26.09.2014 - Sicherheit

„Pilotprojekt hat nichts gebracht“?


Die Gewerkschaft der Polizei (GdP)kritisiert, dass das Pilotprojekt in Nordrhein-Westfalen keine Veränderung gebracht habe. Die Einsatzbelastung der Polizei sei nicht gesunken, es sei zu zahlreichen Vorfällen gekommen und der Innenminister überlasse den Gewalttätern das Feld.

„Jäger hat sein Pilotprojekt auf die Spiele beschränkt, bei denen es bereits in der Vergangenheit kaum Ausschreitungen gewalttätiger Fans gegeben hat. Risikospiele hat er von vornherein ausgeklammert. Deshalb bringt uns das Pilotprojekt keinen Schritt dem Ziel näher, endlich die Gewalttäter aus den Stadien und deren Umfeld fernzuhalten“, sagte GdP-Landesvorsitzender Arnold Plickert. Weiter sagt er: „Diesen Gewalttätern überlässt der Innenminister das Feld, wenn er anordnet, dass sich die Polizei auch über den Probelauf hinaus aus den Fußballstadien zurückziehen und die An- und Abreise der Gästefans nicht mehr begleiten soll. Die Leittragenden dieser Strategie sind die friedlichen Fußballfans und die Familien mit Kindern, die keiner mehr schützen kann, wenn es zur Gewalt kommt. Die Gewalttäter unter den Fans interessiert die ausgestreckte Hand von Jäger nicht. Deshalb ist es falsch, dass der Innenminister vor ihnen zurückschreckt, statt sie konsequent zu verfolgen. Nach den uns vorliegenden Zahlen war die Einsatzbelastung durch den Fußball trotz der geringeren Zahl von Spielen zum Teil sogar höher als im vergleichbaren Zeitraum des vergangenen Jahres“


In der Mitteilung der GdP heißt es außerdem: „Während des auf vier Wochen beschränkten Probelaufs war es zu zahlreichen Übergriffen gekommen.“ Die Polizeigewerkschaft benennt hier jedoch keine Anzahl an Vorfällen. Auch unterscheidet sie nicht, ob diese Vorfälle bei Risikospielen oder anderen Spielen vorgefallen sind. Nur so wäre ein Rückschluss auf den Erfolg des Pilotprojekts möglich. Auch sagt die Gewerkschaft nicht, ob im Vergleich zum Vorjahr mehr Risikospiele im September angesetzt waren. Nur mit Blick auf die Ansetzungen im letzten Jahr könnte man die Einsatzstunden der Polizisten wirklich vergleichen.

Dass die Polizei ihre Einsatzstunden angeblich kaum senken konnte, liegt vielleicht auch daran, dass bei vielen Spielen, die nicht als Risikospiel eingestuft waren, trotzdem viel Polizei anwesend war. „Also ich weiß ja nicht was die Fans in NRW und die anderen Auswärtsfahrer so denken, aber bei den Gastspielen meiner Hertha bei Viktoria Köln (Pokal) und in Leverkusen hab ich 0 von diesem Pilotprojekt gemerkt! Ganz im Gegenteil: Das war diese Saison mein 3. Auswärtsspiel in Leverkusen und ich hab bei den Spielen dort in den Jahren davor noch nie so viel Polizei gesehen wie dieses Jahr!“, schreibt z.B. ein Hertha-Fan auf der Facebook-Seite von Faszination Fankurve über seine Besuche in Nordrhein-Westfalen während der Testphase. (Faszination Fankurve, 26.09.2014)

Hier gibt es die Mitteilung des NRW-Innenministeriums, die das Pilotporjekt als Erfolg bezeichnet.

Das sagt die DFL zum NRW-Pilotprojekt:
"Der Pilotversuch des Landes Nordrhein-Westfalen hat sich offensichtlich gelohnt. Die vorliegenden Zahlen unterstreichen: Wenn alle Beteiligten in ihrem jeweiligen Bereich an Verbesserungen arbeiten und nicht mit dem Finger auf andere zeigen, sind Lösungsansätze im Sinne der Sache möglich. Der Weg, bei Spielen mit voraussichtlich geringerem Konfliktpotenzial weniger Polizei einzusetzen, hat sich als vielversprechend erwiesen. Sicherlich wird der Pilotversuch auch in anderen Bundesländern Beachtung finden. Die Liga und ihre Clubs stehen weiterhin für einen zielführenden Dialog mit Politik und Polizei unter Einbeziehung der Fans zur Verfügung."

Fanprojekte begrüßen positives Fazit von NRW - Innenminister Jäger und ermutigen zur Ausweitung:
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG) plädiert für eine Fortsetzung der Pilotphase der nordrhein-westfälischen Polizeistrategie, welche die lageangepasste Reduzierung von Polizeikräften bei Fußballspielen vorsieht. Die Bewertung dieser Pilotphase nach bisher zwei Monaten fällt weitgehend positiv aus. Seit dem Beginn des Spielbetriebs, in der 3. Liga schon ab Ende Juli, haben sich die Konflikte auf den An- und Abreisewegen in der überragenden Mehrzahl der Spiele deutlich vermindert. Dieses gilt für alle Spiele der oberen vier Ligen. Diesen Trend gilt es fortzuführen.
Sicherlich sollte niemand glauben, dass Fußballspiele gänzlich ohne Konflikte ablaufen, gerade bei Derbys reagieren Fans besonders sensibel auf Provokationen, wie z.B. jüngst beim Spiel Köln –M´gladbach. Solche Szenerien sind dennoch die Ausnahmen im wöchentlichen Ligabetrieb und sollten keinesfalls dazu führen, den grundsätzlich unterstützenswerten Ansatz der neuen Polizeistrategie für gänzlich ungeeignet zu halten. Eine Fortführung der Strategie bis zum Ende der Hinrunde würde die BAG deshalb für richtig halten, und ermutigt den Innenminister Jäger ausdrücklich zu diesem Schritt. Damit könnten noch belastbarere Zahlen und Fakten ermittelt werden, die letztlich eine qualifizierte Auswertung dieses Pilotprojektes erst ermöglichen. Matthias Stein, Sprecher der BAG: „Das Pilotprojekt von NRW entspricht den Intentionen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte und das präsentierte Fazit deckt sich mit unseren Erwartungen. Die BAG hofft, dass sich andere Bundesländer vom Beispiel NRW überzeugen und ermutigen lassen, eigene Schritte in diese Richtung unternehmen.“







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