27.10.2014 - Sicherheit

Reaktionen auf HoGeSa-Demonstration


Auch einen Tag nach der HoGeSa Demonstration in Köln ist Diskussion über die Geschehnisse in vollem Gange. Polizei und Verfassungsschutz sprechen von zehn Prozent rechten Versammlungsteilnehmern. Faszination Fankurve hat die verschiedenen Reaktionen zusammengetragen.

Gegen den Anmelder der Demonstration Dominik Roeseler (Parteifunktionär der rechten Partei Pro NRW) und gegen den Versammlungsleiter der HoGeSa-Demonstration wird mittlerweile ermittelt. Im Internet kusieren Gerüchte über HoGeSa-Demonstrationen in nächster Zeit in Hamburg und Berlin.

Video von Faszination Fankurve zum Wasserwerfereinsatz gegen die HoGeSa-Demonstration auf dem Breslauer Platz:


Fazit der Polizei Köln: „44 verletzte, 17 freiheitsentziehende Maßnahmen und mehrere beschädigte Einsatzfahrzeuge“:
Mehrere tausend Anhänger der Vereinigung "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa) haben heute (26. Oktober) in der Kölner Innenstadt gegen Salafisten demonstriert. Während der Versammlung kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen mit mehreren Verletzten. Gegen 15 Uhr versammelten sich mehrere tausend Teilnehmer zunächst friedlich auf dem Breslauer Platz, um dort lautstark ihre Parolen zu skandieren. Unmittelbar nach Beginn des Aufmarsches der HoGeSa um 15.33 Uhr kam es im Bereich der Turiner Straße zum Abbrennen von pyrotechnischen Gegenständen. Die zum Großteil stark alkoholisierten und aggressiven Demonstranten griffen anschließend Einsatzkräfte mit Gegenständen und Feuerwerkskörpern an. Die Polizei ging in der Turiner Straße und später am Breslauer Platz mit Schlagstock, Pfefferspray und Wasserwerfer gegen Gewalttäter vor. Mit Beginn der Ausschreitungen erklärten die Organisatoren die Versammlung für beendet. "Trotz der vom Veranstalter angekündigten Friedfertigkeit haben wir mit einer großen Anzahl gewaltbereiter Teilnehmer gerechnet", sagte der Einsatzleiter, Leitender Polizeidirektor Klaus Rüschenschmidt. "Gegen massive gewalttätige Übergriffe sind wir konsequent vorgegangen." Eine Gegenveranstaltung auf dem Bahnhofsvorplatz mit anschließendem Aufzug zum Friesenplatz verlief ohne Zwischenfälle. Daran nahmen mehrere hundert Personen teil. Die vorläufige Bilanz des Einsatzes: 44 verletzte Beamte von Landes- und Bundespolizei sowie 17 freiheitsentziehende Maßnahmen. Des Weiteren wurden mehrere Einsatzfahrzeuge beschädigt.

SpiegelTV Beitrag zum Thema:


Fazit der Gegendemonstranten von Kein Veedel für Rassismus: „Umso unverständlicher ist das Konzept der Polizei gewesen“
Die Kundgebung von „Kein Veedel für Rassismus“ begann um 14:00 Uhr, verlief absolut friedlich und wurde mit einer geschlossenen Demonstration um 16:30 Uhr durch die Stadt bis zum Friesenplatz beendet. Auf der Kundgebung selber wiesen verschiedene Redner*innen – u.a. von „kein mensch ist illegal“, „Kein Vedeel für Rassismus“ der Initiative „Keupstrasse ist überall“, ver.di, VVN , des Antifa AK u.a. auf den rassistischen und gewaltbereiten Charakter von Ho.Ge.Sa. hin. Außerdem gab es ein Musikprogramm, in dem auch Stefan Brings auftrat. Unsere Kundgebungsleitung machte die Polizei mehrere Male darauf aufmerksam, dass Hool-/Nazigruppen unsere Kundgebung stören und angreifen wollten. Eine Reihe unserer Teilnehmer*innen postierte sich daraufhin mit Transparenten vor den Bahnhofseingängen zum Schutz unserer Kundgebung.

Auf weiten Strecken unbegleitet von der Polizei konnten fast 4.000 gewaltbereite Hooligans und Neonazis im Anschluss an eine Kundgebung auf dem Breslauer-Platz demonstrieren. Dabei wurden Fotograf*innen, Journalist*innen und Passanten am Eigelstein, und im Kunibertsviertel angegriffen und verletzt. Gegen Ende der Demonstration eskalierte die Situation am und auf dem Breslauer-Platz. Die Anhänger*innen der HOGESA zündeten Böller, warfen Flaschen und einen Polizei Bulli um. Die Lage am Breslauer-Platz war lange außer Kontrolle. Die Randale konnte fast ungehindert von der Polizei stattfinden. Die Randalierer*innen konnten nach einiger Zeit den Breslauer-Platz ungehindert verlassen.

"Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" Gesänge von Teilnehmern der HoGeSa-Demo, deren Organisatoren versuchen sich unpolitisch zu geben:


Diese Situation war lange vorhersehbar. „Kein Veedel für Rassimsus“ hatte schon im Vorbereitungsgespräch mit der Polizei mehrfach darauf hingewiesen, dass Auseinandersetzungen vorprogrammiert wären.

Umso unverständlicher ist das Konzept der Polizei gewesen. Wie auch von uns vorhergesagt nahmen zahlreiche organisierte Neonazis an der Kundgebung und Versammlung teil. Dominik Roeseler („Pro NRW“) führte die Demonstration der HOGESA mit an. Weitere Neonazigruppen aus dem Ruhrgebiet und Rheinland, unter ihnen Siegfried „SS-Siggi“ Borchardt waren ebenfalls in Köln.

Wir möchten an dieser Stelle nochmal aus unserer PM vor dem 26.5. zitieren: Thomas Müller, Sprecher von „Kein Veedel für Rassismus“ sagte: „Von Tag zu Tag wird klarer: Das HOGESA-Treffen in Köln wird eine Veranstaltung, die von Neonazis organisiert wird und zu der vor allem Neonazis und Rassisten erscheinen werden. Wenn tatsächlich eine Demonstration von 2000 (erwarteten) gewaltbereiten Hooligans und Neonazis zugelassen wird, entsteht eine völlig unkontrollierbare und nicht zu verantwortende Situation. Wir fordern die politisch Verantwortlichen der Stadt Köln auf alles zu tun, um diese Veranstaltung zu verhindern.“
Bei den geschätzten Teilnehmer*innenzahlen lagen sowohl die Polizei als auch wir daneben. Bei der Einschätzung der drohenden Gefahr sollten wir leider Recht behalten.

NRW-Innenminister Ralf Jäger verteidigte das Konzept der Sicherheitskräfte heute Morgen im ZDF, „ das Konzept habe funktioniert“. Angesichts stundenlanger gewalttätiger Übergriffe von Neonazis und Hooligans auf Passanten, Journalist/innen und Polizisten mit weit über 50 Verletzten können wir dieser Einschätzung nur entschieden widersprechen. Das einzige Konzept was die Polizei hatte, war linke und rechtsradikale Demonstrant*innen auseinanderzuhalten. Da hat Herr Jäger Recht, das hat funktioniert, wenn auch nur durch unsere tätige Mithilfe. Was gar nicht funktioniert hat, war der Schutz der Bevölkerung vor rechter Gewalt. Dafür gab es einfach kein Konzept, sondern nur die bekannte Blindheit deutscher Sicherheitsbehörden auf dem rechten Auge, was das rechtsradikale Gewaltpotential betrifft. Der Umgang der Sicherheitsbehörden mit dem NSU und der Keupstrasse in Köln lässt grüßen.

Fazit der Gewerkschaft der Polizei (GdP) zur HoGeSa Demo: "Eine neue Qualität der Gewalt"
Berlin. Die Hooligan-Krawalle in Köln zeugten von einer "neuen Qualität der Gewalt" sagte der GdP-Bundesvorsitzende Oliver Malchow dem Nachrichtensender N24 am Nontag in Berlin. Besorgniserregend sei vor allem, dass eigentlich verfeindete Hooligans verschiedener Fußballvereine und Rechtsextremisten gemeinsam die Polizei angriffen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass an den kommenden Wochenenenden mit weiteren Aufmärschen im Bundesgebiet zu rechnen sei. Vor diesem Hintergrund würden die Ereignisse von Köln von der Polizei gründlich ausgewertet und entsprechende Schlussfolgerungen gezogen.

Der "Leipziger Volkszeitung" (LVZ) sagte Malchow am Montag, die Politik habe die wirklichen Probleme der inneren Sicherheit zu lang ignoriert, die Polizisten seien zu Prügelknaben geworden. Er erhob, so die LVZ in einer Vorabmeldung zur Dienstagsausgabe, gegenüber der Politik schwere Vorwürfe. Für viele habe sich das Thema innere Sicherheit in den letzten Jahren auf die Debatten um eine Kennzeichnungspflicht für Polizisten oder auf die Einrichtung von Beschwerdestellen gegen Übergriffe reduziert. "Die zunehmende Gewalt gegen uns und die Ablehnung des Staates ist vollkommen ignoriert worden. In Köln haben wir jetzt die Ausläufer dieses Versäumnisses erlebt. Und leider spüren das die Polizeibeamten an erster Stelle."

Einschränkungen beim geltenden Demonstrationsrecht erteilte Malchow eine Absage. "Wir können stolz auf unser Demonstrationsrecht sein, weil es die Meinungsfreiheit sichert. Es weiter einzuschränken bedeutet, Freiheitsrechte abzubauen", sagte Malchow der LVZ. Das eigentliche Problem sei, dass Straftäter immer wieder das Demonstrationsrecht missbrauchten. "Das war in Köln ganz massiv der Fall."

In weiteren Interviews für Rundfunksender, Fernsehanstalten und Zeitungen erklärte Malchow, die Gewaltausbrüche Tausender Hooligans am Sonntag gegen die Polizei und Medienvertreter sowie das Skandieren ausländerfeindlicher Parolen seien alarmierend. Deutlich werde, dass der Extremismus in Deutschland zugenommen habe und auch eine neue Qualität der Organisation spürbar geworden sei.

Das gelte auch für den erschreckenden Zulauf islamistischer Extremisten zu Salafisten und der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) ebenso wie für rechtsextreme Gruppierungen, die sich mit bisher untereinander verfeindeten gewalttätigen Gruppen von Hooligans aus der Fußballszene offenbar verbündet haben.

Malchow: "Bund und Länder sind gefordert, Polizei und Sicherheitsbehörden entsprechend diesen neuen Entwicklungen aufzustellen. Statt in einzelnen Bundesländern den Verfassungsschutz weiter zu schwächen, muss er verstärkt werden, weil die Polizei dringend Informationen über die Aktivitäten dieser Gruppen benötigt."

Es sei auch erschreckend, dass es Verfassungsschützern zunehmend schwerer gemacht werde, Informationen und Informanten aus verfassungsfeindlichen Gruppierungen zu gewinnen. Der GdP-Chef: "Wir wollen auch eine strengere Überprüfung der Tätigkeit von Moscheevereinen, Islamverbänden und islamischen Kultur- und Wohlfahrtseinrichtungen, da die wachsende Zahl vor allem junger Muslime, die sich vom Salafismus und von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) in ihren Bann ziehen lassen, zeigt, dass die islamischen Institutionen in Deutschland offensichtlich versagt haben."

Fazit von NRW Innenminister Jäger: „Strafverfolgungsbehörden in NRW intensiv werden ermitteln, um alle Gewalttäter eindeutig zu identifizieren“
NRW Innenminister Jäger sieht bundesweit neue Formation von gewalttätigen Hooligans "Gewalttäter suchten gezielte Konfrontation - Missbrauch der Versammlungsfreiheit"
Als neue Formation von gewalttätigen Hooligans hat Innenminister Ralf Jäger heute die gezielte Gewalt am Sonntag in Köln bezeichnet. Er kündigte harte Konsequenzen an. "Hier ging es nicht um eine friedliche Demonstration gegen Salafisten. In Köln hat es erstmals eine bundesweite Mobilisierung von gewaltbereiten Hooligans gegeben, die die Versammlungsfreiheit als Plattform für Gewalttätigkeiten missbrauchten. Das geht deutlich über das bislang bekannte Maß hinaus", stellte Jäger fest. Mehrere hundert gewaltbereite Rechtsextremisten marschierten mit den Hooligans. "Der Aufruf, friedlich zu demonstrieren, war eine reine Worthülse. Die Ausschreitungen von eigentlich verfeindeten Hooligan-Gruppen sind in keiner Weise zu rechtfertigen. Ich bin entsetzt über die aggressive Fremdenfeindlichkeit. Die Polizeibeamten sind konsequent dagegen vorgegangen".

"Es handelt sich um eine Gefahr, die weit über unsere Landesgrenzen hinausgeht. Deshalb müssen wir in den Ländern gemeinsam mit dem Bund alle rechtlichen Möglichkeiten gegen diese Gewalttäter ausschöpfen", betonte Jäger. Er erklärte, dass die Strafverfolgungsbehörden in NRW intensiv ermitteln, um alle Gewalttäter eindeutig zu identifizieren und zur Rechenschaft zu ziehen. "Wir werden diese Erkenntnisse dazu nutzen, solche Demonstrationen von gewaltbereiten Hooligans künftig zu verbieten. Die rechtlichen Hürden für ein solches Verbot sind hoch, aber die Krawalle in Köln sind schockierend und eine wichtige Grundlage für ein solches Vorgehen", sagte der NRW-Innenminister. "Wir werden alles daransetzen, damit jeder, der das Versammlungsrecht missbraucht, dazu künftig keine Gelegenheit mehr bekommt."

Nach derzeitigem Kenntnisstand besteht die Gruppe "Hooligans gegen Salafisten" mehrheitlich aus Personen mit Bezug zur Hooliganszene. Diese weist traditionell eine personelle Überschneidung mit der rechtsextremistischen Szene auf, die den Fußball ebenfalls als Vehikel nutzt, um vorhandene Gewaltorientierungen auszuleben.

Fazit von Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE: „Sicherheitsbehörden versagen gegen rechte Gewalt“
"Trotz aller Warnungen haben die Sicherheitsbehörden das Gewaltpotential und die rechtsextreme Orientierung der Hooligans vollkommen unterschätzt. Das ist ein weiteres Kapital in der Geschichte des staatlichen Versagens beim Kampf gegen Neonazis", kommentiert Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, die Ausschreitungen am Rande der Demonstration der Gruppierung "Hooligans gegen Salafismus" am Wochenende. Jelpke weiter:

"Seit den 80er Jahren sind die engen Verbindungen zwischen der Hooligan-Szene und dem gewaltbereiten Rechtsextremismus bekannt. Auch in den vergangenen Jahren gab es von engagierten Journalisten und antifaschistischen Initiativen immer wieder Warnungen vor Neonazis in der Hooligan-Szene. Doch statt auf diese Erkenntnisse zu vertrauen, hat sich der Innenminister von Nordrhein-Westfalen durch Beschwichtigungen der Hooligans im Vorfeld der Demonstration in die Irre führen lassen.

Bund, Länder und Vereine sind nun gefordert, ihre Anstrengungen hinsichtlich der Prävention rechtsextremer Mobilisierung im Umfeld des Fußballs zu erhöhen, um der rechtsextremen Hooligan-Szene den Nährboden zu entziehen."

Pianist Davide Martello, bekannt durch seinen Auftritt auf dem Taksim Platz, gibt während des Abzugs der Hooligans ein Konzert auf dem Breslauer Platz:

Hier gibt es den Live-Ticker von Faszination Fankurve vom Demotag mit allen Ereignissen des Tages nochmal zum Nachlesen.






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