24.06.2020 - FC Carl Zeiss Jena

Vorgehen gegen Pyrostrafen vor Gericht gescheitert


Der FC Carl Zeiss Jena war der erste Verein in Deutschland, der wegen vom DFB verhängten Strafen für Pyroaktionen vor ein ordentliches Gericht gezogen ist. Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied gestern nun, dass das vom Ständigen Schiedsgericht der 3. Liga verhängte Urteil gegen FCC nicht aufzuheben sei.

Das ordentliche Gericht stellte somit fest, dass Vereine durchaus für Pyrotechnik-Aktionen ihrer Fans haften können und das Vorgehen vom DFB rechtens sei. Das Ständige Schiedsgericht der 3. Liga stellt nach Auffassung des Oberlandesgerichts ein Schiedsgericht dar, das die ordentliche Gerichtsbarkeit ausschließe. Die Haftung eines Fußballvereins für das Abbrennen von Pyrotechnik seiner Anhänger verstoße demnach nicht gegen allgemeine Grundsätze der öffentlichen Ordnung. Der Schiedsspruch des Ständigen Schiedsgerichts, der im Ergebnis eine gegen den FC Carl Zeiss Jena verhängte Geldstrafe“wegen des Abbrennens von Pyrotechnik durch FCC-Fans bestätigt hatte, wird somit laut Entscheidung des Oberlandesgerichts in Frankfurt nicht aufgehoben.

Im Sommer 2018 wurden bei drei Spielen vom FC Carl Zeiss Jena pyrotechnische Gegenstände durch FCC-Fans abgebrannt. Das DFB-Sportgericht belegte den FCC deswegen im Herbst 2018 mit einer Geldstrafe in Höhe von knapp 25.000 Euro. Der FCC legte dagegen Berufung beim DFB-Bundesgericht ein, was jedoch ohne Erfolg blieb, weshalb der Drittligist Klag“ gegen den DFB vor dem Ständigen Schiedsgericht der 3. Liga einreichte.

Carl Zeiss Jena beantragte festzustellen, dass der Schiedsvertrag zwischen den Parteien unwirksam sei. Das Schiedsgericht wies diesen Antrag ab, weshalb der Verein vor das Oberlandesgericht am Sitz des DFB zog. Dieser Aufhebungsantrag hatte vor dem Gericht keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die Parteien wirksam eine Schiedsgerichtsvereinbarung getroffen hätten.

Das Ständige Schiedsgericht für die 3. Liga sei ein echtes Schiedsgericht, so dass der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten wirksam ausgeschlossen worden sei. Das zur Entscheidung berufene Schiedsgericht stelle eine „unabhängige und neutrale Instanz“ dar. Da die Parteien paritätischen Einfluss auf die Besetzung des entscheidenden Spruchkörpers hätten, sei insbesondere von einer unabhängigen Instanz auszugehen.

Der Schiedsgerichtsvertrag sei auch wirksam. Es liege kein Verstoß gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot vor. Selbst wenn man unterstellte, dass der DFB den Abschluss einer Schiedsvereinbarung verlange, wäre ein solches Verlangen jedenfalls durch sachliche Gründe gerechtfertigt. Die Antragstellerin habe sich dem Schiedsgerichtsvertrag freiwillig unterworfen und damit auf den Justizgewährungsanspruch verzichtet. Der Abschluss eines Schiedsgerichtsvertrages sei gemäß dem DFB-Statut kein zwingendes rechtliches Erfordernis für die Zulassung zur 3. Liga gewesen.

Auch der Einwand des FCC, der Schiedsspruch sei aufzuheben, weil seine Vollstreckung zu einem Ergebnis führen würde, welches der öffentlichen Ordnung (ordre public) widersprechen würden, ist nach Ansicht des Gerichts nicht stichhaltig. Insbesondere verstoße, so die Entscheidung des Oberlandesgerichts, die in § 9a der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB geregelte Verbandsstrafenhaftung nicht gegen den ordre public. Über diese Vorschrift würde dem Verein zwar „schuldhaftes Verhalten der Anhänger des Vereins und der Personen (...), die sich in seinem Geschäfts- und Gefahrenkreis aufhalten“ zugerechnet. Diese Verbandsstrafenhaftung sei aber durch die verfassungsrechtlich verbürgte Vereinigungsfreiheit legitimiert. Sie entspreche zudem dem im deutschen Recht bekannten Institut der Gefährdungshaftung. So hafte etwa der Kraftfahrzeughalter unabhängig davon, wer gefahren sei. Dieser Gedanke sei auf Sportvereine übertragbar: „Aus der verbandsrechtlich ermöglichten Teilnahme am Spielbetrieb erwachsen ihnen finanzielle Vorteile, so dass umgekehrt ein verbandsrechtliches Einstehen für aus dieser Teilnahme erwachsene Gefahren nicht unbillig ist“, resümiert das Oberlandesgericht. Dabei sei der Begriff des „Anhängers“ auch hinreichend konkret; es werde „etwa auf die Positionierung der betreffenden Person im Stadion (...) oder das Tragen von Trikots, Schals oder ähnlichen Kleidungsstücken, die auf einen bestimmten Verein hindeuten, abgestellt“.

Dem FC Carl Zeiss Jena bleibt nun noch die Möglichkeit, gegen den Beschluss Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einzulegen. Chris Förster, Geschäftsführer des FC Carl Zeiss Jena kündigte gegenüber der Ostthüringer Zeitung an, dass der Verein nun intern bewerten wolle, ob eine solche Rechtsbeschwerde sinnvoll sei. Auf den Verein kämen weitere Verfahrenskosten hinzu.

Während man das Urteil beim FC Carl Zeiss Jena inhaltlich nicht nachvollziehen konnte, begrüßte DFB-Vizepräsident Dr. Rainer Koch die Entscheidung des DFB-Sportgerichts. „Mit dem heutigen Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt wird einmal mehr die ständige Rechtsprechung aller nationalen und internationalen für den Sport zuständigen Rechtsinstanzen, insbesondere des Internationalen Sportgerichtshofs CAS, bestätigt: die verschuldensunabhängige Haftung der Vereine für Fehlverhalten ihrer Anhänger als elementares Handlungsinstrument der Rechtsorgane der Fußballverbände ist von der Verbandsautonomie gedeckt und unstreitig rechtmäßig! Der heutige Urteilsspruch wird nun final zu Rechtssicherheit und Rechtsklarheit und zur Akzeptanz der sportgerichtlichen Entscheidungen zur Haftung der Vereine bei Zuschauerfehlverhalten führen.“ (Faszination Fankurve, 24.06.2020)

Fanfotos FC Carl Zeiss Jena




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