09.09.2016 - 50+1

​Steht das Ende von 50+1 kurz bevor?


Gestern sorgte eine Nachricht für Aufsehen in Deutschland: Ein Professor hat am Amtsgericht München beantragt, den FC Bayern München e.V. aus dem Vereinsregister zu streichen. Sollte das Gericht dem Antrag zustimmen, was gar nicht so unwahrscheinlich sein soll, könnte die 50+1 Regel in Gefahr sein.

Die 50+1 Regel, die im deutschen Profifußball eingehalten werden muss, um die Lizenzauflagen der DFL zu erfüllen, besagt, dass Kapitalanleger nicht die Stimmenmehrheit in Kapitalgesellschaften übernehmen dürfen, in denen die Bundesligavereine ihre erste Mannschaft ausgegliedert haben. Häufig heißt es, dass dadurch gegen europäisches Recht verstoßen werden. Martin Kind von Hannover 96 drohte 2009 mit Klage gegen die 50+1 Regel, weshalb die Ausnahmeregelung, die bis dahin nur für Bayer Leverkusen und den VfL Wolfsburg galt, auf alle Vereine ausgeweitet wurde.

Wenn ein möglicher Investor „seit mehr als 20 Jahren den Fußballsport des Muttervereins ununterbrochen und erheblich gefördert hat“, darf er seit dem die Stimmenmehrheit in der Kapitalgesellschaft übernehmen, in die die Profimannschaft ausgegliedert wurde. Der Stichtag 1. Januar 1999 für die Ausnahmeregelung wurde nach Klageandrohung von Martin Kind ersatzlos gestrichen. Kind könnte somit demnächst von der Ausnahmeregelung der 50+1 Regel Gebrauch machen, Dietmar Hopp von der TSG Hoffenheim hat dies bereits getan und Rasenballsport Leipzig wird von Kritikern vorgeworfen, dass die 50+1 Regel nur formal eingehalten worden ist.

Der Professor, der den FC Bayern München e.V. aus dem Vereinsregister löschen lassen will, beruft sich laut der Wochenzeitung Die Zeit auf den Paragraf 21 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wonach ein Verein einen ideellen Zweck verfolgen muss und die Umsatzgenerierung nur eine untergeordnete Rolle spielen darf.

In einem ähnlichen Fall entschied das gleiche Gericht gegen den ADAC, bei dem wegen des Amtsgerichts München der Stammverein weniger Einfluss auf seine wirtschaftlichen Töchter nehmen durfte. Würde das gleiche Gericht beim FC Bayern ähnlich entscheiden, müsste der FC Bayern München e.V. seinen Einfluss auf die FC Bayern München AG, an der der Verein aktuell 75,01 Prozent der Anteile hält (der Rest ist in gleichen Anteilen auf Adidas, Audi und die Allianz verteilt), verringern. Das wiederum könnte Einfluss auf die 50+1 Regel haben, da diese ggf. nicht mehr erfüllt werden könnte.

Professor Leuschner, der die Löschung des FC Bayern München e.V. aus dem Vereinsregister beantragte, geht bei den Bundesligavereinen, die ihre erste Mannschaft nicht in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert haben, sogar noch weiter und sieht bei diesen Clubs einen tolerierten Rechtsbruch, da diese Vereine nicht überwiegend ideellen Zwecken dienen würden. Die Löschung dieser Vereine aus dem Vereinsregister wäre nach Auffassung des Juristen noch leichter möglich. In der 1. Bundesliga wären hiervon Darmstadt 98, der SC Freiburg, der FC Schalke 04 und Mainz 05 betroffen.

Die Manager der Bundesligaclubs glauben schon länger nicht mehr an ein Fortbestehen der 50+1 Regel. Ebenfalls in der Wochenzeitung Die Zeit wurde im August aus einer Umfrage zitiert, die in Zusammenarbeit zwischen der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und den Beratungsfirmen Valoress und Odgers entstand. Ergebnis der Umfrage war, dass die überwiegende Mehrheit der Bundesligamanager glaubt, dass die 50+1 Regel in Deutschland komplett fallen wird.

Die aktiven Fanszenen in Deutschland kämpfen seit Jahren für den Erhalt der 50+1 Regel. Würde die Regel fallen, würde dies wahrscheinlich große Auswirkungen auf den Profifußball in Deutschland haben und damit wohl auf die Fankultur. Ein Blick ins Ausland, zum Beispiel nach England, reicht als Horrorszenario für den deutschen Fußball aus. (Faszination Fankurve, 09.09.2016)






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