22.02.2020 - Fans

Fans kritisieren DFB für Rückkehr zu Kollektivstrafen


Spätestens mit der Umwandlung der Bewährung für Borussia Dortmund in eine tatsächliche Strafe, wegen der BVB-Fans die kommenden zwei Auswärtsspiele bei der TSG Hoffenheim nicht besuchen dürfen (Faszination Fankurve berichtete), ist der DFB vom Verzicht auf Kollektivstrafen abgekehrt.


Der Verband hatte im August 2017 verkündet, dass man keine Kollektivstrafen, wie Geisterspiele, Zuschauerteilausschlüsse oder Blocksperren mehr aussprechen wolle (Faszination Fankurve berichtet). Beim DFB sah man dies als ein Entgegenkommen in Richtung der Fanszenen, in denen die die kollektive Bestrafung ganzer Fanlager schon lange kritisiert wurde. Im Prinzip ist der DFB mit der Aussprache der Bewährungsstrafe gegenüber dem BVB im November 2018 von dieser Praxis bereits wieder abgerückt. Jetzt wird die Bewährungsstrafe in eine tatsächliche Strafe umgewandelt.

Mehrere Fanorganisationen haben sich in den vergangenen Tagen zum Thema zu Wort gemeldet und den DFB für die Wiedereinführung von Kollektivstrafen kritisiert. Die bundesweite Organisation ProFans, in der auch Ultragruppen verschiedener Vereine organisiert sind, erklärte dazu: „Längst ist es beim DFB wieder etablierte Praxis, stellvertretend für Einzelne, die eine Rechtsnorm oder auch nur eine privatrechtliche Verpflichtung verletzt haben, Unbeteiligte zu bestrafen. Wie jetzt bekannt wurde, dürfen die Fans von Borussia Dortmund für zwei Jahre nicht die Spiele ihrer Mannschaft bei der TSG Hoffenheim besuchen. Grund dafür ist die Beleidigung des Mäzens der Hoffenheimer, der, unbeirrrt von der nicht nachlassenden massenhaften Kritik, an seinem den sportlichen Wettbewerb pervertierenden finanziellen Engagement festhält und damit fußballinteressierte Menschen im ganzen Land gegen sich aufbringt. Trotz allem hat auch Herr Hopp ein Recht auf den Schutz seiner persönlichen Würde, keine Frage. Wer jedoch den vermeintlichen Schutz einer Person vor beleidigenden Äußerungen über die Menschenwürde Tausender stellt, handelt niederträchtig und demagogisch. Denn es verletzt die Menschenwürde, wenn Unschuldige wegen Handlungen, für die andere verantwortlich sind, bestraft werden. Diese Erkenntnis ist de facto Konsens in allen zivilisierten Gesellschaften – nicht jedoch beim DFB! Zudem muss man sich fragen, welchen Plan der größte nationale Sportfachverband der Welt damit eigentlich verfolgt. Es ist doch sattsam bekannt, wie Menschen reagieren, die man benachteiligt, ohne dass sie dazu Anlass gegeben hätten: Sie entwickeln Wut, Zorn, Hass. Wenn man die DFB-Oberen nicht für naiv hält, muss man vermuten, dass sie insgeheim nur sehnlichst auf die nächsten Ausschreitungen von Fans warten, die in ihrer Ohnmacht, sich wirksam zu wehren, alle Regeln über den Haufen werfen. Uns macht es, im Gegensatz zur DFB-Führung, Sorge.“

Die Fanorganisationen und Netzwerke Unsere Kurve, Queer Football Fanclubs (QFF) und F_in (Frauen im Fußball) ergänzen in ihrem gemeinsamen Statement: „Wir lehnen nach wie vor jegliche Ausgestaltungen von Kollektivstrafen kategorisch ab. Diese übergehen das Prinzip des Nachweises von individuellen Vergehen und deren Sanktionierung, sie bestrafen Unbeteiligte und schüren Gefühle von Willkür. Uns ist kein Fall bekannt, der aufgrund der Aussprache von Kollektivstrafen zu einer positiven Verhaltensveränderung geführt hat. Vielmehr zeigen vergangene Beispiele, wie die Reaktion der Dortmund-Fans beim zurückliegenden Auswärtsspiel in Sinsheim, dass solche Strafen als Provokation erlebt und Fronten verhärtet werden. Konflikte lösen diese Sanktionen jedenfalls nicht. Auf die vielen Probleme, die mit Kollektivstrafen einhergehen, haben auch andere Akteure im Fußball wiederkehrend hingewiesen. Wir fordern alle Beteiligte, insbesondere den Verband DFB und die Vereine als Mitglieder des DFB, zu einem Umdenken und einer klaren Positionierung gegen Kollektivstrafen auf. Wir erwarten, dass ein Reformprozess zur Änderung der Rechts- und Verfahrensordnung beginnt. Die Zeit dafür ist längst gekommen.“ (Faszination Fankurve, 22.02.2020)






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