27.04.2017 - DFL

DFL-Geschäftsführer rechnet mit Ultras ab


Nach einem Hintergrundgespräch des Geschäftsführers der Deutschen Fußball Liga (DFL), Christian Seifert, mit ausgewählten Journalisten in Frankfurt zitieren zahlreiche Medien Aussagen, in denen sich Seifert vor allem kritisch gegenüber Ultras zu Wort meldet.


Nachdem es am Wochenende zu beleidigenden Plakaten in Köln gegen Dietmar Hopp, einem Plakat gegen die Polizei in Frankfurt und eine Pyroaktion in Hamburg kam, entfachte medial erneut eine Diskussion über Ultras. Seifert soll zu dem Thema erklärt haben: „In Wahrheit sind diese Personen die Totengräber der Fankultur, um die es ihnen angeblich geht.“ Er verzichte lieber auf Choreografien, wenn der Preis dafür „Gewalt-Exzesse“ und „Pyro“ seien. Die anderen 50.000 Zuschauer und der DFB würden nach Ansicht von Seifert mehr für die Fußballkultur tun, als die Personen, die Böller bzw. Raketen abschießen und Plakate hochhalten. Die Verhaltensweise von einigen Fans sei nach Ansicht von Seifert asozial. Mit kritischer Meinungsäußerung hätte dies nichts zu tun.

Ob Seifert sich in dem Gespräch auch differenzierter zum Thema äußerte, als in den Aussagen, die nun in den Medien zitiert werden, ist für die Faszination Fankurve Redaktion nicht ersichtlich, da man bei dem Gespräch nicht dabei war. Unerwähnt bleibt zum Beispiel, dass sich viele Ultràgruppen zum Beispiel von Böllerwürfen distanzieren und wohl auch die einzigen Institutionen sind, die dies verhindern können. Die bei immer mehr Vereinen größer werdende Kluft zwischen Ultras und Vereinsverantworlichen, zum Beispiel in Mönchengladbach, Leverkusen, Nürnberg oder Mainz, scheint sich nun auch auf Verbandsebene zu verhärten. Schlechte Vorzeichen zum Ende einer Saison, die die letzte ohne Montagsspiele in der 1. Bundesliga sein wird. Bei Montagsspielen im kommenden Jahr könnte die dafür verantwortliche DFL möglicherweise Spiele ohne Ultras erleben, wie zum Beispiel beim Montagsspiel Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart im Mai 2016 schon geschehen. Ob ein Fernbleiben der Ultras in den Augen der DFL dem Produkt Bundesliga tatsächlich gut tun würde, bleibt abzuwarten. Erleben kann man es an manchem Bundesligastandort auch schon in dieser Saison.

Der Dialog zwischen den Verbänden und den Fanorganisationen ruht weitestgehend. Für aktive Fans gab es schon lange keine Erfolge mehr zu feiern. Die Spieltage werden weiter zerstückelt, die DFB-Sportgerichtsbarkeit wird intransparenter und bestraft mittlerweile sogar „Scheiß Red Bull“ Doppelhalter, Gästekontingente werden immer mal wieder auf unter zehn Prozent reduziert, Tickets immer häufiger personalisiert und Zuschauerteilausschlüsse kommen öfter vor, als früher. Aktive Fans fühlen sich von den Verbänden häufig nur als Sicherheitsproblem wahrgenommen.(Faszination Fankurve, 27.04.2017)

UPDATE: Die Fanorganisation Unsere Kurve kritisiert die Aussagen von Seifert und erklärt: „Lieber Herr Seifert, wir möchten Sie daran erinnern, dass die Bewertung, was freie Meinungsäußerung und was Beleidigung ist, in Deutschland das Strafgesetzbuch und im Zweifel ein ordentliches Gericht übernimmt. Juristische Grenzen müssen dabei keinesfalls ausgelotet werden – sie stehen durch die genannten Institutionen längst transparent fest. Wir wundern uns sehr über Ihre Rechtsauffassung, wenn Sie ein brutales und fragwürdiges Vorgehen der spanischen Polizei herbeisehnen, welches erst kürzlich die Verantwortlichen des FC Bayern München dazu brachte, die Bundesregierung um Unterstützung zu bitten. In einem Punkt stimmen wir Ihnen aber zu, Herr Seifert. So ist es auch uns schleierhaft, warum manches Stadion durch die Polizei in ein Krisengebiet verwandelt wird. Hier scheinen die populistischen Forderungen der Polizeigewerkschaften wohl wichtiger, als fundierte Polizeiarbeit und wissenschaftliche Erkenntnisse. Die IG Unsere Kurve appelliert deshalb an Sie, die DFL wie auch den DFB juristische Einschätzungen dem deutschen Rechtsstaat zu überlassen.“






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