22.08.2020 - FSV Frankfurt

Ultras gegen Sonderrecht für Funktionäre & Sponsoren


Das Hessenpokal-Finale zwischen dem FSV Frankfurt und dem TSV Steinbach Haiger findet heute vor 250 Zuschauern im Stadion am Bornheimer Hang in Frankfurt statt. Die Pugnatores Ultras kritisieren, dass nur 40 Tickets an FSV-Fans gingen. Der Verein erhielt insgesamt 63 Karten.

Davon gingen 23 Tickets an Sponsoren und Partner, so dass für Fans und Dauerkarteninhaber nur noch 40 Eintrittskarten übrig blieben. Laut Angaben der Pugnatores Ultras sollen etwa 120 der 250 verfügbaren Tickets an den Hessischen Fußballverband (HFV) gegangen sein. „Alle oder keiner! Es darf nicht Sinn und Zweck von Stadionteilöffnungen sein, privilegierten Funktionären und Sponsoren ein Sonderrecht für Veranstaltungsbesuche einzuräumen“, kritisieren die Pugnatores Ultras die Vergabe der verfügbaren Tickets.

Der FSV Frankfurt entwickelte ein Hygienekonzept und hoffte auf ein Finale vor 1.280 Zuschauern. Doch wegen der Entwicklung der Ansteckungszahlen wurde für das Pokalfinale keine Sondergenehmigung erteilt, weshalb heute nur 250 Fans ins Stadion dürfen.

Die Pugnatores Ultras wären auch bei 1.280 zugelassenen Zuschauern nicht ins Stadion gegangen und fragen sich, wo die zu Anfangszeiten der Corona-Pandemie viel beschwörene Solidarität geblieben ist. (Faszination Fankurve, 22.08.2020)

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Pugnatores Ultras:

QUO VADIS SOLIDARITÄT?

Es ist schon etwas her, als wir uns das letzte Mal via Kommuniqué gemeldet haben. Im März war es, als Menschen für Pflegekräfte auf den Balkon gegangen sind. Sie haben geklatscht, um ihre Wertschätzung gegenüber systemrelevanten Arbeitskräften zum Ausdruck zu bringen. Solidarität war die Losung dieser Tage – auch wir haben sie gefordert. Letztlich ist nicht viel geblieben vom lauen Lüftchen gesamtgesellschaftlicher Verantwortung. Über Systemrelevanz hat diesen Sommer kaum einer mehr gesprochen, verflogen waren die guten Ansätze.

Wie steht es um unseren Fußball? Die Nachricht, die uns am Dienstag erreicht hat, hat ihre Sprengkraft unmittelbar entfaltet. Der FSV kann das Hessenpokalfinale nicht wie gewünscht unter Auflagen eines peniblen Hygienekonzepts vor 1.280 Zuschauern durchführen. Schon diesen Plan haben wir mit skeptischen Augen verfolgt. Nein, der FSV darf sein Heimspiel vor exakt 250 Zuschauern austragen. Lokale Behörden hatten durch die aktuelle Ansteckungsdynamik in Frankfurt keine Sondergenehmigung für das Spiel erteilt. Die Corona-Kontakt- und Betriebsbeschränkungsverordnung in Hessen sieht derzeit Großveranstaltungen mit bis zu ebenjenen 250 Zuschauern vor. Diese 250 Eintrittskarten sollen nun in aristokratischer Manier verteilt werden. Es wird also nicht zu einem freien Verkauf kommen. Gut die Hälfte, also ca. 120 Zuschauer, werden zum Kreis der auserwählten Fußball-Funktionäre des Hessischen Fußballverbandes (HFV) gehören. Unter welchen Umständen diese Eintrittskarten verteilt werden, ist uns zum jetzigen Zeitpunkt nicht klar. Dass auch DFB-Funktionäre oder Mitarbeiter des „Hessisches Ministerium des Innern und für Sport“ an den Bornheimer Hang pilgern werden, scheint also ein durchaus realistisches Szenario. Der FSV Frankfurt erhält insgesamt 63 Eintrittskarten, wovon 23 an Sponsoren verteilt werden und ca. 40 in einem Losverfahren an Dauerkartenbesitzer und Vereinsmitglieder veräußert werden. Der restliche Anteil an Zuschauern wird aus den Kreisen des TSV Steinbach zu erwarten sein.

Festzustellen ist: der FSV Frankfurt ist nicht Ausrichter dieser Partie und trägt trotzdem eine Mitverantwortung für dieses Schauspiel. Wie kann es sein, dass Hygienebestimmungen in einer solch unsolidarischen Art und Weise zu einer Zweiklassengesellschaft beitragen können? Ganz einfach, wenn Sportveranstalter ihr eigenes Wohl über das Gemeinwohl stellen. Wenn es das lokale Infektionsgeschehen nicht hergibt, müssen Großveranstaltungen eben vor dem Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Das Motto vieler Fußballfans, dem wir uns anschließen, lautet: Alle oder keiner! Es darf nicht Sinn und Zweck von Stadionteilöffnungen sein, privilegierten Funktionären und Sponsoren ein Sonderrecht für Veranstaltungsbesuche einzuräumen. Es entbehrt sich jeder Logik, wie ein Fußballverband seiner gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht wird und zum Teil des Problems verkommt. Es wurde von Anfang an befürchtet, dass behördliche Hygieneauflagen zu gesellschaftlicher Spaltung führen könnten, sollten sie missbraucht werden. In kleinem Kreis wird diese Befürchtung nun Realität werden, wenn Sportfunktionäre und Sponsoren auf ihren Logenplätzen an die Ehrentribüne des BFC Dynamo der 80er Jahre erinnern.

So oder so: wir hätten das Hessenpokalfinale nicht im Stadion besucht. Großveranstaltungen haben in Zeiten großer Herausforderungen hintenanzustehen. Es gilt hohe Infektionszahlen zu vermeiden und deshalb rufen wir weiterhin zu Vernunft auf. Je glaubhafter Hygienekonzepte von Veranstaltern umgesetzt werden, desto besser und solidarischer lässt sich die Krise bewältigen. Es darf kein Wasser auf die Mühlen der „Coronaleugner“ geben. Verantwortungsvolles Handeln muss jeden betreffen.

PUGNATORES ULTRAS im August 2020

Fanfotos FSV Frankfurt




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