15.04.2016 - Sicherheit

Fananwälte fordern Abschaffung der SKB-Datenbanken


Nachdem mittlerweile in elf Bundesländern öffentlich wurde, das die Polizei Datenbanken oder Dateien über Fußballfans angelegt hat, fordert die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte nun die Löschung all dieser Dateien.

Die Dateien treten in den Augen der Anwälte das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung der Fans mit Füßen. (Faszination Fankurve, 15.04.2016)

Faszination Fankurve dokumentiert die Pressemitteilung der AG Fananwälte:

Geheime SKB-Datenbanken in 11 Bundesländern enthüllt -

Durch Landtags-Anfragen kam ans Licht: In mindestens elf Bundesländern führen die Polizeibehörden neben der bundesweiten sogenannten „Datei Gewalttäter Sport (DGS)“ weitere Datenbanken über Fußballfans. Nach Auffassung der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte wird das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung mit Füßen getreten.

In den überwiegend von sog. „szenekundigen Beamten“ geführten Dateien (auch „SKBDateien“ genannt) werden umfassende persönliche Daten und Informationen gespeichert. Eingetragen werden aber nicht etwa nur wegen Straftaten verurteilte Personen, sondern auch ehemals Tatverdächtige, deren Verfahren eingestellt wurde, und sogar deren „Begleitund Kontaktpersonen“. In manchen Bundesländern wird registriert, welche „Lokale“ eine Person besucht, deren Telefonnummern, Kfz, Beruf, Mitgliedschaften sowie Fotos und Videos.

Keineswegs basieren diese Daten auf Feststellungen, die in einem rechtsstaatlichen Verfahren erhoben wurden (z. B. im Rahmen eines Strafverfahrens), sondern auf rein subjektiven Einschätzungen und willkürlichen Erhebungen seitens der „szenekundigen“ Beamten. Allein durch ihre Existenz erweckt die Speicherung jedoch den unzutreffenden Anschein von Richtigkeit und Objektivität.

Eine Rechtsgrundlage für diese sog. „SKB-Dateien“ gibt es nur in wenigen Bundesländern. Dabei existieren diese Dateien seit Jahren und wurden offenkundig im Geheimen eingeführt. Die Prüfung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen wurde bewusst umgangen, indem man die Datenschutzbeauftragten über das Führen derartiger Datenbanken gar nicht erst informierte. Da auch den Betroffenen nicht mitgeteilt wird, dass und welche Daten über sie gespeichert sind, ist es ihnen regelmäßig verwehrt, sich gegen die Datensammlungen zur Wehr zu setzen.

Beispielsweise in Bayern ist die interne Zugriffsmöglichkeit der Polizei auf die Daten nicht geklärt. Ein unhaltbarer Zustand: Es ist unklar, welche Dienststellen die Daten abrufen können und gegen die Betroffenen verwerten. Regelmäßig werden Einträge in derartigen

Datenbanken als Grundlage für weitergehende staatliche Maßnahmen (z. B. Ausreiseverbote) herangezogen.

Die Bezeichnungen der Dateien sind darüber hinaus in vielen Bundesländern irreführend (z.B. „Informationssystem Gewalttäter Sport“ in Bayern) und suggerieren, dass jede eingetragene Person tatsächlich ein „Gewalttäter“ sei. Gerade in Verbindung mit den unklaren Zugriffs- und Verwendungsmöglichkeiten der Dateien ist dies besonders gravierend.

Das Grundgesetz schützt das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Bereits in seiner Volkszählungs-Entscheidung vom 15.12.1983 (1 BvR 209/83) betonte das Bundesverfassungsgericht, dass Einschränkungen dieses Grundrechts einer verfassungsgemäßen gesetzlichen Grundlage, die dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit entsprechen muss, bedürfen. Hier fehlt es in den meisten Bundesländern bereits an einer Ermächtigungsgrundlage. Dies ist besonders skandalös, da den Polizeibehörden die Notwendigkeit einer solchen Ermächtigung bekannt sein muss. Zumal

die Polizei bereits über die bundesweite Datei Gewalttäter Sport verfügt und nicht ersichtlich ist, weshalb weitere Datenbanken zulässig sein sollten.

Nach Auffassung der AG Fananwälte sind derartige im Geheimen errichtete Datenbanken ein klarer Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Die Sammelwut erinnert an staatliche Totalüberwachung, zumal zu speichernde Informationen von der Polizei aktiv ermittelt werden. Das Umgehen der Datenschutzbeauftragten spricht eine deutliche Sprache. Kriterien für die Aufnahme sind nicht vorhanden, vielmehr ist die Datenerhebung willkürlich einzelnen Polizeibeamten überlassen.

Wie sagt das Bundesverfassungsgericht bereits in der o.a. Entscheidung: „Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wäre eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß.“ Die Arbeitsgemeinschaft Fananwälte fordert daher die sofortige Abschaffung der Dateien und Löschung aller gespeicherten Daten. In einigen Bundesländern ist dies bereits erfolgt (z.B. in Hamburg) wegen erheblicher Kritik des dortigen Datenschutzbeauftragten.






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