03.11.2006 - Deutschland

Sicherheitsdebatte: BAG warnt vor repressivem Aktionismus


Nach den Ereignissen am letzten Wochenende in Berlin und Augsburg wird nun eine intensive Diskussion über Gewalt in Stadien und mögliche Gegenmaßnahmen geführt. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG), ein Zusammenschluss aller pädagogischen Fanprojekte Deutschlands, plädiert in einer Erklärung für eine Entdramatisierung, eine sachliche Analyse und differenzierte, angemessene und anlassbezogene Sicherheitskonzepte, sowie den Erhalt von Freiräumen für Fans und des Dialogs mit ihnen.

Die derzeitigen Probleme seien nicht neu, bereits 1999 wurde von den Fanprojekten eine Verlagerung des Gewaltproblems in die unteren Ligen festgestellt. Und auch das Problem Rassismus beschäftige den Fußball nicht erst seit Ende der WM. Gewalt und Rassismus seien jedoch keine fußballtypischen Probleme, hier äußerten sich gesellschaftliche Entwicklungen. Der Fußball biete die Chance, gegen diese Entwicklungen vorzugehen. Hierfür müssten die Voraussetzungen erhalten bzw. geschaffen werden. Die aufsuchende Jugendarbeit der Fanprojekte spiele dabei eine große Rolle. „Die Chancen des bereits stattfindenden kontroversen, aber konstruktiven Dialogs zwischen Polizei, Vereinen, Fußball-Verband und Fußballliga auf der einen und den Fans und ihren Selbstorganisationen auf der anderen Seite dürfen auch unter dem Eindruck der Bilder vom Wochenende nicht unnötig aufs Spiel gesetzt werden“, so die BAG in ihrer Erklärung.

Noch heute ein Diskussionsthema: Das Spiel von Dynamo Dresden in Berlin

Bild: www.stadionhuepfer.de

„Bundesweite Stadionverbote, Käfige im Gästebereich, eine extrem niedrige Eingreifschwelle bei Ordnern und Polizei, Videoüberwachung und ein Verbot von Transparenten“ sollten auch aus Sicherheitsüberlegungen nicht zum Normalfall und zur einzigen Reaktion werden. Einseitige ordnungspolitische und repressive Schnellschüsse führten nur zur Verhärtung der Fronten und damit letztendlich zu einer weiteren Eskalation. „Es geht nicht um grenzenlose Freiheiten für Fans, Fehlverhalten muss benannt und gegebenenfalls sanktioniert werden. Aber die Bandbreite zwischen Verharmlosung und Dramatisierung ist groß“, so die BAG weiter.

Die Fanprojekt-Organisation fordert von DFB und DFL ein Festhalten beziehungsweise den Ausbau des bereits seit Jahren eingeschlagenen Kurses der Förderung der pädagogischen Arbeit der Fanprojekte. Bei der Finanzierung von präventiver Jugendarbeit, wie sie auf Basis des nationalen Konzepts Sport und Sicherheit (NKSS) von Fanprojekten geleistet wird, sei der Fußball, sprich DFL und DFB, der verlässlichste Finanzpartner. Im Vermittlungsfeld zwischen Jugendlichen und Institutionen des Fußballs und de(Faszination Fankurve, 2.11.2006)s Staates, leisteten Fanprojekte als Übersetzer, Mediatoren und Lobbyisten im Sinne einer ernsthaften Jugendarbeit einen wichtigen Beitrag. Sie zeigten, dass die präventive und sozialpädagogische Arbeit mit jugendlichen Fußballfans weder gescheitert ist noch ausgedient habe.

Von der Politik fordert die BAG sich in die Umsetzung des NKSS einzubringen. Derzeit verweigern unter anderem Sachsen, Schleswig Holstein und Sachsen–Anhalt die dort festgelegte Mitfinanzierung von Fanprojekten (Länder und Kommunen 2/3 des Gesamthaushalts eines Fanprojekts). (Faszination Fankurve, 3.11.2006)

Fanfotos Deutschland




Weitere News:
03.07.2014: "Allianz für ein friedliches Fußballerlebnis"
18.06.2014: „WM ist sicher kein Fest der Fankultur“
02.04.2014: WM 2014: Public Viewing auch nach 22 Uhr möglich
21.02.2014: Welcher Verein hat die schlausten Fans?
27.06.2012: 2. Bundesliga beginnt am dritten August

Alle 296 News anzeigen