25.08.2015 - Stadionverbote

Lebenslanges Stadionverbot ohne Verurteilung?


Aussagen des Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, stießen in der Fanszene schon häufig auf Ablehnung, so wohl auch seine neueste. Wendt fordert ein lebenslanges Stadionverbot für zwei Kölner Fans, die am Samstag in Gewahrsam genommen wurden. Ein Kommentar:

"Bewährung nicht bestanden, Konsequenz: lebenslanges Stadionverbot", sagte Wendt laut SID in der morgen erscheinenden Ausgabe der Sport Bild auf die Vorfälle beim Spiel Köln gegen Wolfsburg angesprochen. Damit fordert der Polizeigewerkschafter ein lebenslanges Stadionverbot für Fans, die möglicherweise keinerlei Straftat begangen haben und bisher kein bundesweit gültiges Stadionverbot erhalten haben. Der 1. FC Köln hat bisher lediglich lokale Hausverbote ausgesprochen, die in den anderen Bundesligastadien keine Gültigkeit haben. Der Verein will sich die Version seiner Anhänger anhören, bevor er ein bundesweit gültiges Stadionverbot in Betracht zieht. Wendt scheint den Fans die Möglichkeit der Verteidigung nicht einräumen zu wollen. Eine Ingewahrsamnahme und die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Fangruppe reicht, um ein lebenslanges Stadionverbot zu fordern.


Mit der Aussage „Bewährung nicht bestanden“ spielt Wendt darauf an, dass der 1. FC Köln vergangene Woche lokale Hausverbote gegen zahlreiche Ultras aufgehoben hatte und gegen zwei dieser Fans gestern wieder ein lokales Stadionverbot ausgesprochen hat. Fakt ist, dass das erste Hausverbot gegen die Fans ausgesprochen wurde, weil sie einer bestimmten Fangruppierung angehörten. Ermittlungen gegen diese Fans, wegen der Vorfälle in Mönchengladbach gab es nicht, da gegen alle Fans, gegen die ermittelt wurde, ein bundesweites und kein lokales Stadionverbot ausgesprochen wurde. Bei dem Vorfall vor dem Spiel des 1. FC Köln gegen den VfL Wolfsburg wurden am Samstag 17 Kölner Fans in Gewahrsam genommen, nachdem Fans aus der Domstadt laut Polizeiangaben Wolfsburger Fans provoziert hätten und es anschließend zu einer Auseinandersetzung zwischen beiden Fanlagern gekommen sein soll, bei der niemand verletzt wurde. Ob alle 17 Kölner Fans an dieser Auseinandersetzung beteiligt waren und überhaupt Anklage gegen sie erhoben wird, bleibt abzuwarten.

Rainer Wendt fordert trotzdem schon heute ein lebenslanges Stadionverbot für die Kölner Fans. Die aktuellen DFB-Richtlinien sehen maximal ein dreijähriges Stadionverbot vor, bei Wiederholungstätern ein bundesweites Stadionverbot von bis zu fünf Jahren.

Die Forderung eines Polizeigewerkschafters, der in Teilen der Politik und der Medien gerngesehener Gesprächspartner ist, stellt damit erneut eine Forderung auf, die in Fankreisen auf viel Kritik stoßen wird. Bundesweite Stadionverbote werden in der Regel präventiv ausgesprochen. Ziel dieses Mechanismus ist es, potenzielle Störenfriede bereits vor einer Verurteilung von den Stadien fernzuhalten. Von den Fanorganisationen kommt deshalb seit jeher Kritik an der Vergabe von Stadionverbote, da diese in der Regel ohne Verurteilung ausgesprochen werden. Teilweise läuft noch nicht mal ein Ermittlungsverfahren gegen die mit Stadionverbot belegten Fans. Wendt fordert nun sogar lebenslange Stadionverbote für Fans, gegen die möglicherweise niemals Anklage erhoben wird. Gerichtlich können die betroffenen Fans somit möglicherweise niemals ihr Unschuld beweisen. Dies wäre ein fatales Signal in einem Rechtsstaat. Bleibt zu hoffen, dass Politik, Vereine und Fußballverbände der populistischen Forderung nach lebenslangen Stadionverboten nicht folgen werden. (Faszination Fankurve, 25.08.2015)






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