22.05.2013 - FC Bayern München

"Bei all dem Sonnenschein gibt es leider auch Schatten"


Sportlich ist Bayern München seinen Konkurrenten zurzeit voraus. Mit zwei Endspielen kann der Rekordmeister die Saison in den kommenden Wochen krönen. Aus Sicht der Fans ist jedoch nicht alles Gold was glänzt. Faszination Fankurve sprach mit dem INFERNO BAVARIA über die Schattenseiten.

Faszination Fankurve: Der FC Bayern bricht derzeit sportlich viele Rekorde. Im Hinspiel des Champions League Halbfinals gegen Barcelona war in der Südkurve dennoch ein Spruchband mit der Aufschrift „Schöne heile Welt“ zu sehen. Worauf spielte dies an?
INFERNO BAVARIA: Ihr sagt es, sportlich ist diese Saison der reine Wahnsinn. Eine derart großartig aufspielende FC Bayern - Mannschaft haben die Wenigsten von uns jemals über eine komplette Saison erlebt und natürlich sorgt das auch bei uns für große Freude. Immerhin können wir die Saison in den nächsten zwei, drei Wochen endgültig krönen. Bei all dem Sonnenschein gibt es leider auch Schatten in unserer Welt, zu viel Schatten.

Dass es über die komplette Europapokal-Saison bei den Heimspielen bereits Probleme gab, dürfte den meisten ja durchaus bekannt sein. Bei allen Spielen blieben große Teile der Südkurve leer, zahlreiche aktive Ultra-/Fangruppen traten nicht auf, verbrachten stattdessen das Spiel in anderen Bereichen des Stadions und schauten gemeinsam Fußball. Dies ist ja leider in der eigenen Kurve, durch verschärfte Einlasskontrollen für die Südkurven Blöcke 112 und 113, nicht möglich gewesen.

Vor dem Halbfinale gegen den FC Barcelona wurde kurvenintern über eine Choreo diskutiert, was letztlich zu einer Abstimmung im Südkurvenrat, einem Gremium, in dem alle relevanten Gruppen und Fanclubs aus der Südkurve vertreten sind, führte. Dieses Votum fiel knapp gegen eine Choreografie aus und der Club Nr. 12 publizierte die Absage in der Woche vor dem Spiel. In dieser Absage wurde ausführlich begründet, weshalb die Südkurve sich letztendlich gegen eine Choreografie entschieden hat.

Bei Bayern schien man damit aber ein Problem zu haben, dass bei einem internationalen Großereignis, keine entsprechende Show geliefert wird. Somit wurde kurzerhand eine Choreo von Seiten des Vereins organisiert. Für die aktiven Fans war das mal wieder ein Schlag mitten ins Gesicht, wobei einige in unseren Reihen diese Reaktion von Bayern schon vorhergesehen hatten und man nicht sonderlich überrascht war.

Anstatt die Entscheidung der Fans zu akzeptieren wurde eine eigene Choreografie organisiert und durch den Stadionsprecher animiert, um den Schein der schönen heilen Welt nach außen zu wahren. Und das, obwohl man weiß, dass im Verhältnis - Verein und Fans - einiges im Argen liegt. Aber für die Belange von Fans haben die Herren an der Säbener Straße bekanntlich schon immer wenig Verständnis gehabt.


Faszination Fankurve: Mit welchen Einschränkungen sieht sich die Münchner Fanszene in der heimischen Arena konfrontiert?
INFERNO BAVARIA: Fangen wir mal bei der Verteilung von Flyern und Flugblättern an. Dies ist den Fangruppen in München komplett untersagt. Beispielsweise wurde von der Schickeria jahrelang die Heimspielzeitung "Südkurvenbladdl" im Stadion verteilt, was allerdings seit Mitte vergangener Saison untersagt ist. Meinungsfreiheit wird bei unserem Verein nicht wirklich groß geschrieben und gerade den kritischen Stimmen will man keine Plattform bieten. Zuvor, als das "Südkurvenbladdl" noch erlaubt war, musste dieses bereits ein bis zwei Tage vorher beim FC Bayern mit allen vollständigen Texten angemeldet werden, damit der Inhalt geprüft werden konnte. Aufgrund dessen ist es für die aktive Fanszene auch schwer, das restliche Stadion über bestimmte Dinge und Aktionen zu informieren und aufzuklären. Unserem Wissen nach, war der FC Bayern auch der einzige Verein, der die Verteilung der 12:12-Aktionsflyer verboten hatte.

Dann kommen wir mal zur Situation in unserer Kurve: Abgesehen davon, dass wir in der kommenden Saison der Verein mit den wenigsten, richtigen Stehplätzen sein werden und hinsichtlich des erlaubten Materials (Fahnenlänge, Megafon etc.) das Schlusslicht in der Bundesliga sind, wird der große FC Bayern ab der Saison 2013/2014, der erste Verein in der Bundesliga sein, der den Zugang zur eigenen Fankurve mittels Drehkreuzen regulieren wird.

Dazu muss angemerkt werden, dass beim damaligen Umzug ins neue Stadion viele langjährige Besitzer einer Südkurven Jahreskarte in den Norden umgesiedelt wurden. Der Verein wollte lieber zwei Fankurven, jeweils im Unterrang der Nord- und Südkurve, anstelle einer geschlossenen Südkurve im Mittel- und Unterrang. Dies hatte zur Folge, dass die Südkurve von Seiten des Vereins getrennt wurde und zahlreiche Fans sich seit dem Umzug in die Südkurve schmuggeln mussten, um weiterhin dort stehen zu können. Ebenso gab es für junge, nachrückende Generationen, keine oder nur sehr wenig Chancen auf legalem Weg in die Südkurve zu kommen. Somit blieb auch Ihnen nur der Weg über das Schmuggeln, um in den Block zu gelangen.

Mit den angekündigten Drehkreuzen wird dies natürlich nicht mehr möglich sein. Von Seiten des Vereins argumentiert man hier immer mit Sicherheitsbedenken beziehungsweise das bei einem überfüllten Block die Sicherheit auf dem Spiel stehen würde. Interessant ist allerdings die Tatsache, dass in der aktuellen Saison lediglich bei einem einzigen Spiel die zugelassene Kapazität überschritten wurde, das Problem der Überfüllung also mehr herbeigeredet worden ist als das es wirklich existieren würde. De facto liegt die gesetzlich zulässige Kapazität bei fast 2.500 Personen, der Verein aber legte willkürlich eine Toleranzgrenze von 2.100 Fans für die Blocke 112 und 113 fest.

Aber nun gut, in unseren Augen dient dieser Schritt auch mehr der aktiven Fanszene massiv zu schaden, anstatt das man sich tatsächlich um die Sicherheit der Fans in der Südkurve sorgt. Wie eine Massenpanik mit Drehkreuzen an den Ein- und Ausgängen wohl ausgehen würde? Hier sehen wir ein größeres Risiko, als wenn 30 Leute mehr im Block stehen als dies von Seiten des Vereins gewollt ist.


Für uns und andere Gruppen ist das natürlich der "Worst Case", denn aufgrund diverser Gründe (Verlust der Jahreskarte bei Stadionverbot usw.) haben nur wenige Leute von uns überhaupt eine Jahreskarte, geschweige denn für den entsprechenden Block. Somit wird es uns ab der kommenden Saison nicht mehr möglich sein als Gruppe an unserem gewohnten Standort zu stehen. Wir sind bereits die letzten beiden Heimspiele nicht mehr als Gruppe aufgetreten. Auch wenn es natürlich sehr schmerzt, aber es wurde endgültig eine Linie überschritten und alles kann man sich auch nicht gefallen lassen. Wenn wir ehrlich sind, haben wir uns von Vereinsseite eh viel zu lange verarschen lassen.

Der vom Verein angestellte Terrorismusexperte (es spricht übrigens Bände, wenn für den Umgang mit den eigenen Fans ein Mann angestellt wird, der in seinem früheren Leben mit Terroristen verhandelt hat. Anscheinend sieht man uns an der Säbener genau als das...) hat geschafft was 2003 und 2007 noch kläglich gescheitert ist: die aktive Szene massiv zu schwächen oder gar auszulöschen. Dass dabei durch geschicktes taktisches Vorgehen versucht wird, die bei diesem Thema bis dato geschlossen auftretende Fanszene zu spalten, zeigt das mit Professor Salewski ein Mann angestellt wurde, der mit Köpfchen an die Sache herangeht. Aus unserer Sicht natürlich leider, denn Überreaktionen aus Zeiten unseres Steuerhinterziehers waren für die Fanszene relativ leicht zu kontern.

Zu der Thematik rund um die Drehkreuze werden wir in der Sommerpause auch noch eine ausführlichere Stellungnahme auf unserer Website veröffentlichen und möchten das Thema an dieser Stelle nicht noch weiter ausführen.

Anscheinend ist das Ziel unserer Vereinsführung nicht nur sportlich zu Barcelona, Madrid und Manchester aufzuschließen, sondern auch dafür zu sorgen, dass es bei Heimspielen im Münchner Norden ähnlich trist zu gehen wird, wie im Camp Nou, Bernabeu oder Old Trafford. Ein Publikum, das anfängt zu pfeifen, wenn es nach 45 Minuten gegen Freiburg nur 1:0 steht, nachdem man vier Tage zuvor Barcelona mit 4:0 aus dem Stadion gefegt hat. Ein Publikum, das erwartet, dass die Kurve den Unterhalter für Sie spielt und wenn sich die Leute in der Südkurve erdreisten nicht den Dienstleister zu spielen, kriegt man ausnahmsweise sein Maul auf und beschimpft die eigene Kurve, da die Gruppen in dieser nicht für die gewohnte Unterhaltung sorgen. Unfassbar eigentlich was für Idioten bei uns im Stadion sind, aber so ist es anscheinend gewollt... (Faszination Fankurve, Mai 2013)

Hier geht es zum zweiten Teil des Interviews mit INFERNO BAVARIA. Themen sind unter anderem vergangene Spruchbandaktionen der Gruppe und das Verhältnis zu Nationaltorwart Manuel Neuer.

Fanfotos FC Bayern München




Weitere News:
28.11.2021: „Auftreten im Stadion vorerst nicht mehr möglich“
26.11.2021: Denkwürdige Jahreshauptversammlung beim FC Bayern München
18.11.2021: Katar-Antrag beim: Antragsteller will klagen
17.11.2021: FC Bayern-Ultras berichten über Reise durch Nordafrika
15.11.2021: „Entscheidet mit über die Zukunft beim FC Bayern“

Alle 474 News anzeigen