31.01.2016 - 1. FC Union Berlin

Verein & Fanszene kritisieren Polizeieinsatz


Vor dem gestrigen Benefizspiel zwischen Union Berlin und Austria Salzburg kam es am Stadion an der Alten Försterei zu Auseinandersetzungen zwischen Union Fans und der Polizei. Der 1. FC Union Berlin und die Fanszene des Vereins üben scharfe Kritik an dem Polizeieinsatz.

Verein und Fanszene widersprechen dem Bericht der Berliner Polizei zu den Geschehnissen. Zudem wird beklagt, dass auch der Fanbeauftragte des Vereins, Lars Schnell, durch das Reizgas der Polizei verletzt wurde und ärztlich behandelt werden musste. Insgesamt sollen 80 Personen verletzt worden sein. Doch war ein Polizeieinsatz überhaupt notwendig? (Faszination Fankurve, 31.01.2016)

Faszination Fankurve dokumentiert die Stellungnahme der Fanszene von Union Berlin:
Gemeinsame Erklärung zu den Vorkommnissen am 30.Januar auf dem Gelände des 1.FC Union Berlin e.V.

Wir widersprechen hiermit ausdrücklich dem Polizeibericht vom 31.Januar 2016 und bitten hiermit um einen gemeinsamen Termin mit der Fanbetreuung, dem Sicherheitsbeauftragten, dem Präsidium und dem Aufsichtsrat des 1.FC Union Berlin e.V., um weiteres Vorgehen miteinander absprechen zu können.
Wir sind immer noch fassungslos ob der Ereignisse und wollen diese aus unserer Sicht in chronologischer Reihenfolge darlegen. Im Vorfeld des Benefizspiels gegen den SV Austria Salzburg wurde durch die Szene Köpenick ein Marsch von der Altstadt Köpenick zum Stadion An der alten Försterei initiiert. Dieser gehörte zum Einen zu den Feierlichkeiten zum 50. Vereinsgeburtstag und sollte zum Anderen auf die Situation des österreichischen Vereins aufmerksam machen. Dieser wurde 2005 neugegründet, als Red Bull Sponsor des klammen Verein wurde und sämtliche identifikationsstiftende und traditionelle Werte wie Farben und Logo des Vereins verschwinden ließ. Der ursprüngliche Verein firmiert heute als Red Bull Salzburg, während der neugegründete Fanverein wieder finanzielle Schwierigkeiten hat. Dieser Marsch war daher dazu geeignet, zu zeigen, dass es wichtiger aber auch schwieriger ist, für etwas zu sein und nicht nur dagegen.
Am Schlossplatz Köpenick versammelten sich bis etwa 15 Uhr etwa 800 Leute, die gemeinsam zum Stadion An der Alten Försterei laufen wollten. Die Fanbetreuung begleitete den Marsch und stand jederzeit im Kontakt zu den Verantwortlichen. Die Situation war entspannt und friedlich, obgleich vereinzelt Pyrotechnik gezündet wurde. Kurz vor dem Stadion bildeten die Fans eine Gasse, so dass der Mannschaftsbus des 1.FC Union Berlin e.V. unter Applaus passieren konnte. Die Stimmung war ausgelassen und nicht aggressiv. Wir widersprechen an dieser Stelle auch der Darstellung, dass es polizeifeindliche Sprechgesänge gegeben habe. Die Fanbetreuung hatte daher auch keinen Grund, einzugreifen oder auf die Fans einzuwirken.
Als die Fans das Stadiongelände erreichten, wurde der Durchgang ohne Grund durch behelmte Polizisten versperrt. Für die nachkommenden Fans war dies nicht ersichtlich, sie drängten ebenfalls auf das Stadiongelände. Ein Mann stürzte infolgedessen und daraufhin kippte die Situation: die Polizisten versprühten ohne vorherige Warnung Pfefferspray und prügelten auf die helfenden Fans ein. Deeskalierend wirkende Fans wurden ebenfalls geschubst oder bekamen Fäuste ins Gesicht.
Die Verletzten wurden anschließend den Rettungskräften im Stadion übergeben, es gab im Verlauf dieser Situation eine Festnahme. Die anderen Fans strömten derweil zum Einlassbereich, wo sich auch andere unbeteiligte Fans aufhielten, u.a. Rollstuhlfahrer und Kinder.
Hier kam es wieder zu mehreren Übergriffen seitens der Polizei, einen direkten Auslöser können wir derzeit nicht benennen. Allerdings war es offensichtlich, dass hier rücksichts- und vor allem verantwortungslos gehandelt wurde. Die Polizei griff auch Personen an, die deeskalierend wirken wollten und die die mittlerweile aufgebrachte Menge beruhigten. Hierbei kam es auch zum Übergriff auf den Fanbeauftragten, der sich ordnungsgemäß auswies und dennoch später im Krankenhaus behandelt werden musste.
Die genaue Anzahl der Verletzten können wir auf Grund der unübersichtlichen Lage nur schätzen, jedoch ist jede Verletzung eine zuviel. Wir bitten alle Verletzten, sich ihre Verletzungen ärztlich attestieren zu lassen und sich bei der Eisernen Hilfe unter info@eiserne-hilfe.de zu melden. Weiter ist es von Vorteil, ein Gedächtsnisprotokoll zu den Ereignissen anzufertigen.
Wir können nachvollziehen, dass Straftaten aufgeklärt werden sollen, allerdings war dies weder der richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt, geschweige denn die geeignete Taktik. Wir verurteilen daher diesen Einsatz und die daraus resultierenden Folgen für alle Beteiligten und wünschen uns ein gemeinsames Vorgehen des 1.FC Union Berlin e.V. mit uns. An dieser Stelle möchten wir auch nochmals darauf hinweisen, dass es sich um ein Benefizspiel handelte, bei dem zu keinem Zeitpunkt von einer Fanrivalität oder Angriffen auf gegnerische Fans auszugehen war. Die Anzahl der eingesetzten Polizisten und der Einsatz an sich, so er denn so geplant war und nicht etwa aus dem Ruder lief, sind klar zu verurteilen!
Eiserne Hilfe
Fan- und Mitgliederabteilung
Szene Köpenick
Wuhlesyndikat
Teen Spirit Köpenick
Hammerhearts

Stellungnahme von Union Berlin zu den Vorfällen:
„UNANGEMESSENER EINSATZ“: 1. FC UNION BERLIN WIDERSPRICHT POLIZEIBERICHT
Im Anschluss an einen Fanmarsch von der Altstadt Köpenick zum Stadion An der Alten Försterei kam es beim Eintreffen mehrerer hundert Fans am Stadion in Folge eines schwer nachzuvollziehenden Polizeieinsatzes zu Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Fans. In Folge des wiederholten Einsatzes von Reizgas durch die Polizei mussten zahlreiche Menschen ärztlich behandelt werden, darunter auch Lars Schnell, der Fanbeauftragte des 1. FC Union Berlin.
Wie dem Verein vorliegende Videobilder zeigen, trafen die Fans begleitet von Polizisten friedlich am Stadion an der Alten Försterei ein. Wenige Meter nach dem Passieren der Zufahrt zum Parkplatz vor der Haupttribüne des Stadions versuchte eine Polizeikette bereits auf dem Vereinsgelände den Zug ohne ersichtlichen Grund zu stoppen. Ein aggressives Verhalten der Fans war nicht zu beobachten, im Gegenteil, zahlreiche Fans versuchten, der plötzlichen Sperrung auszuweichen oder davor zu stoppen. Mehrere Fanbetreuer des Vereins versuchten, zwischen Polizei und nachströmenden Fans zu vermitteln. Als ein Fan das Gleichgewicht verlor und beim Sturz in die Polizeikette einen der Beamten zu Fall brachte, reagierten die anderen Polizisten umgehend mit körperlicher Gewalt und setzen Reizgas ein, wodurch die bis dahin ruhige Lage zur Eskalation gebracht wurde.
Es folgten weitere polizeiliche Maßnahmen auf dem Grundstück des 1. FC Union Berlin, die offenbar zur Festsetzung einzelner Fans führen sollten. Dabei waren insgesamt ca. 80 Verletzte zu beklagen, darunter überwiegend Fans und Mitarbeiter des Vereins sowie, nach Angaben der Polizei, 21 Beamte.
Der 1. FC Union Berlin weist die Darstellung der Berliner Polizei zu ihrem gestrigen Einsatz am Stadion An der Alten Försterei zurück. Erst eine für ein Benefiz-Spiel außergewöhnliche hohe Polizeipräsenz und ein angesichts der Situation rund um das Stadion unerklärlich intensiver Polizeieinsatz haben die Lage eskalieren lassen.

So ordnet die Polizei Berlin die Geschehnisse ein:
Verletzte nach Randale bei einem Fußballbenefizspiel

Polizeimeldung vom 31.01.2016

Statt friedlich ein Sportereignis zu genießen waren mehrere sogenannte „Fußballfans“ gestern Nachmittag in Köpenick offenbar eher aggressiv eingestellt. Vor dem Spiel auf dem Weg zum Stadion in der Straße An der Wuhlheide wurden aus einer Gruppe von mehreren hundert Heimfans immer wieder pyrotechnische Gegenstände gezündet. Teilweise vermummten sich Personen in dem Strom der Fans und skandierten immer wieder polizeifeindliche Sprechgesänge. Nach Angaben der eingesetzten Polizisten sollen die anwesenden Fanbeauftragten nicht auf das aggressive Verhalten reagiert haben und trotz mehrfachen Aufforderungen auf die Fußballanhänger einzuwirken, nicht aktiv geworden sein. Beim Erreichen des Stadions gegen 16 Uhr wurden Polizisten dann aus einer Gruppe von rund 250 Anhängern der Heimmannschaft massiv körperlich angegriffen. Die Beamten wehrten die Angriffe mittels körperlicher Gewalt ab und setzten auch Reizgas ein. Im Bereich des Hauptzugangs und der Kasse kam es immer wieder zu Flaschenwürfen auf Polizisten und zu körperlichen Angriffen auf die Beamten, die daraufhin erneut mehrfach Reizgas einsetzten. Insgesamt nahmen sie 18 „Fußballfans“ vorläufig fest und leiteten Strafermittlungsverfahren wegen besonders schweren Landfriedensbruchs, Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung, Körperverletzung, Widerstands, Beleidigung und Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz ein. Insgesamt wurden bei dem Einsatz über 80 Personen verletzt, darunter nach derzeitigem Stand 21 Polizisten, ein Ordner, 26 Personen, die der aggressiven Gruppe von Fans zuzuordnen sind, und rund 40 andere Stadionbesucher.
Während der Schlussphase des Spiels stürzte eine Person im Gästefanblock von einem Geländer und musste von einem Notarzt in ein Krankenhaus gebracht werden.
Die Polizei war mit rund 300 Beamten im Einsatz

Fanfotos 1. FC Union Berlin




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