11.09.2014 - Sicherheit

Ausreiseverbote für Hooligans rechtens?


Um Ausschreitungen bei Fußballspielen zu verhindern, verweigern einzelne Staaten Hooligans die Ausreise. Dies ist mittlerweile gängige Praxis vor allen Welt- und Europameisterschaften, aber auch vor einzelnen Länder- oder Europapokalspielen. Eine Untersuchung des Stuttgarter Sportrechtlers Dr. Marius Breucker überprüfte diese Maßnahmen am Maßstab des Völkerrechts.

Kann, so die zentrale Frage, zum Beispiel Frankreich als Ausrichter der Fußballeuropameisterschaft 2016 von England oder Deutschland verlangen, dass sie die Ausreise von Hooligans nach Frankreich verhindern? Ausweislich der Studie gilt es zu differenzieren: Nach dem Grundsatz der Gebietshoheit kann jeder Staat selbst darüber bestimmen, ob er Gesetze erlässt und Maßnahmen auf seinem Gebiet trifft. Zugleich gilt im Völkerrecht das Gebot der Rücksichtnahme. Demnach darf ein Staat nicht tatenlos zusehen, wenn er verlässliche Kenntnis hat, dass Bewohner ausreisen, um auf fremdem Staatsgebiet zu randalieren. Das Prinzip der Rücksichtnahme wurde im Umweltvölkerrecht entwickelt, gilt jedoch grundsätzlich – so das Ergebnis der publizierten Untersuchung – auch auf dem Gebiet der Gewaltprävention.

Nun kann und muss kein Staat gewährleisten, dass sich seine Bewohner im Ausland stets friedlich verhalten. Umgekehrt darf er vor geplanten, von seinem Gebiet ausgehenden Ausschreitungen nicht die Augen verschließen. Die völkerrechtlichen Prinzipien der Gebietshoheit und der Rücksichtnahme müssen im Einzelfall zum Ausgleich gebracht werden. “Ein Staat kann nur zu den ihm möglichen und zumutbaren Maßnahmen verpflichtet sein. Dabei ist aber mit Augenmaß und immer mit Blick auf den Einzelfall vorzugehen. Insbesondere sind die jeweiligen Grundrechte der Betroffenen und sämtliche rechtsstaatlichen Grundsätze zu beachten”, resümiert Marius Breucker.

Dr. Marius Breucker ist Rechtsanwalt und Partner der Kanzlei Wüterich Breucker, Arbeitsgemeinschafts-Ausbilder für Rechtsreferendare und Prüfer im Zweiten juristischen Staatsexamen. Seine Schwerpunkte liegen im Wirtschaftsrecht, Zivilprozessrecht, Arbeitsrecht und Sportrecht. Er war Berater des Stabs Sicherheit für die Fußball-WM 2006 im Bundesministerium des Innern und des Bundesamtes für Polizei in Bern zur EURO 2008. Er fungierte als Sachverständiger im Sportausschuss des Deutschen Bundestages, ist Schiedsrichter am Deutschen Sportschiedsgericht und ständiger Berater und Vertreter der Welt Anti-Doping Agentur. Er berät und vertritt regelmäßig mittelständische und große Unternehmen, Anti-Doping-Organisationen, Sportverbände und -vereine und ist Seminartrainer unter anderem für Vertragsrecht und Vertragsgestaltung. (Faszination Fankurve, 10.09.2014)






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