14.08.2019 - 1. FC Union Berlin

„Werden unseren Protest 15 Minuten lang durchziehen“


Nachdem das Wuhlesyndikat am vergangenen Freitag wieder einen 15 Minuten langen Stimmungsboykott für das Heimspiel gegen Rasenballsport Leipzig ausrief (Faszination Fankurve berichtete), wurde über die Entscheidung der Union-Ultras breit diskutiert. Heute hat sich das Wuhlesyndikat nochmals zu Wort gemeldet.

Selbst Union-Torhüter Rafał Gikiewicz fühlte sich genötigt, seine Meinung zum geplanten 15 Minuten langen Stimmungsboykott kund zu tun, obwohl Union-Fans die gleiche Protestaktion schon bei den Heimspielen gegen RB Leipzig in den Jahren 2014 und 2015 durchgeführt haben. So kritisierte der Keeper den geplanten Stimmungsboykott und erklärte via sozialer Medien: „Euer geplanter Boykott in den ersten 15 Minuten ist nicht gut für uns Spieler. Ihr könnt gerne eine Choreo oder sonst etwas machen. Wir Spieler, zusammen mit Euch Fans, müssen unseren Gegnern zeigen, dass das UNSER Platz ist, UNSER Haus! Sie müssen spüren 'Wellcome to Hell', dass es NIE einfach ist gegen uns zu spielen. Fans, das ist meine persönliche Meinung!“.


Auch von Union-Fans wurde das Wuhlesyndikat für die ausgerufene Protestaktion kritisiert. Nun stellten die Union-Ultras klar, dass bei der geäußerten Kritik weitestgehend Einigkeit über die Ablehnung von RB Leipzig geherrscht hätte, jedoch der Zeitpunkt des Stimmungsboykotts beim ersten Spiel in der 1. Bundesliga unglücklich sei: „Dies ist etwas, was uns zunächst positiv stimmt und zeigt, dass unsere bisherigen Protestkampagnen in den vergangenen Spielzeiten ihre Wirkung nicht verfehlt haben. RB Leipzig bekommt keine Akzeptanz. Als Grund dafür sehen wir ganz klar die entschiedenen und vielfältigen Protestaktionen, bei uns und bei anderen Fanszenen. Nichtsdestotrotz muss erwähnt werden, dass RB scheinbar auch in Teilen unserer Fanszene ein Stück weit 'angekommen' ist, ebenso in natürlich größerem Maße in der allgemeinen Öffentlichkeit. Ein weiterer, entscheidender Grund, den Protest lebendig zu halten. Egal wie lang dieses Konstrukt auch noch durch Fußballdeutschland geistern wird, ein Spiel gegen dieses kann nie ein normales Spiel sein! Und ja, ein Stimmungsboykott stellt eine drastische Maßnahme dar. Das ist uns und allen Beteiligten bewusst. Jedoch sollte ebenfalls klar sein, dass es im Stadion wohl kaum eine wirkungsvollere Protestform geben kann. Weder durch Choreographien noch durch Spruchbänder oder dergleichen kann eine entsprechende Aufmerksamkeit erzeugt werden. Derartige Formen sind in unserem, wie auch in anderen Stadien (noch) alltäglich und erfahren daher nur selten besondere Beachtung. Ein ruhiger, stiller Protest dagegen ist etwas Nichtalltägliches und unterstreicht, dass dies für uns niemals ein Spiel wie jedes andere sein wird. Zudem sei nochmal erwähnt, dass es nicht um ein bloßes Schweigen geht, sondern auch – wie in der vorherigen Ankündigung genannt – eine begleitende optische Aktion geben wird, die sich mit unseren Werten befasst und zeigt 'wofür' wir stehen und was wir kritisieren. Diese optische Begleitung wird auch die Aktion zu Ehren unserer ehemaligen Mitstreiter auf den Rängen nicht beeinträchtigen. Auch hier wurde sich intensiv ausgetauscht und ein Kompromiss gefunden, um diesen wichtigen Moment zu würdigen“, äußerte sich das Wuhlesyndikat heute zum Thema.

In den Augen der Ultras von Union Berlin stellt der eigene Verein das genaue Gegenteil von RB Leipzig dar, einem Club der nur 17 Mitglieder hat, während die Union-Fans beim Stadionbau mitgewirkt haben und der Aufsteiger durch eine lebendige Vereinskultur lebt: „Dieser 17 Mitglieder zählende Verein spielte vor 6 Jahren noch in der 3. Liga, 2016 schon folgte der Aufstieg in die erste Liga und bereits im Jahr darauf wurde er Vizemeister. Nicht durch ehrlicher Hände Arbeit und Entwicklung, sondern durch die Übernahme eines Amateurvereins, durch massiven Geldeinsatz und zu einem einzigen (Werbe-)Zweck. Das alles werden wir am Sonntag sehen und das sieht auch die Fußballwelt, die auf uns schaut. Viele unserer Weggefährten der vergangenen Jahre haben sich für Union gefreut, dass wir diesen Aufstieg gegen alle Widerstände geschafft haben. Und sie werden am Sonntag auf uns schauen und gespannt sein, wie wir diesem Gegner entgegentreten. Jubeln und feiern wir alle Kritiken und Proteste der Vergangenheit weg, jetzt wo wir „oben“ und Teil des Ganzen sind? Wie siehts aus mit unseren Werten und Traditionen, die durch so viele Aktionen in der ganzen Bundesrepublik bekannt sind? Heute alles nicht mehr wichtig? Genau die Tatsache, dass wir nun unser erstes Bundesligaheimspiel begehen werden und gleichzeitig gegen einen der größten Feinde unserer Werte protestieren, unterstreicht noch einmal die Dringlichkeit dieser Angelegenheit, die beim besten Willen nicht irgendeiner „Ultrà-Laune“ entwachsen ist! Es schmerzt, das erste Bundesligaspiel unseres Vereins in einem solchen Rahmen begehen zu müssen und doch liegt hier die große Chance, zu beweisen, dass wir genau deshalb ein Gewinn für die Bundesliga sind – weil wir bereit sind, für unsere Werte und unsere Art der Vereinskultur zu kämpfen und Opfer zu bringen“, erklärt das Wuhlesyndikat, warum die Union-Fans auch am Sonntag beim Erstliga-Heimspiel gegen RB Leipzig ihre Haltung beibehalten wollen und deswegen 15 Minuten protestieren.

Gleichzeitig erläutert die Ultràgruppe, dass man die eigene Meinung anderen Fans nicht aufzwingen, jedoch dafür werben wolle, womit auch die Intention der neuen Stellungnahme klar sein dürfte: „Wir werden unseren Protest 15 Minuten lang durchziehen. Wir werden es auch im nächsten Jahr tun und wir werden es in 10 Jahren tun, wenn es nötig ist! Bei Union haben wir stets kontrovers Meinungen diskutiert und es werden auch immer andere Meinungen akzeptiert. Das ist ebenfalls ein Teil unseres Werteverständnisses. Wir sind keine Ultraszene, die Ihre Ansichten und Meinungen anderen aufzwingt. Aber wir werben für unsere Ansichten und wir werben dafür, wie so oft in unserer Geschichte, gemeinsam zu handeln und gemeinsam ein starkes Bild abzugeben. Sowohl in den ersten 15 Minuten als auch in den 75 anschließenden Minuten dieses für uns einmaligen Moments, in denen wir unsere Mannschaft und unseren Verein aus voller Kraft wie gewohnt unterstützen werden“, so die Union-Ultras in ihrer Stellungnahme weiter. (Faszination Fankurve, 14.08.2019)

Liebe Fans, am Sonntag werden wir alle einen historischen Moment erleben! Wir haben in der letzten Saison sehr hart für diesen Moment gearbeitet! Wir alle, auch Ihr! Für alle Unioner ist das ein besonderer Moment! Euer geplanter Boykott in den ersten 15 Minuten ist nicht gut für uns Spieler. Ihr könnt gerne eine Choreo oder sonst etwas machen. Wir Spieler, zusammen mit Euch Fans, müssen unseren Gegnern zeigen, dass das UNSER Platz ist, UNSER Haus! Sie müssen spüren „Wellcome to Hell“, dass es NIE einfach ist gegen uns zu spielen. Fans, das ist meine persönliche Meinung! Ich bin Ausländer und es interessiert mich nicht, wer unser Gegner ist! Ich will einfach nur MIT EURER HILFE gewinnen. Ihr könnt alles machen, aber ein Boykott wird uns nicht helfen. Wir brauchen Eure Euphorie, Eure Gesänge, Eure Anfeuerungen!!! Alles Liebe Euer Giki

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