werden dieses Mal nicht mit einem blauen Auge davonkommen. Viele, wenn nicht gar alle Fans werden das erste Bundesliga-Heimspiel nach mehr als 15 Jahren nicht live im Stadion miterleben können und unsere Mannschaft wird nicht die gewohnte Anfeuerung erfahren. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob diese Strafe in Relation zum Strafmaß gegen andere Vereine angemessen erscheint oder nicht. Jeder, der sich als Anhänger der Fortuna sieht, ist daher aufgefordert, für sich zu hinterfragen, inwiefern er durch sein Verhalten dem Verein Schaden zugefügt hat. Durch das nun vom Kontrollausschuss des DFB geforderte und auch in der Vergangenheit bereits mehrfach angedrohte Strafmaß steht der Verein an einem Punkt, an dem das Fehlverhalten seiner Anhänger ernsthaft den sportlichen Erfolg und die dringend erforderlichen Investitionen in die Infrastruktur des Clubs gefährden könnte. Das kann nicht in unserem Interesse sein und dafür sind wir nicht 15 Jahre mit dem Verein durch Dick und Dünn gegangen.

Nicht nur Treue, sondern auch viel Herzblut, Engagement und ehrenamtliche Hilfe war nötig, um das leckgeschlagene Schiff Fortuna Düsseldorf wieder aufzurichten, denn dieser Verein war vor zehn Jahren mehr oder weniger tot. Abgestürzt in die vierte Liga, finanziell nicht nur am, sondern mit einem Schritt schon weit über dem Abgrund und sportlich im Grunde ohne Perspektive. Nur einem Schulterschluss all jener, denen er dennoch am Herzen lag, ist zu verdanken, dass wir uns heute wieder auf Punktspiele gegen Bayern München oder Schalke 04 freuen dürfen und nicht belanglose Freundschaftsspiele gegen eben diese Clubs Höhepunkte in ansonsten trostlosen Spielzeiten im Amateurbereich darstellen.

Wir können und wollen nicht akzeptieren, dass all dies nun durch den Egoismus Einzelner gefährdet wird. Und dies betrifft längst nicht nur das Abbrennen von bengalischen Fackeln! Wer zum Beispiel meint, schon während des Spiels die Trennmauer zum Innenraum übersteigen zu müssen, um möglichst als erster nach dem Schlusspfiff auf das Spielfeld laufen und sich ein "tolles Souvenir" sichern zu können, auch auf den trifft genau dies zu! Und wer bewusst gefährliche Knallkörper auf Sicherheitskräfte wirft, der gehört ohnehin nicht ins Stadion, sondern in Therapie!

Zum Abbrennen von bengalischen Fackeln und Feuerwerkskörpern in den letzten Wochen der Saison möchten wir wie folgt Stellung beziehen: Der SCD hat in der Vergangenheit bewusst Projekte unterstützt, die das kontrollierte und erlaubte Abbrennen von Pyrotechnik zum Ziel hatten. Nach den jüngsten Vorkommnissen jedoch muss festgehalten werden: Wir sind noch nicht so weit! Es mag bestimmte Gruppen geben, die ein ausreichendes Maß an Vernunft hierfür mitgebracht hätten, aber in der breiten Masse unserer Düsseldorfer Anhängerschaft gibt es leider zu viele "schwarze Schafe", was nicht zuletzt die Böllerwürfe auf Polizisten im Anschluss an die Partie gegen den MSV Duisburg oder auch das bloße Ausmaß des Einsatzes von Pyrotechnik im Relegations-Rückspiel gegen die Hertha aufgezeigt haben. Daher appellieren wir offen an alle, denen Fortuna Düsseldorf am Herzen liegt, vorläufig auf bengalische Fackeln und andere pyrotechnische Elemente zu verzichten! Wer auch jetzt noch nicht verstanden hat, dass das Maß voll ist, der kann in Zukunft auch nicht mehr auf die Unterstützung des SCD hoffen!

Im gleichen Atemzug möchten wir uns auch zu den abgebrannten Fackeln im vom SCD verwalteten Bereich der Blöcke 40 und 41 äußern. Wir verurteilen den Einsatz von Pyrotechnik in der Support Area scharf! Sicherlich war das Aufstiegsspiel eine Ausnahmesituation, die uns allen emotional sehr nahe gegangen ist - wer jedoch vorsätzlich pyrotechnische Gegenstände in unseren Block bringt, zeigt damit, dass er das Projekt "Support Area" bewusst mit Füßen tritt und sogar bewusst seinen Fortbestand gefährdet. Dies nehmen wir nicht hin.

Das bedeutet nach wie vor nicht, dass wir Pyrotechnik generell ablehnen. Vielmehr gilt es, die Strafen des DFB und sein Verhalten kritisch zu hinterfragen und nachhaltige Lösungen zu finden. Auch weiterhin verurteilen wir, dass der DFB die Gespräche über ein kontrolliertes Abbrennen trotz zuvor sehr konstruktiv verlaufener Gespräche einseitig für beendet erklärt hat. An der daraufhin erfolgten Eskalation trägt der Verband durch dieses Verhalten sicherlich eine Mitschuld. Es gab in mehreren Städten, darunter auch in Düsseldorf, sehr weit gediehene Konzepte, die zum Teil auch schon von den zuständigen Sicherheitsorganen wie Polizei und Feuerwehr abgesegnet waren. Alleine schon deshalb war es seinerzeit ein Schlag ins Gesicht vieler Fans, dass die Verbände ihre anfängliche Kompromissbereitschaft ablegten und damit monatelang gehegte Hoffnungen auf einen Schlag zerstört wurden.

Wir sind weiterhin nicht bereit hinzunehmen, mit welcher Wucht die Anhängerschaft von Fortuna Düsseldorf in den zurückliegenden Wochen in nahezu allen Medien verunglimpft und diffamiert wurde. Neben Hunderten Kommentaren professioneller, aber auch selbst ernannter Journalisten in Zeitungen und Online-Blogs, die vor populistischen Forderungen nur so strotzten und auch jegliche Bereitschaft zu einer vernünftigen Recherche und Kenntnis der Sachlage vermissen ließen, sind hier die diversen TV-Sendungen zum Thema "Sicherheit im Fußball" zu nennen. Vor allem die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten - bekanntlich finanziert durch unserer aller Gebühren - haben sich hier unrühmlich hervorgetan. So war die ARD sich nicht zu schade, der "Schande von Düsseldorf" einen Brennpunkt zu widmen - ein Sendeformat, welches ansonsten über schwerwiegende Ereignisse mit zum Teil globalen Auswirkungen oder schlimme Katastrophen mit vielen Opfern berichtet. Und auch das ZDF ließ sich - fast zeitgleich - nicht lumpen und sendete ein "heute spezial" zu selbigem Thema. Es verwundert aufgrund dieser Berichterstattung beinahe schon, dass die Außenministerien der Anrainerstaaten von Reisewarnungen für die Stadt Düsseldorf abgesehen haben.

All diese Sendungen verfolgten im Grunde das gleiche Schema: Unser Fußball ist im Griff gefährlicher Banden, die jedes Stadion zu einer "No-Go-Area" machen wollen. Von Ultras als "Taliban der Fußballfans" war da unter anderem die Rede, ein an Geschmacklosigkeit kaum zu überbietender Vergleich. Dazu dürfen Polizeigewerkschafter wie Rainer Wendt wieder ihre kruden Forderungen nach Null-Toleranz-Strategien verbreiten und "Experten" wie Oliver Pocher oder Marijke Amado (!) referieren darüber, wie schlimm es doch um den Fußball bestellt ist. Johannes B. Kerner nutzt geschickt die Gunst der Stunde und schwingt sich zur Ikone der Pyrogegner herauf. Und als unbestrittener Höhepunkt bezeichnet der österreichische Kabarettist Werner Schneyder Fanchoreographien, von denen er, der in grauer Vorzeit immerhin auch mal das Aktuelle Sportstudio moderieren durfte, nach eigenem Bekunden am Vortag erstmals gehört hat, als faschistoid!

Ganz nebenbei wurde in der Sendung "Hart aber fair" einem Millionenpublikum auch noch aufgezeigt, wie einfach man in diversen (zum Teil namentlich genannten) Onlineshops bengalische Fackeln und andere pyrotechnische Materialien bestellen kann - chapeau! Bei diversen Rockfestivals in der Folgezeit konnte man das Ergebnis dieser gebührenfinanzierten Gratiswerbung bereits bewundern, denn auch dort wurde in teils exorbitantem Maße Pyrotechnik gezündet - und immer schön als Gradmesser der tollen Atmosphäre von den (ebenfalls öffentlich-rechtlichen) Kamerateams eingefangen. Da stellt sich fast zwangsläufig die Frage: Wer schützt eigentlich den Fernsehzuschauer vor diesem Programm?

Nicht gern gehört werden hingegen die wenig wirklich brauchbaren Beiträge, für die unter anderem Fortunas Fanprojektleiter Dirk Bierholz in der schon erwähnten ARD-Sendung „Hart aber fair“ sorgte. Beziehungsweise sorgen wollte, denn wann immer er den stereotypen Forderungen nach mehr Überwachung und stärkeren Repressionen die Einforderung von mehr Dialog zwischen Vereinen, Behörden und Fans entgegensetzte, war Moderator Frank Plasberg bemüht, ihm möglichst zügig und aggressiv ins Wort zu fallen, während die Vertreter der Gegenseite, unter anderem der in solchen Gesprächsrunden beinahe obligatorische Vertreter einer Polizeigewerkschaft, zu gefühlt minutenlangen Monologen ausholen durften.

Wir sind weit davon entfernt zu leugnen, dass es im deutschen Fußball oder auch hier bei uns in Düsseldorf ein Problem mit einzelnen gewalttätigen Personen oder Gruppen gibt. Jedoch muss man sich auch vor Augen führen, dass die Gewalt rund um Fußballstadien insgesamt rückläufig ist, was insbesondere auf vernünftige Fanarbeit zurückzuführen ist. Nur weil häufiger und dramatischer über einzelne Vorkommnisse berichtet wird, bedeutet dies noch lange keinen Anstieg oder gar "eine neue Dimension" der Gewalt! An dieser Stelle verweisen wir gerne auf die Stellungnahme der AG Fananwälte, die die Daten der ZIS ausgewertet hat.

Vieles von dem, was zuletzt als Gewalt oder Randale bezeichnet wurde, lässt sich zudem nicht mit Repressionen bekämpfen. Im Gegenteil – es wird hierdurch eher gefördert. Viel wichtiger ist es, endlich einen ernsthaften und vernünftigen Dialog zu etablieren, der nicht schon vorab durch Vorurteile oder die Stigmatisierung ganzer Gruppen zu gewalttätigen Horden erschwert wird. So sollte zum Beispiel einmal hinterfragt werden, warum zum Beispiel die fast allerorts nach wie vor wachsenden Ultragruppen mit ihren zum Teil radikalen Forderungen nach weniger Kommerzialisierung so einen regen Zulauf haben. Es gibt in Deutschland Hunderttausende Fußballfans, die sich im Ausleben ihrer Leidenschaft inzwischen arg eingeschränkt fühlen, und das längst nicht nur durch das Verbot von Pyrotechnik. Dass die Verantwortlichen es seit Jahren strikt ablehnen, sich mit den Problemen und Anliegen dieser Menschen zu befassen und sie ernst zu nehmen, das ist im Grunde der wahre Auslöser für manchen Exzess, über den in den vergangenen Wochen und Monaten berichtet werden musste!

Es ist nicht unser Anliegen, die Schuld nur bei anderen zu suchen. Nicht umsonst haben wir eingangs jeden Fortuna-Fan aufgerufen, auch einmal sich selbst und sein Verhalten zu hinterfragen. Dennoch: Es ist nicht nur falsch, sondern führt auch keine Verbesserung herbei, nun wieder nur mit dem Finger auf die Fans zu zeigen und ihnen die alleinige Verantwortung zu geben!

Ausdrücklich danken möchten wir dem Verein Fortuna Düsseldorf. Die Verantwortlichen haben bewiesen, dass ihnen auch und gerade nach den Ereignissen der letzten Wochen weiterhin an einem konstruktiven Dialog mit den Fans gelegen ist. So wurden Fanvertreter jüngst in die Preisgestaltung für die kommende Spielzeit involviert und ihnen die Gelegenheit gegeben, eigene Vorschläge einzubringen, die teilweise auch berücksichtigt wurden. Zudem begrüßen wir ausdrücklich die Entscheidung, dem Strafantrag des DFB-Kontrollausschusses zu widersprechen. Aktuell hat der SCD dem Verein nach einschlägigen Beratungen einen ausgearbeiteten Vorschlag für eine Reduzierung der Strafe unterbreitet – der Vorstand zeigte sich angetan und hat zugesagt, den Vorschlag entsprechend zu prüfen.

Zum Ende dieser Stellungnahme möchten wir es auch nicht versäumen, uns bei den Spielern ausdrücklich zu bedanken, die den Verein Fortuna Düsseldorf mit Ablauf der Saison verlassen werden. Leider haben es die Turbulenzen der vergangenen Wochen nicht zugelassen, diese Spieler würdig zu verabschieden. Im Namen aller Mitglieder des SCD – und wir denken, auch im Namen aller anderen Fortuna-Fans – möchten wir Euch für Euren Einsatz danken und Euch für Eure sportliche und persönliche Zukunft alles Gute wünschen. Ihr habt daran mitgewirkt, das zu schaffen, was wir alle vor den eingangs schon erwähnten zehn Jahren nicht mehr für möglich gehalten haben – Ihr habt geholfen, Fortuna Düsseldorf wieder zurück in die Bundesliga zu führen. Das werden wir Euch nicht vergessen!

Düsseldorf im Juni 2012

Vorstand und Beirat des Supporters Club Düsseldorf 2003 e.V.

Fanfotos Fortuna Düsseldorf




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