12.07.2016 - Euro 2016

​Fanbotschaften kritisieren französische Polizei


Die Fanbotschaften, die während der Europameisterschaft in Frankreich zahlreiche Fans aus ganz Europa betreuten, haben nun ein Fazit zum Turnier verfasst. Darin kritisieren sie das Verhalten der französische Polizei, vor allem in der Vorrunde. Später hätte man die Fanbotschaften mit einbezogen.

Lob erfährt hingegen die Stadt Lens, die mit den Fanbotschaften zusammenarbeitete. Dadurch soll Konfliktpotential minimiert worden sein. An Paris kritisieren die Fanbotschaften, dass sie dort nicht an geeigneten Orten positioniert wurden.

Kritisiert wurde zudem das von den französischen Behörden im Laufe des Turniers ausgesprochene Alkoholverbot. (Faszination Fankurve, 12.07.2016)

Faszination Fankurve dokumentiert den Rückblick der Fanbotschaften auf die Euro 2016:

EURO 2016: FANBOTSCHAFTEN BLICKEN ZURÜCK AUF ERFOLGREICHES ABER AUCH HERAUSFORDERUNGSREICHES TURNIER

Wie auch der neue Europameister Portugal kann Football Supporters Europe mit seinen Fanbotschaften auf das bisher erfolgreichste Turnier der Geschichte zurückblicken: Freiwillige aus 19 teilnehmenden Ländern waren im Einsatz, um angereiste Fans durch die Europameisterschaft zu begleiten. Gleichzeitig ist auch eine kritische Auswertung des Sicherheitskonzeptes während des Turniers notwendig.

Unter dem Projekt RESPECT FAN CULTURE haben Fanbotschaften und ähnliche Angebote den angereisten Fans Hilfestellung geleistet und sie mit Informationen versorgt. Das Angebot erfuhr während der EURO 2016 einen sehr hohen Zuspruch und wurde sehr gut angenommen. Insgesamt haben 160 Freiwillige und Fanarbeiter bei jedem Spiel des Turniers Fanbotschaften und Infostände betrieben.

Fanbotschaften gab es für die Anhänger folgender Teams: Albanien, Belgien, Deutschland, England, Frankreich, Irland, Island, Italien, Kroatien, Nordirland, Österreich, Russland, Schweden, Schweiz, Tschechien, Türkei, Ukraine, Ungarn und Wales. Die Fans Embassy Division von Football Supporters Europe möchte allen Beteiligten ihren Dank aussprechen und die produktive Zusammenarbeit sowie Unterstützung durch die UEFA, die Daniel-Nivel-Stiftung, die französische Partnerorganisation Concordia, die meisten französischen Spielorte als auch die verschiedenen nationalen Fußballverbände und Regierungen der teilnehmenden Länder betonen.

Während Koordination, Kommunikation und die allgemeinen Arbeitsbedingungen zwischen den Fanbotschaften, den Austragungsorten wie Lille, Nizza oder Toulouse, sowie mit der UEFA und der interministeriellen französischen Arbeitsgruppe DIGES sehr positiv und vertrauensvoll waren, konnte dies hinsichtlich der französischen Polizei erst nach der Gruppenphase konstatiert werden. Lediglich bei einigen wenigen Spielen der Gruppenphase schien die Polizei nämlich gewillt zu sein, die Empfehlungen der Fanexperten der Fanbotschaften zu berücksichtigen. Speziell bei Risikospielen oder nachdem es zu Vorfällen gekommen war, konsultierte die Polizei die Fanbotschaften nicht. Wo die Einsatzkräfte allerdings mit den Fanbotschaften kommunizierte und ihrerseits zur Feierstimmung beitrug, wurden kaum Störungen registriert.

Deshalb gebührt den Organisatoren und Behörden der Stadt Lens ein ganz besonderer Dank für ihre Handhabung von Zehntausenden Fans aus Wales und England. Trotz großer Sicherheitsbedenken vor dem Spiel, besonders aufgrund der Vorfälle in Marseille, hieß die kleine Stadt diese riesige Masse an Fans auf das Herzlichste willkommen. Engländer und Waliser zahlten es ihr zurück, indem sie rund um die Begegnung eine riesige Party feierten – ohne relevante Vorkommnisse. Wir sind davon überzeugt, dass dies das Ergebnis intensiver Besprechungen mit Fanvertretern von den Fanbotschaften beider Länder und ihrerseits von Gesprächen mit ihren Kontakten innerhalb der Fangruppen ist. Selbst die Polizei von Marseille hat ihre Lektion aus den Ereignissen rund um das Spiel England-Russland gelernt und bezog die Teams der Fanbotschaften von Frankreich und Albanien in ihre Planungen bei der Begegnung beider Länder mit ein. Das Resultat einmal mehr: keine größeren Probleme.

Im Gegensatz dazu und trotz der positiven Arbeit der Fan-Volunteers aus 19 Ländern und obwohl sie Fanmärsche erlaubte, hat es die Stadt Paris leider wiederholt nicht geschafft, den Fanbotschaften angemessene Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, von denen aus sie arbeiten konnten. Zudem wurden die zahlreichen Alkoholverbote nach den Vorfällen in Marseille zwischen russischen Hooligans und Engländern von den meisten Fans als kontraproduktiv und als Zeichen der Hilflosigkeit angesehen, da Alkoholverbote die Täter nicht sanktionieren. Die Hooliganattacken in Marseille, Nizza oder Lille sind nicht Resultat betrunkener Randaliere sondern des unbedingten Willens Krawalle anzuzetteln und eines schlechten Polizei-Einsatzkonzeptes. Es war ein patriarchalischer Versuch, alle Fans zu bestrafen, die eigentlich nichts wollen, außer ein großartiges Turnier zu erleben und daher sollte das Alkoholverbot dringend überdacht werden.

Was bei dieser EURO 2016 bis jetzt trotzdem am meisten in Erinnerung bleiben sollte, ist die große Mehrheit friedlicher und stimmungsvoller Spiele und Begegnungen in Frankreich, wo Fußballfans in internationaler Verbundenheit zeigen, dass sie immer noch am besten feiern können sowie das erfolgreichste Turnier für die Fanbotschaften und ihre Arbeit. Und die ist auch nach der EURO 2016 noch nicht beendet: im September 2016treffen sich die Fanbotschaften-Teams der teilnehmenden Länder nämlich bereits wieder mit den Organisatoren in Frankreich. Zusammen werden sie die Angebote für Fans während des Turniers auswerten, um durch die Erfahrungen der EURO 2016 die Weichen für die Zukunft zu stellen und die Möglichkeit zu ergreifen, nationale Sicherheitskonzepte auf den Prüfstand zu stellen, um den Fandialog als Schlüssel zu fröhlichen und sicheren Fußballveranstaltungen zu integrieren. Die Ergebnisse dieser Auswertungen werden im Anschluss veröffentlicht.

Football Supporters Europe verlor jedoch auch ein wichtiges Mitglied und einen guten Freund während des Turniers. Erik Reynaerts, der für die Organisation der belgischen Fanbotschaft verantwortlich war, verstarb auf tragische Weise am Montag, den 27. Juni, nachdem er am Vortag einen schweren Herzinfarkt erlitten hatte. Er wird für immer einen Platz in unseren Herzen haben. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie und seinen Freunden, denen wir Stärke, Zusammenhalt und Liebe wünschen, um die kommenden schwierigen Tage und Wochen der Trauer zu meistern.

Fanbotschaften bezeichnen ein Beratungs-, Informations- und Unterstützungsangebot für Fußballfans, welche zu internationalen Turnieren oder Spielen ins Ausland reisen, in der Regel umgesetzt von Fans und für Fans. Seit mehr als 20 Jahren haben Fanbotschaftsinitiativen damit zu einer verbesserten und festlichen Atmosphäre und dem Abbau von Spannungen und Gewalt bei Fußballgroßveranstaltungen beigetragen. Von Fans entwickelt, ist das Konzept heute als Best Practice im Bereich der Sicherheit und Prävention auf europäischer Ebene anerkannt. Die Fanbotschaften bei der UEFA EURO 2016 operieren unter dem Projektnamen RESPECT FAN CULTURE und werden unterstützt von der UEFA, der Daniel Nivel Stiftung und der französischen Partnerorganisation Concordia. Weitere Informationen hierzu finden sich auf der Webseite der Fanbotschaften.






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