03.05.2016 - Stadionverbote

​Weniger Stadionverbote dank neuem Gerichtsurteil?


Das Verwaltungsgericht Köln hat am vergangenen Donnerstag ein Urteil gefällt, das starke Auswirkungen auf die Vergabe zukünftiger Stadionverbote haben könnte. Der Polizei Köln war es demnach nicht gestattet, dem 1. FC Köln mitzuteilen, dass ein Ermittlungsverfahren gegen einen Fan eingeleitet wurde.


Konkret ging es um einen Kölner-Fan, der vom 1. FC Köln ein Stadionverbot erhalten hat, nachdem die Polizei Köln den Verein telefonisch informierte, dass ein Ermittlungsverfahren gegen den Fan eingeleitet wurde.

„Die telefonische Datenübermittlung der Polizei an den 1. FC Köln sei rechtswidrig gewesen. Die Polizei habe seinerzeit zwar aus ihrem Blickwinkel ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft, die Herrin des Verfahrens sei, habe aber den Antrag auf Strafverfolgung zurückgewiesen und die Einleitung von Ermittlungen abgelehnt, weil es bereits an einem Anfangsverdacht für Straftaten fehle“, erklärte das Verwaltungsgericht Köln dazu. Dem Fan wurde seitens der Polizei die Beteiligung einer Drittortauseinandersetzung zwischen Kölner Fans und Fans des TSV 1860 München am Eifelplatz in Köln vorgeworfen. Der Staatsanwalt leitete erst gar kein Ermittlungsverfahren ein, da überhaupt nicht klar gewesen sein soll, ob die Auseinandersetzung stattgefunden habe und ob der Fan beteiligt war.

Das Verwaltungsgericht entschied deshalb, dass die Polizei die Daten des Kölner-Fan nicht an den 1. FC Köln hätte weitergeben dürfen. Ein aus dem Anfangsverdacht resultierendes Aufenthaltsverbot für ein anderes Spiel sei deshalb ebenfalls rechtswidrig gewesen.

Dieses Urteil könnte nun weitreichende Folgen für die Vergabe von Stadionverboten haben. In den Fällen, in denen sich die Polizei an einen Fußballverein wendet und wegen eines eingeleiteten Ermittlungsverfahren ein Stadionverbot empfiehlt, dürfen Daten nur an den Verein weitergegeben werden, wenn die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet hat. Die Ermittlungen der Polizei reichen laut dem Urteil nicht mehr aus. Dies könnte zur Folge haben, dass Stadionverbote erst wesentlich später ausgesprochen werden. In den Fällen, in denen die Staatsanwaltschaft keine Ermittlungen einleitet, würden demnach keine Stadionverbote mehr ausgesprochen werden können.

Der Rechtsanwalt Tobias Westkamp, der den Kölner Fan vor Gericht vertrat, erklärte gegenüber Faszination Fankurve: „Die Vergabe von Stadionverboten könnte durch das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln rechtsstaatlicher werden, da Polizisten bei einem Anfangsverdacht nicht mehr einfach beim Verein anrufen oder ein Stadionverbots-Standardformular ausfüllen können, wenn sie sich auf ein Ermittlungsverfahren berufen.“ Und auch wenn der Staatsanwalt Ermittlungen gegen einen Fan einleitet, müssten Akten unter Umständen zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft ausgetauscht werden, bevor die Polizei sich an den Verein wenden kann. Auf Fälle, in denen Stadionverbote nach präventiven Ingewahrsamnahmen ausgesprochen werden, habe das Urteil keinen Einfluss. Solche Fälle seien laut Westkamp dank der Einräumung von Anhörungsrechten bei vielen Vereinen mittlerweile jedoch zurückgegangen.

Westkamp, der in der Arbeitsgemeinschaft Fananwälte organisiert ist, rät Fußballfans, die ein Stadionverbot erhalten, beim ausstellenden Verein nachzufragen, woher der Verein die Informationen habe, dass ermittelt wird. Dabei solle man sich auf das Bundesdatenschutzgesetz berufen, das den Vereinen eine Auskunftspflicht vorschreibe. Dadurch könne bekannt werden, dass die Polizei den Verein gar nicht informieren durfte.

Das Urteil vom Donnerstag war ein erstinstanzliches Urteil, weshalb die Polizei Köln gegen dieses Urteil vor dem Oberlandesgericht Münster in Berufung gehen könnte. Sollte das Urteil in einem knappen Montag rechtskräftig werden, hätte dies möglicherweise Auswirkungen auf die Vergabepraxis von Stadionverboten in ganz Deutschland. Die Polizei Köln erklärte gegenüber Faszination Fankurve, dass das Urteil des Gerichts noch nicht schriftlich vorliege, weshalb noch nicht entschieden sei, ob man in Berufung gehe.

Der Polizei bliebe dann noch das verstärkte Zurückgreifen auf Aufenthaltsverbote und Meldeauflagen. Die Polizei Köln musste dabei zuletzt jedoch auch Rückschläge einstecken, weil laut Westkamp zwei von drei vom Gericht überprüften Aufenthaltsverboten und eine überprüfte Meldeauflage gerichtlich kassiert wurden. (Faszination Fankurve, 03.05.2016)






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