21.04.2020 - Fans

„Wenn das Spiel so weitergeht, sind wir raus!“


Nachdem sich in der vergangenen Woche die Fanszenen Deutschlands, in denen vor allem die Ultragruppen organisiert sind, zur aktuellen Situation des deutschen Profifußballs zu Wort gemeldet haben (Faszination Fankurve berichtete), hat heute die bundesweite Fanorganisation Unsere Kurve eine Stellungnahme veröffentlicht.

In der Interessengemeinschaft Unsere Kurve sind vor allem mitgliederstarke Supporters Clubs und Fanabteilungen organisiert. Unter dem Titel „Wir wollen die Krankheit bekämpfen, nicht die Symptome. Für einen gesunden Fußball!“ spricht sich auch Unsere Kurve für Reformen im deutschen Profifußball aus.

In der Stellungnahme wird der Fokus nicht darauf gelegt, ob und wann die restliche Saison mit Geisterspielen fortgesetzt werden sollte, vielmehr geht es laut Unsere Kurve vor allem darum, dass über die Wege zur Gesundung des Fußballs gesprochen wird und für die Zukunft Änderungen vorgenommen werden: „Vereine und Verbände sind herausgefordert jetzt verbindliche Schritte zur Gesundung des Profifußballs einzuleiten und zu gehen. Anders ist eine Akzeptanz für Maßnahmen zur Beendigung der laufenden Saison aus unserer Sicht nicht zu erreichen. Dies setzt voraus, dass der Profifußball anerkennt, dass er nicht erst seit der Corona-Krise krank ist“, heißt es dazu von Unsere Kurve.


In der Stellungnahme der Interessengemeinschaft werden im internationalen Fußball Korruption und Vetternwirtschaft sowie ungezügelte Kommerzialisierung kritisiert. Aber auch an Entwicklungen in Deutschland gibt es laut der Interessengemeinschaft viel zu bemängeln: „Absurderweise basiert die Kommerzialisierung des Fußballs darauf, dass ihm ein besonderer gesellschaftlicher Wert zugeschrieben wird. Er verbindet und kann Grenzen überwinden, er ist die schönste Nebensache der Welt. Diese Werte, die der Fußball tatsächlich hat, wurden als Instrument für Kommerzialisierung missbraucht. Das Motto hieß: Höher, schneller, weiter. Die Corona-Krise sorgt nun für eine harte Bodenlandung. Das 'Geschäftsmodell Fußball' ist nicht mehr an Werten orientiert, sondern zur kapitalistischen Ware verkommen. In Deutschland immerhin noch begrenzt durch die (bereits aufgeweichte) 50+1-Regel, die den Fußball wiederkehrend daran erinnert, wo er herkommt und wo er hingehört: In die Vereine, verbunden mit seinen Mitgliedern und Fans. An die Basis“, so die Erklärung von Unsere Kurve weiter.

An den deutschen Vereinen wird kritisiert, dass diese keine Rücklagen gebildet haben, sondern stattdessen ins Risiko gegangen seien und auf sportlichen Erfolg gehofft hätten. Weiter kritisiert Unsere Kurve die Abhängigkeit des deutschen Profifußballs von den Fernsehgeldern, die in den letzten Tagen und Wochen besonders deutlich wurde. „Wir sagen: Wenn das Spiel so weitergeht, sind wir raus!“, machen die beteiligten Supporters Clubs und Fanabteilungen deutlich, dass es nun an der Zeit für Reformen ist, da die deutschen Clubs andernfalls ihre Basis in den Stadien verlieren würde. „Die Verbände und Vereine müssen glaubhaft machen, dass sie sich von der exponierten Rolle der Vergangenheit verabschieden. Es ist der richtige Zeitpunkt, um zu den Wurzeln des Fußballs zurückzukehren. Der Fußball braucht einen ligaübergreifenden fairen Wettbewerb. Der Profifußball muss sich wirtschaftlich nachhaltig aufstellen. Es ist nachvollziehbar, dass dieser Schritt nicht von heute auf morgen möglich ist. Die Vereine und Verbände sind aufgefordert, tragfähige Konzepte für einen nachhaltigen Fußball zu erstellen. Diese müssen sowohl Fußballfans als auch der Gesellschaft gegenüber glaubhaft darlegen, dass der Fußball sich ändern wird. Nur dann könnt Ihr auf unsere Unterstützung in der Krise und in der Zukunft bauen“, führt Unsere Kurve dazu aus.

Die bei Unsere Kurve organisierten Gruppen und Vereinigungen sind bereit, in der aktuellen Situation „Erste Hilfe“ für den Patient Profifußball zu leisten, aber nur wenn alle Beteiligten einsehen, dass das System krankt: „Vereine und Verbände müssen bereit sein, den mühevollen Weg der Veränderung in Angriff zu nehmen. Leere Versprechungen und lose Absichtserklärungen reichen nicht. Veränderungen müssen jetzt beginnen.“

Unsere Kure fordert konkret eine gerechtere Verteilung von Fernsehgeldern und eine Verpflichtung für die Vereine, damit Rücklagen gebildet werden. In Richtung der Vereine heißt es von Unsere Kurve: „Es liegt an Euch, liebe Fußballvereine, ob die Krise zu einer Chance wird oder nicht. Ihr habt eine starke Stimme in Euren Verbänden, Ihr könnt diese für eine Veränderung des Profifußballs nutzen. Es liegt an Euch, ob Ihr die Fans hinter Euch versammelt oder sie zu Euren Gegenspielern werden.“ Wenn es nach Unsere Kurve geht, startet die Saison 2020/2021 im September und zwar mit Zuschauern in den Stadien.

Bei Unsere Kurve sind Vereinigungen, wie die Fan- und Förderabteilung Eintracht Frankfurt, der Schalker Fan-Club Verband, die Supporters Mainz, der Club Nr. 12 vom FC Bayern, die Supporters Crew Freiburg, der Supporters Club Düsseldorf, Fans1991 aus Köln, der Arminia Supporters Club, die Supporters Karlsruhe, die Fan- und Förderabteilung vom SV Darmstadt 98, die VfL Fanabteilung aus Osnabrück, die Sportfreunde Ronhof aus Fürth, die Fangemeinschaft Dynamo aus Dresden, der HSV Supporters Club, das Fangremium Duisburg, die Perspektive FCK, der FanRat Braunschweig, PRO Waldhof aus Mannheim, das Fanprojekt Münster, die Alemannia Fan-IG aus Aachen und Fan- und die Förderabteilung von Rot-Weiss Essen organisiert. (Faszination Fankurve, 21.04.2020)

Hier geht es zur gesamten Stellungnahme von Unsere Kurve.






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