04.08.2014 - Sicherheit

Weniger Polizei bei Fußballspielen in NRW


Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger hat soeben bekanntgegeben, dass in Zukunft bei Nicht-Risikospielen weniger Polizeibeamte eingesetzt werden sollen. Eine Partie wird so eingestuft, wenn es in den vergangenen drei Jahren keine Auseinandersetzungen bei einem Spiel der Teams kam.

Das Pilotprojekt ist zunächst auf vier Spieltage begrenzt. Durch die Reduzierung des Polizeiaufgebots soll diese an anderen Orten eingesetzt werden können. Jäger betont, dass Risikospiele weiterhin mit einem großen Polizeiaufgebot gesichert werden: „Darauf können sich alle fußballbegeisterten Menschen in unserem Land verlassen. Um die Polizei aber dort weiterhin präsent zu halten, wo sie gebraucht wird, müssen wir den Kräfteeinsatz optimieren.“ Weiter sagt Jäger: „Ich sage es ganz deutlich, Einsätze bei Risikospielen bleiben unangetastet.“

Das Pilotprojekt soll auch durch Einbeziehung der Fans gelingen: „Gespräche mit Fans haben mir gezeigt, dass sie bereit sind, mehr Verantwortung zu übernehmen. Das können sie jetzt unter Beweis stellen. Bereits jetzt verwendet die Bereitschaftspolizei ein Drittel ihrer Einsatzzeit nur für die Sicherheit bei Fußballspielen. Machten wir weiter wie bisher, würde sich das nochmal deutlich erhöhen. Das kann ich dem Steuerzahler nicht mehr vermitteln“, meint der Innenminister.

Der NRW-Innenminister setzt auch weiterhin auf den Schulterschluss mit den Vereinen und Verbänden. „Wir sind uns einig, dass es unser gemeinsames Anliegen ist, Krawallmacher und Gewalttäter vom Fußball fernzuhalten“, hob Jäger hervor. „Nirgendwo in Europa gibt es eine so tolle Stimmung in den Stadien wie bei uns - das soll auch künftig so bleiben!“


Zuletzt sorgte die Diskussion um Kostenbeteiligung der DFL an Polizeieinsätzen in Bremen für Diskussionen. Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft forderte in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitnung nun 50 Millionen Euro von den Vereinen an Beteiligung der Kosten für die Polizeieinsätze bei Fußballspielen. (Faszination Fankurve, 04.08.2014)

Stimmen zum Thema:

Fanhilfe Hannover:
Die Fanhilfe Hannover begrüßt der Vorschlag des nordrheinwestfälischen Innenministeriums zum Abzug von Polizeikräften aus den Stadien. Wie Faszination Fankurve berichtete, plant die Polizei in NRW die Einsatzstunden und Einsatzumfänge im Rahmen der Bundesligapartien deutlich zu verringern.

„Bemerkenswert ist, dass nun endlich Vernunft bei den Entscheidungsträgern zu siegen scheint.“ so Florian Meyer, Sprecher der Fanhilfe Hannover.

Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren durch populistische Forderungen einiger weniger Innenminister und Polizeigewerkschafter Diskussionen um die Sicherheit im Fußball befeuert, obwohl die Faktenlage zu jederzeit keine Grundlage hierfür erlaubte.

„Wir sind uns sicher, dass durch den teilweisen oder kompletten Rückzug von Polizeieinheiten aus den Stadien sogar die bisherigen Verletztenzahlen weiter zurückgehen werden. Insbesondere, weil Vorfälle wie beim Spiel Hannnover 96 gegen den FC Bayern vor einigen Jahren oder beim FC Schalke 04 gegen PAOK Saloniki dann der Vergangenheit angehören dürften“, fuhr Florian Meyer fort. Bei beiden Begegnungen sorgten Polizeieinsätze für große Diskussionen und bis zu 70 verletzte Fans wurden durch den Einsatz von Reizgas und Schlagstock verursacht. (Faszination Fankurve, 04.08.2014)

Stellungnahme von Ligapräsident Dr. Reinhard Rauball zum Erlass des nordrhein-westfälischen Innenministeriums mit Blick auf das Thema Polizei-Einsätze:
"Wir waren im Vorfeld nicht über entsprechende Konzepte informiert. Die Überlegungen des nordrhein-westfälischen Innenministeriums sind aber im Grundsatz durchaus nachvollziehbar. Man wird sehen, zu welchen Ergebnissen der Pilot-Versuch kommt. Innenminister Ralf Jäger hat mir im persönlichen Gespräch glaubhaft versichert, dass es nicht darum geht, die Polizei aus dem öffentlichen Raum zurückzuziehen. Die Liga setzt in Sicherheitsfragen weiter auf einen konstruktiven Dialog mit der Innenministerkonferenz der Bundesländer."

Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzende des Innen-Ausschusses und Mitglied der Arbeitsgruppe Fankultur beim 1. FC Köln, gegenüber der Westdeutsche Allgemeine Zeitung:
"Wenn Innenminister Jäger an seinen Plänen festhält, übernimmt er damit zumindest die politische Verantwortung, wenn wegen mangelnder Polizeipräsenz an Gefahrenschwerpunkten die Sicherheit der Allgemeinheit gefährdet wird. Die Problemfans, insbesondere die Gewaltbereiten, werden über diese Pläne ganz gewiss nicht traurig sein"

Christian Lindner, Bundesvorsitzender der FDP gegenüber der Rheinischen Post:
"Hier wird am falschen Ende gespart. Sicherheit im Fußball hat Top-Priorität. NRW-Innenminister Jäger sollte seinen Apparat verschlanken und auf PR-Aktionen wie Blitzer-Marathons verzichten. Dann hat er für Kernaufgaben wie den Schutz von Großveranstaltungen und die Bekämpfung von Einbrüchen auch mehr Kapazitäten."

Werner Spinner, Präsident des 1. FC Köln, auf der Webseite des Vereins:
„Wir haben ein solches Konzept gemeinsam mit der Kölner Polizei in der vergangenen Saison bereits angewandt. Es gibt Spiele, in denen eine massive Polizeipräsenz, die Steuergeld kostet und Überstunden bei den Polizisten anhäuft, gar nicht nötig ist. Eine Verringerung der sichtbaren Polizeikräfte kann zudem deeskalierend sein. Es liegt letztlich aber auch an den Fans, dann einem solchen Vertrauensvorschuss gerecht zu werden.“

Frank Herrmann, Sprecher der Piratenfraktion NRW im Innenausschuss des Landtags NRW auf der Webseite der Piratenfraktion NRW:
„Endlich begegnet er den Fußballfans auf Augenhöhe und wertschätzt friedliche Fans. Ich freue mich, dass unsere zweijährige Arbeit in den Fanhearings endlich Früchte trägt. Herr Jäger hat unsere Botschaft, die wir seit Beginn der Legislaturperiode senden, offensichtlich aufgenommen und verstanden. Wir müssen die Fans ernstnehmen und Ihnen Vertrauen entgegenbringen. Überwachungen, Verhaftungen und Repressionen bringen uns nicht weiter.“






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