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Dr. Christian Hockenjos, Direktor Organisation der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA und Geschäftsführer der BVB Stadion GmbH, spricht im Interview mit Faszination Fankurve über die hohen Hürden bei der Reduzierung der Ticketkontingente, Vollkontrollen und die Zusammenarbeit mit den Ultras.
Dr. Christian Hockenjos |
Faszination Fankurve: Hat der BVB alle Anträge abgesegnet?
Hockenjos: Wir haben Antrag Nummer 14 nicht zugestimmt. Da unserer Ansicht nach die Reduzierung des Ticketkontingents für Gästefans nur im beiderseitigen Einvernehmen der Clubs vollzogen werden dürfte. Zugegeben, die Hürde ist hoch gesetzt, um eine Limitierung des Kontingents überhaupt genehmigt zu bekommen, aber wir finden es per se nicht gut, dass die vage Möglichkeit besteht. Wir sehen außerdem noch andere Nachteile. Zum Beispiel ist zu befürchten, dass Diejenigen, die eigentlich ausgeschlossen werden sollen, trotzdem ins Stadion kommen, aber der friedliche Fan draußen bleiben muss oder dass vermeintlich Ausgeschlossene für andere Bereiche Tickets erwerben.
Faszination Fankurve: Ein weiterer großer Kritikpunkt seitens der Fans sind befürchtete Vollkontrollen.
Hockenjos: Wenn man den alten Paragraph aus den Sicherheitsrichtlinien und die jetzt abgeänderte Fassung vergleicht, dann sieht man, dass die befürchteten Vollkontrollen auch vorher möglich waren. In der neuen Fassung sind dagegen eigentlich zwei Formulierungen verankert, die Kontrollen aus Besuchersicht akzeptabler machen. Die Neuerung „verhältnismäßig und sorgfältig“ meint ja letzten Endes, dass die Kontrollen unter Wahrung der Persönlichkeitsrechte durchzuführen sind. Komplett neu ist der Punkt, der dem Gast das Recht einräumt, dass Kontrollen ein Vertreter des eigenen Vereins beiwohnt.
Faszination Fankurve: Sind Vollkontrollen oder sogenannte Nacktkontrollen überhaupt gesetzlich zulässig?
Hockenjos: Borussia Dortmund beabsichtigt nicht Vollkontrollen durchzuführen, daher haben wir uns mit der Rechtsprechung nicht auseinandergesetzt.
Faszination Fankurve: Wie ist die weitere Herangehensweise bei der Umsetzung des Konzeptes?
Hockenjos: Im Stadion werden wir keine baulichen Maßnahmen umsetzen. Eine moderne Videoüberwachungstechnologie wurde bereits im Sommer 2012 installiert. Unter anderem bezüglich der Ordnerschulungen oder des Stadionzertifikates wird es Aufgabe der Kommission sein, im Detail zu erarbeiten, was auf der Mitgliederversammlung angestoßen wurde, um die Anträge mit Leben zu füllen.
Faszination Fankurve: Lässt sich der zusätzliche finanzielle Aufwand bereits einschätzen?
Hockenjos: Auf die Clubs kommen vermutlich – sofern sie nachrüsten müssen – Investitionen im niedrigen sechsstelligen Bereich zu.
Faszination Fankurve: In Dortmund wird ein hochmodernes Videoüberwachungssystem eingesetzt. Hat sich die Investition bereits bewährt?
Hockenjos: Oberstes Ziel sind präventive Ansätze. Im Dialog mit den Fans muss das Bewusstsein geschaffen werden, die Verwendung von Pyrotechnik zu unterlassen. Die technische Überwachung hat dann zusätzlich eine abschreckende Wirkung, da sie es uns ermöglicht, die Unverbesserlichen aufzuspüren und aus dem Stadion zu verbannen. In den wenigen Fällen, in denen bei uns im Stadion Pyro abgebrannt wurde, konnten nur in einem Fall die Täter nicht identifiziert werden, da sie sich hinter Bannern versteckt haben.
Faszination Fankurve: Wäre es eine Konsequenz, im nächsten Derby Fahnen zu verbieten?
Hockenjos: Aller Voraussicht nach werden Fahnen auch im nächsten Derby verboten. Das war aber auch in diesem Jahr schon der Fall. Die Banner werden in kleinen Teilen ins Stadion geschmuggelt und in der Kurve zusammengebastelt.
Faszination Fankurve: Wieso gelingt es immer wieder Pyrotechnik in die Stadien zu schmuggeln?
Hockenjos: Weil Pyrotechnik in kleinsten Verabreichungsformen und teilweise in intimen Bereichen in das Stadion geschmuggelt wird. Eine absolute Sicherheit gibt es nicht, das Einschleusen verbotener Materialien zu verhindern. Beim letzten Derby haben 8.000 Gästefans insgesamt 16 Bengalos ins Stadion geschmuggelt. Über die etlichen vom Ordnungsdienst sichergestellten Bengalos wird in der Regel aber nicht gesprochen.. Nochmals, es bedarf präventiver Ansätze, damit Fans es gar nicht erst versuchen.
Faszination Fankurve: Wie ist Ihre Prognose, lässt sich über den Dialog eine Einigung erzielen?
Hockenjos: Bei Spielen mit unserer Beteiligung wurde, von einer Ausnahme abgesehen, in keinem Spiel der laufenden Saison gezündelt – zu Hause wie auf Auswärtsfahrten. In den vergangenen beiden Jahren wurde Pyrotechnik im SIGNAL IDUNA PARK einzig während der Meisterfeier abgebrannt, auswärts jedoch häufiger. Es ist übrigens so, dass nach jedem Spiel, in dem Pyrotechnik abgebrannt wurde, die Clubs Beschwerdeschreiben von Zuschauern erhalten, die unter anderem über Reizhusten klagen. Erstmalig haben wir zuletzt auch eine Situation erlebt, die hoffentlich auch auf Seiten der Pyrofreunde zu einem Umdenken führt. Im Spiel zwischen dem Hamburger SV und Fortuna Düsseldorf sollen sich zwei Pyromanen selbst schwer verletzt haben, beim Spiel zwischen Schalke 04 und Eintracht Frankfurt haben weite Teile des Publikums gegen die Pyroaktion von Schalker Ultras skandiert. Insgesamt betrachtet meine ich, dass der Dialog mit unseren Fans sehr gut und ausgeprägt ist. Wir müssen ihn in dieser Form fortsetzen. (Faszination Fankurve, 20.12.2012)